Fey 05: Der Schattenrpinz
würdet.«
»Und wie ist es möglich, daß du meinen Sohn kennst und ich nicht?« fragte Nicholas.
Er stand auf und trat dicht vor Solanda. »Du wußtest, was Jewels und mein Ziel war. Du wußtest, wie wichtig es war, daß unser Sohn perfekt ist, und trotzdem hast du nichts unternommen.«
»Das Wohl der Insel ist nicht meine Sache«, fauchte Solanda mit schmalen Augen. »Ich bin eine Fey.«
»Und mir meinen Sohn vorzuenthalten, diente dem Wohl der Fey?«
»Keine Ahnung«, sagte Solanda. »Das war Rugars Entscheidung, nicht meine.«
»Und du hast seinem Urteil vertraut? Das war doch sonst nicht deine Art.«
»Es war mir egal. Ganz gleich, was Rugar tat, ich saß hier fest.«
»Es kann dir nicht immer egal gewesen sein. Ich glaube mich zu erinnern, daß sein Blut deine Hände befleckt hat.«
Solanda machte einen Schritt auf Nicholas zu, bis sie ihn fast berührte. Nicholas spürte ihre Wärme, roch den leichten Katzenduft. »Er hat Arianna bedroht.«
»Und was ist der Unterschied zu Gabe?«
»Arianna gehört mir.«
Nicholas packte sie und drängte sie gegen die steinerne Kamineinfassung. »Arianna ist meine Tochter. Meine und Jewels. Du bist nur eine Dienerin, der ihre Stellung zu Kopf gestiegen ist.«
»Ich bin die einzige Mutter, die sie je gehabt hat.«
Sie atmeten im gleichen Rhythmus. Sie waren beide gleich zornig. Und doch hatte Solanda recht. Sie hatte Arianna alles gegeben.
Nicholas ließ den Arm sinken.
Arianna stand am Fenster, die Hand auf den Mund gepreßt. Sebastians Unterlippe zitterte.
»Dann hättest du es wenigstens mir erzählen können«, sagte Arianna leise.
»Wozu?« fragte Solanda.
»Zum Wohl des Schwarzen Blutes«, erwiderte Nicholas. »Es hätte uns alle ins Verderben stürzen können, wenn sie ihren Bruder ernsthaft verletzt hätte.«
»Ich habe nicht damit gerechnet, daß Arianna so weit gehen würde, ihn anzugreifen.« Solanda zuckte die Achseln. »Ich dachte, sie würde sofort erkennen, daß er ihr Bruder ist und nicht der Klumpen.«
»Sebastian ist kein Klumpen«, fauchte Arianna. Sie hatte sich noch immer nicht umgedreht.
Nicholas zwang sich, tief Luft zu holen. Er war immer noch verwirrt. Seine Welt war zerbrochen, und er konnte die Scherben noch nicht wieder zusammensetzen. »Was passierte mit Gabe, als Rugar starb?«
»Was passierte, bevor Rugar starb? Als Jewel starb? Gabe war auch mit ihr Verbunden.« Solanda klang wütend. Wie kam sie dazu, wütend zu sein? Sie hatte doch alles gewußt.
»Was ist passiert?« beharrte Nicholas.
»Als Jewel starb, ist auch Gabe beinahe gestorben. Aber ein Junge im Schattenland hat ihn gerettet. Und als Rugar starb, nahm Gabe seinen Platz ein. Gabe ist jetzt Anführer der Fey. Seit fünfzehn Jahren.«
»Nein.« Nicholas verschränkte die Arme. »Das glaube ich dir nicht. Vor fünfzehn Jahren war er noch ein Kind. Ein Kind kann kein Anführer sein.«
»Nicht in Eurer Welt. In unserer hatte er keine Wahl. Er hielt das Schattenland zusammen. Er hielt die Fey zusammen, auch wenn ihm das vielleicht nicht bewußt war.«
Arianna schüttelte den Kopf. Sie war fast so groß wie Nicholas und schlanker als Solanda. Ihr Körper besaß die Kraft und Anmut der Jugend. Sie blickte Solanda an. Abscheu entstellte ihre feinen Züge. »Jetzt verstehe ich. Hätte ich wirklich einen Bruder gehabt, hättest du es mir schon vor langer Zeit erzählt. Aber das hast du nicht getan. Du kannst einfach den Gedanken nicht ertragen, daß Sebastian volljährig wird. Sebastian ist mein Bruder, und du hast dich mit diesen Fey verschworen, um meinen Vater dazu zu bringen, Sebastian zu verstoßen.«
Nicholas fühlte sich so, als hätte ihn jemand mit eiskaltem Wasser übergossen. Natürlich. Solanda hatte gesagt, sie arbeite für die Sache der Fey. Und manche Fey konnten ihr Aussehen verändern.
Aber das erklärte nicht all diese Unterhaltungen. Es erklärte nicht die Bemerkung der Schamanin vor so vielen Jahren, daß ein Mann in der Lage sein sollte, sein eigenes Kind zu erkennen.
Solanda lehnte noch immer am Kamin. Sie sah kleiner aus als sonst. »Was habe ich bloß getan, daß du mir gegenüber so mißtrauisch bist?« wandte sie sich an Arianna.
»Du hast mit diesen Fey da draußen gesprochen. Und du hast mich zurückgehalten, als ich ihn fast erwischt hatte.«
»Er ist dein Bruder«, erklärte Solanda. »Du kannst ihn nicht angreifen. Du darfst es nicht wagen. Ihr habt beide Schwarzes Blut.«
Nicholas hatte schon gefroren, als er das Zimmer betrat,
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