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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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angeordnet hatte. Zwei der so entstandenen Bereiche wurden für Zusammenkünfte genutzt, der dritte diente ihm als Schlafzelt. Diese Aufteilung zog Rugad im Schattenland dem großen Einzelzelt vor, das er sonst zu benutzen pflegte.
    In einem der Zelte erwartete ihn Geist. Auf dem Weg dorthin wurde Rugad von Weißhaar angehalten.
    »Winglet ist im zweiten Versammlungsraum«, sagte Weißhaar. »Sie hat etwas vom Palast zu berichten.«
    »Sorg dafür, daß die Eingänge zwischen den Zelten verschlossen werden«, entgegnete Rugad.
    Weißhaar nickte und betrat das erste Zelt. Rugad wartete einen Moment, bevor er in das andere Zelt ging.
    Es war etwas kleiner als das Hauptzelt. Domestiken hatten in Nye die mit Leinwand bezogenen Klappstühle angefertigt, Boden und Decke waren mit besänftigenden Tüchern bedeckt. Man hatte sie mit einem leichten Zauber versehen, damit ihre Farben ein wenig durch das trübe Einerlei des Schattenlandes drangen. Rugads Diener sorgten dafür, daß im Schattenland immer einige seiner persönlichen Gegenstände zur Verfügung standen, damit sich der Schwarze König möglichst behaglich fühlte. Von vertrauten Dingen umgeben zu sein, verlieh ihm ein Gefühl der Stärke, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das ihm sonst auf seinen Feldzügen abhanden gekommen wäre.
    Winglet hockte mit untergeschlagenen Beinen auf einem der Klappstühle. Wie die meisten Tierreiter saß sie leicht vorgebeugt, um das kleine Geschöpf in ihrem Bauch zu schützen, aber auch weil es die bequemste Körperhaltung nach ihrer Verwandlung war. Winglet war eine Spatzenreiterin. Die schnabelartige Nase und das bräunlich gefiederte Haar waren unverkennbar. Wie die meisten Fey war auch sie hochgewachsen, dabei aber so zierlich gebaut, daß Rugad ihre Taille mit einer Hand umfassen konnte.
    »Was gibt’s Neues?« fragte er.
    »Die Reiter haben alle Position bezogen«, sagte sie. »Die Infanterie marschiert quer über die ganze Insel, und die Inselbewohner leisten keinen Widerstand.«
    »Sie haben nicht einmal versucht zu flüchten?«
    Winglet schüttelte den Kopf. »Ich glaube, ihr König wartet auf ein Treffen mit dir.«
    »Da kann er lange warten. Weiter?«
    »Der Tabernakel brennt. Die meisten Bewohner sind tot. Die restlichen sind spätestens bis zum Abend ausgeschaltet. Einige Viertel der Stadt brennen ebenfalls.« Den letzten Satz brachte sie vor, als rechne sie mit einem Anschnauzer.
    Aber Rugad zuckte gleichgültig die Achseln. Städte interessierten ihn nur, wenn sie Handelszentren waren. Und das war Jahn schon seit zwanzig Jahren nicht mehr.
    »Gut«, sagte er. »Geh wieder zurück und richte Schwarm aus, daß er mit weiteren Anordnungen auf mich warten soll. Ich werde wahrscheinlich am Morgen zu euch stoßen.«
    Winglet nickte und erhob sich. »Sieht aus, als hätten wir hier leichtes Spiel, nicht wahr?«
    Rugad schüttelte den Kopf. »Unterschätzt diese Leute nicht«, sagte er. »Das war Rugars größter Fehler. Sag das auch Schwarm. Er soll sich vorsehen und wachsam bleiben.«
    »Jawohl«, erwiderte Winglet. Dann verließ sie das Zelt. Als sie den Eingang zurückschlug, durchdrang das schmerzerfüllte, entsetzte Jaulen einer Katze das ganze Schattenland.
    Rugad lief ein kalter Schauder den Rücken hinunter. Diese gerissene Solanda. Sie hatte gewußt, daß ein Doppelgänger nicht zum Tier werden konnte. Sie hatte sich vor ihrem Mörder schützen wollen, ohne zu ahnen, daß Rugad ihr einen Schritt voraus gewesen war.
    Wieder ertönte das Jaulen, gefolgt von lautem Zischen und gellendem Schreien. Rugad verschloß sorgfältig den Zelteingang, der die Geräusche fast vollständig dämpfte. Obwohl Solanda eine kleinere Gestalt angenommen hatte, würde ihr Tod nicht so rasch eintreten. Dafür sorgten schon die Fußsoldaten. Er hatte ihnen eine richtige Exekution versprochen, und die würden sie sich gewiß nicht nehmen lassen.
    Er schluckte. Seine Kehle war wie ausgetrocknet. Er durchquerte das Zelt und nahm einen Schluck aus dem Wasserschlauch. Der Schlauch war mit einem Zauber der Domestiken versehen, der das Wasser besonders kühl und frisch erhielt. Erst nach dem zweiten Versuch gelang es ihm, den Schlauch an seinem Gürtel festzubinden.
    Seine Hände zitterten.
    Er wischte sie an seiner Hose ab. Selbst für ihn war das Töten nicht immer ganz einfach. Es kostete ihn mitunter mehr Kraft, als er nach außen zeigte. Er holte tief Luft. Aber das ging niemanden etwas an. Niemand brauchte das zu sehen.
    Er nahm sich

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