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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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geschlagen und kaute an den Eingeweiden, die aus seinem Leib quollen.
    Aus den unteren Fenstern drangen dichte Rauchwolken. Die umgefallenen Kerzen hatten offenbar Teppiche und Holzverkleidungen des Tabernakels in Brand gesetzt. In wenigen Augenblicken würde das gesamte Gebäude in Flammen stehen.
    Jemand schlug gegen die Tür. Der jüngste Aud ging entsetzt in Deckung. Der andere blickte Titus an und erkannte ihn.
    »Heiliger Herr«, keuchte er.
    Titus fühlte sich lächerlich in seiner armseligen Verkleidung. Dennoch hob er eine Hand an die Lippen und gebot dem Jungen zu schweigen.
    »Was machen wir jetzt?« fragte der Junge.
    Sie hatten keine Wahl. In diesem Raum zu bleiben, bedeutete den sicheren Tod. Die Tiere im Hof waren alle abgelenkt. Vielleicht hatten sie den Befehl, sich nicht zu rühren. Titus wußte es nicht und wollte auch keine Vermutungen darüber anstellen.
    Er wußte nur, daß sie irgendwie aus diesem Zimmer verschwinden mußten.
    Er blickte erneut aus dem Fenster. Es lag zu hoch, um hinauszuspringen. »Bindet die Bettücher zusammen«, befahl er.
    Die Jungen sahen ihn an, als sei er nicht bei Trost. Vielleicht war das auch so. Aber er konnte nichts mehr für den Tabernakel tun. Porciluna hatte recht gehabt. Titus mußte sich selbst retten. Er allein kannte die Geheimnisse.
    Hastig rissen die Auds die Laken von den Betten. Titus beugte sich vor, um sich zu vergewissern, ob das Bett in die Wand eingebaut war.
    Zum Glück war es so.
    Er ergriff ein Laken und band das Ende um den hölzernen Bettrahmen. Es gab nur zwei Bettücher. Die Jungen hatten sie aneinandergeknotet. Der improvisierte Strick würde nicht ganz bis zum Boden reichen, war aber lang genug.
    Wieder schlug jemand gegen die Tür. Im nächsten Augenblick würden sie hereinkommen, wer es auch sein mochte. Titus blickte die Jungen an. Sie sahen völlig verängstigt aus. Er wußte nicht, ob es besser war, die beiden zuerst hinunterzuschicken oder selbst den Anfang zu machen.
    Er wußte nicht einmal, ob die Bettücher halten würden. Sie konnten auch Feuer in den Flammen fangen, die jetzt aus den unteren Fenstern schlugen.
    Wieder hämmerte jemand gegen die Tür. Splitter prasselten auf den Boden.
    Titus hatte sich entschieden. Er ergriff das andere Ende des Bettuches und warf es aus dem Fenster.
    »Klettert hinunter«, sagte er. »Versteckt euch, so gut ihr könnt. Lenkt die Aufmerksamkeit nicht auf euch.«
    »K… klettern, Heiliger Herr?« fragte der jüngere Aud.
    Die Tür splitterte immer weiter. »Jetzt!« sagte Titus.
    Die Jungen taumelten zu dem Bettuch. Der Aud, der sich nicht versteckt hatte und älter aussah, kletterte zuerst hinunter. Der zweite hatte sich gerade aus dem Fensterrahmen geschwungen, als die Tür zerbrach.
    »Heiliger Herr«, rief er.
    »Geh!« brüllte Titus.
    Eine weibliche Fey stürzte herein. Sie hatte ein langes, schmales Gesicht, und ihre Augen leuchteten. Sie hielt die Hände ausgestreckt. An ihren Fingerkuppen sah Titus ein zusätzliches Paar Nägel.
    Hinter seinem Rücken löste Titus das Laken vom Bettrahmen. Es glitt aus dem Fenster. Titus betete, daß er die Jungen nicht verletzt hatte, aber ihm blieb keine andere Wahl, wenn er die Fey nicht auf die Spur der beiden hetzen wollte.
    Es war die einzige Chance der Jungen.
    Aber es raubte ihm selbst die letzte Möglichkeit zur Flucht. Er blickte aus dem Fenster. Das Tuch lag ausgebreitet auf dem Boden, die Jungen waren verschwunden. Die Tiere fraßen ungestört weiter, und Titus konnte keinerlei Anzeichen einer Verfolgungsjagd entdecken.
    Dann tippte ihm jemand auf die Schulter. Er wandte sich um. Die Frau lächelte ihn an. An ihrem Nasenflügel trocknete ein Blutstropfen. Einige andere Fey, Männer und Frauen, waren ebenfalls ins Zimmer gekommen.
    »Weißt du, was ich alles kann?« fragte sie in Inselsprache, während sie mit dem Finger über sein Gewand strich. »Ich kann dir die Haut abziehen, Stück für Stück.«
    Ein dünner Stoffstreifen hatte sich gelöst und kräuselte sich auf dem Boden zu Titus’ Füßen. Mit leuchtenden Augen beobachteten die anderen Fey, was vor sich ging.
    Sie würden ihn festhalten und töten. Er konnte sie nicht daran hindern.
    Titus blickte auf und sah die Frau mit angstverzerrtem Gesicht an. Sollte sie doch glauben, daß er sich ergab. Wenn sie sich in Sicherheit wähnte, würde ihre Aufmerksamkeit vielleicht für einen Augenblick nachlassen.
    Sie lachte und bedeutete den anderen Fey mit einem Blick, näher zu

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