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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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geglaubt, was sie über Arianna erzählt hatte, aber es war ihr nicht gelungen, ihn von ihrer eigenen Unentbehrlichkeit zu überzeugen. Rugads Problem – und ein Problem war es zweifellos für ihn – bestand darin, daß er einfach voraussetzte, seine Kinder dächten wie Fey.
    Keiner der beiden tat das.
    Gabe war zu weichherzig, und Arianna, die die Tapferkeit und Intelligenz ihres Urgroßvaters geerbt hatte, hielt sich für eine Inselbewohnerin. Solandas Erziehung hatte daran nichts ändern können. Nur durch Loyalität würde es gelingen, Arianna an das Fey-Imperium zu binden, und in dieser Hinsicht war Solanda die einzige Hoffnung des Schwarzen Königs.
    Aber sie hatte einen Fehler begangen, als sie ihm verriet, daß es zwischen ihr und Arianna zum Bruch gekommen war.
    Und wenn sie sich nicht vorsah, würde sie dieser Bruch das Leben kosten.
    Sie hatte sich noch nicht von der Stelle gerührt und schluckte. Rugad würde nicht wiederkommen. Sie hatte ihn weggeschickt, ihn aufgefordert, sie zu töten, und genau das würde er tun. Sie konnte nicht aus diesem Zelt fliehen.
    Aber er hatte eines vergessen oder vielleicht nie gewußt. Doppelgänger konnten keine Zauberkraft beherrschen, über die sie nicht selbst verfügten. Sie konnten einen Spitzel oder Zaubermeister übernehmen, nicht aber deren Zauberkräfte.
    Sie konnten einen Gestaltwandler in seiner normalen Fey-Gestalt übernehmen, aber sie konnten sich nicht Verwandeln. Und sie konnten sich nicht der Zauberkraft einer Gestaltwandlerin bedienen.
    Mit anderen Worten: Sie konnten die zweite Gestalt einer Wandlerin nicht übernehmen.
    Solanda blinzelte, ballte die Fäuste und holte tief Luft. Die Fähigkeit, sich zu Verwandeln, war ihre letzte und einzige Hoffnung. Sobald der Doppelgänger das Zelt betrat, würde sie fliehen. Mit katzenhafter Geschwindigkeit würde sie zum Torkreis jagen, hindurchspringen und zum Fluß laufen. Sie würden ihr niemals bis zum Fluß folgen. Wahrscheinlich wußten sie nicht einmal, daß Solanda schwimmen konnte.
    Dann mußte sie sich zu Arianna durchschlagen und das Mädchen überzeugen, daß es mit seinem Großvater verhandelte. Darin bestand Ariannas einzige Hoffnung. Rugad interessierte sich ausschließlich für Gabe. Seine mächtige Urenkelin hielt er für überflüssig.
    Solanda schloß die Augen und Verwandelte sich. Ihr Körper zog sich zusammen, Nase und Mund verbreiterten sich, ihre Glieder wurden zu Pfoten. Das Haar wurde in ihre Haut gesaugt, und auf ihrem Körper wuchs Fell. Die Kleidung fiel von ihr ab und rutschte zu ihren Füßen zu einem unordentlichen Haufen zusammen, aus dem sie vorsichtig, eine zierliche Pfote nach der anderen hebend, herausstieg.
    Sie hatte sich Verwandelt.
    Jetzt mußte sie den Doppelgänger überraschen, bevor er sie überraschte. Am besten durch einen direkten Sprung ins Gesicht. Die natürliche Reaktion war, das Tier wegzuschleudern. Oder sie konnte zwischen seinen Beinen hindurchrennen …
    Vor dem Zelt erklangen Stimmen. Solandas Mund war ausgetrocknet. Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, eine nervöse Angewohnheit, die sie aus ihrer menschlichen Fey-Gestalt beibehalten hatte. Sie zog sich in eine dunkle Ecke des Zeltes zurück und wartete dort sprungbereit im Schatten.
    Der Zelteingang wurde zurückgeschlagen. Solanda warf sich nach vorn und sprang dem Doppelgänger mitten ins Gesicht. Auf halbem Wege erkannte sie, daß sie einen verhängnisvollen Fehler begangen hatte.
    Nicht ein einzelner, sondern mehrere Personen hatten das Zelt betreten, und sie waren keine Doppelgänger, sondern Fußsoldaten. Statt der Gefahr auszuweichen, hatte sie sich ihrem Feind direkt in die Arme geworfen.
    Im wahrsten Sinne des Wortes.
    Sie ruderte verzweifelt mit den Pfoten, um ihren Sprung abzubremsen, aber da hatte Gelô sie bereits eingefangen. Sie spürte, wie er sein zweites Paar Fingernägel in ihrem Bauch ausfuhr.
    »Wie schade, daß du dich Verwandelt hast«, sagte er bedauernd. »So ein kleines Häufchen Haut. Es wird nicht so lange dauern, wie wir gehofft haben.«
    Sie zischte und spuckte und krallte nach seinem Gesicht, aber sie wußte, es war zu spät. Rugad hatte gewonnen. Trotz alledem, was sie war und für ihn getan hatte, behandelte er sie jetzt wie eine gemeine Mörderin. Er ließ sie exekutieren.
    Und sie konnte nichts mehr dagegen tun.

 
21
     
     
    Rugads Zelt war groß. Eigentlich handelte es sich um drei Zelte mit ineinander übergehenden Öffnungen, die man in Form eines Dreiecks

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