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Fey 06: Die Erben der Macht

Fey 06: Die Erben der Macht

Titel: Fey 06: Die Erben der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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Raum und hielt sich dabei alles vor Augen, was Solanda ihr beigebracht hatte. Fey besaßen die Fähigkeit, den Körper eines anderen Menschen zu übernehmen und sich in ihn zu verwandeln. Man konnte es nur an den Augen erkennen.
    »Paps?« fragte sie.
    Er wirbelte herum. Erleichterung und Freude stiegen in ihr auf. Sebastian – den sie bis jetzt nicht einmal bemerkt hatte – löste sich von der hinteren Wand und rief: »Ari!« in einem Ton, der genau zu dem Gesichtsausdruck ihres Vaters paßte.
    Nicholas eilte quer durch den Raum auf sie zu, aber als er vor ihr stand, hob Arianna die Hand. Ihr Ärmel rutschte herab und entblößte ihren Arm. Sie hatte das Gefühl, als stünde ihr ganzes Selbst nackt und bloß da.
    »Es tut mir leid«, sagte sie mit zitternder Stimme. »Laß mich in deine Augen sehen.«
    »Aber Arianna!« sagte Nicholas.
    »Bitte.«
    Er riß die Augen weit auf. Sie waren blau und blutunterlaufen, das Weiße durch die Anstrengung gerötet. Aber es waren keine Goldflecken zu sehen.
    »Er … ist … es«, stammelte Sebastian, und sie vertraute ihm mehr als Solandas Beschreibungen von Doppelgängern. Sebastian war in der Lage, gefährliche Zauberkräfte zu erkennen, und es war unmöglich, Sebastian zu übernehmen. Solanda hatte ihr gesagt, daß Doppelgänger keine magischen Wesen übernehmen konnten. Sie waren außerstande, sich der Zauberkraft einer Person zu bedienen, die sie übernommen hatten, sie übernahmen nur deren äußere Erscheinung.
    »Paps«, wiederholte Arianna und stürzte sich in seine Arme. Nicholas umschlang sie und preßte sie an sich. Für einen Augenblick fühlte sie sich wieder wie ein kleines Mädchen. Sie lag sicher und beschützt in den Armen ihres Vaters, der alles zum Guten wenden konnte und der mächtigste Mann der Welt war.
    Aber nein.
    Der mächtigste Mann der Welt war ihr Urgroßvater.
    Bei diesem Gedanken wich sie zurück, doch ihr Vater hielt sie fest, vergrub das Gesicht in ihrem Haar. Er zitterte. Zum ersten Mal verstand sie, wie verletzlich er war und wie sehr er sich um sie geängstigt hatte.
    Sie hob die Hand und strich ihm über den Kopf. »Paps«, sagte sie. »Alles in Ordnung. Ich bin wieder zurück.«
    Er nickte in ihr Haar, ohne sie loszulassen.
    »Ich bin in Sicherheit.«
    »Ich … dachte … du … würdest … sterben«, brachte Sebastian heraus, und seine Stimme klang so traurig, daß sich Arianna und ihr Vater nach ihm umdrehten. Sie nahmen ihn in ihre Mitte und umarmten einander, eine kleine Familie, die der Welt den Rücken zukehrte.
    »Ich werde nicht sterben«, versicherte Arianna, obgleich sie sich dessen nicht mehr so sicher war wie noch vor wenigen Stunden. In der Zwischenzeit hatte sie mehr gesehen als in ihrem ganzen bisherigen Leben.
    Schließlich holte ihr Vater tief Luft und löste sich aus der Umarmung. Er streichelte Ariannas Wange, was er noch nie getan hatte, und lächelte verhalten.
    »Ein solches Risiko darfst du nicht mehr oft eingehen«, sagte er.
    Arianna drückte Sebastian noch einmal an sich und ließ ihn dann los. »Das kann ich nicht versprechen«, erwiderte sie. »Die Fey sind überall in Jahn. Sie brennen die Stadt nieder. Die Leute …«, wieder wollte sich Ariannas Magen umdrehen, aber sie schluckte die Übelkeit hinunter. »Die Leute sind tot.«
    Ihr Vater nickte, anscheinend nicht überrascht. Dann drehte er sich um, faltete die Hände hinter dem Rücken und ging zum Fenster hinüber. Der Himmel war dunkel und mit tiefroten Flecken gesprenkelt. Die wenigen Sonnenstrahlen, die den Rauch durchdrangen, waren von trübem Weiß.
    Arianna wandte sich zu Sebastian um. In seinem zerfurchten Gesicht lag ein hoffnungsvoller Ausdruck.
    »Ich habe ihn nicht gesehen«, sagte sie.
    Der Wechsel in seinem Gesicht vollzog sich langsam. Sein Mund klappte auf, die Risse in seiner Haut wurden tiefer, Tränen füllten seine Augen. Sie nahm ihn bei der Hand. »Aber das muß nichts heißen. Er kann überall sein. Wahrscheinlich versteckt er sich vor den Fey.«
    Obwohl ihr Vater ihr den Rücken zukehrte, hatte er ihre letzten Worte offenbar gehört. Sie wußte nicht, was er für Gabe empfand. Wollte es vielleicht gar nicht wissen.
    Nicholas holte tief Luft. »Was ist mit dem Tabernakel?« fragte er.
    »Er brennt«, antwortete Arianna.
    Ein Zittern durchlief seinen Körper, aber Arianna wußte nicht, warum. Ihr Vater haßte den Tabernakel schon seit langer Zeit und war doch eng mit ihm verbunden. Auch wenn er es nicht zugeben wollte, war er ein

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