Fey 06: Die Erben der Macht
Fey-Magie. Wahrscheinlich wirst du es nicht einmal bemerken, wenn sich deine eigenen Kräfte entwickeln.«
»Fledderer«, mahnte Adrian. Jetzt war vielleicht nicht der günstigste Zeitpunkt, diese junge Frau zu reizen.
»Und du bist doch bloß eine von diesen verkrüppelten Rotkappen«, erwiderte die Frau jetzt. »Es spielt keine Rolle, wie sauber du bist, denn der Gestank deines erbärmlichen Lebens wird dich überallhin begleiten.«
Adrians Griff um ihren Arm wurde fester. »Er ist mein Freund«, sagte er. »Sprich nicht so mit ihm auf meinem Grund und Boden.«
»Ach, laß sie doch«, antwortete Fledderer. »Ist auch nicht schlimmer als alles, was sie hinter meinem Rücken über mich reden. Deswegen habe ich diese Leute ja verlassen, weil sie uns so schlecht behandelt haben.«
Gabe hatte sich jetzt hingesetzt und fuhr sich mit der Hand über das Gesicht.
»Du hast mir nie erzählt, daß Coulter mit dem Urenkel des Schwarzen Königs verbunden ist«, flüsterte Fledderer Adrian zu. »Kein Wort hast du davon gesagt.«
»Ich dachte, es wäre nicht wichtig.«
»Es ist aber wichtig«, entgegnete Fledderer. »Es ist ein mächtiger Bund. Ein Lebensbund. Einer kann ohne den anderen nicht leben.«
»Coulter hat Gabes Leben gerettet.«
Fledderer schloß die Augen.
Die junge Fey wand sich aus Adrians Griff. »Warum hörst du ihm zu? Rotkappen wissen überhaupt nichts.«
»Leute, die das von anderen behaupten, wissen selbst meist auch nicht viel«, gab Adrian zurück.
»Papa«, sagte Luke. »Sie hat ein Recht auf ihre eigene Meinung.«
»Ihre Meinung beruht nicht auf Tatsachen«, widersprach Adrian. »Fledderer hat die Zauberkünste der Fey studiert, um herauszufinden, warum er selbst keine hat. Wahrscheinlich weiß er mehr darüber als die meisten zaubermächtigen Fey. Ich habe ihm schon oft zugehört, und sein Wissen hat mir das Leben gerettet.«
Gabe fuhr sich mit dem Handrücken über das Gesicht. Seine Haut war fahl, und er zitterte. Coulter sprach so leise auf ihn ein, daß Adrian nicht hören konnte, was er sagte.
»Mir gefällt das alles nicht«, sagte Fledderer. »Ein Lebensbund und eine Offene Vision.«
»So schlimm kann es doch nicht sein«, entgegnete Luke.
Fledderer sah ihn stirnrunzelnd an. »Du weißt ja gar nicht, was schlimm bedeutet«, sagte er. »Die Fey haben sich bis jetzt auf der Blauen Insel sehr zurückgehalten. Du hättest mal sehen sollen, was sie mit den Nye angestellt haben.«
Fledderer erschauerte. Er mußte es wissen. Schließlich hatte er sich damals um die Leichen gekümmert.
»Die Dinge verändern sich«, bemerkte die Frau.
»Wer bist du eigentlich?« fragte Fledderer.
»Ich heiße Leen«, sagte sie.
»Wessen Tochter?«
»Die Tochter von Dello und Frill«, antwortete sie.
Fledderer verdrehte die Augen. »Eine Domestikin und ein Spitzel. Und da hoffst du noch auf echte Zauberkräfte?«
Leen öffnete den Mund, aber in diesem Augenblick sagte Coulter: »Adrian, kommst du bitte mal? Allein?«
Adrian legte eine Hand auf Fledderers Schulter und hoffte, das würde ihn für einen Augenblick besänftigen. Dann ging er zu Coulter hinüber. Unter Coulters Augen lagen tiefe Schatten, und seine Lippen waren zusammengepreßt. Er schien innerhalb von Sekunden um Jahre gealtert.
Coulter bedeutete ihm, sich zu setzen, und Adrian ließ sich im taunassen Gras nieder.
»Du kannst ihm vertrauen«, sagte Coulter zu Gabe.
Gabes Augen, die noch vor einem Augenblick klar gewesen waren, waren jetzt trüb und vom Weinen gerötet. Seine Unterlippe zitterte. »Ich … kann nicht«, antwortete er.
Coulter nickte. »Stört es dich, wenn ich rede?«
Gabe schüttelte den Kopf. Er vermied es, Adrian anzusehen. Die Luft war von Gabes gewaltigen Emotionen erfüllt. Adrian konnte sie fast sehen. Noch niemals hatte er einen solchen Aufruhr der Gefühle erlebt, nicht einmal bei sich selbst.
»Das Schattenland ist vernichtet«, sagte Coulter.
»Was?« rief Adrian entgeistert. Das Schattenland war mit seinem Schöpfer verbunden. Gabe hat es neu errichtet, nachdem es durch Rugars Tod auseinandergebrochen war. Coulter hatte einmal gesagt, daß dieser Prozeß auch umkehrbar sei. Sollte das Schattenland zerstört werden, so würde auch sein Schöpfer die Zerstörung nicht überleben. Adrian warf einen Blick auf Gabe, der abgesehen von seiner grauen Gesichtsfarbe einen gesunden Eindruck machte. »Wie ist das möglich?«
»Die Wände stehen noch«, entgegnete Coulter. »Aber alle Fey darin sind
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