Fey 07: Die Augen des Roca
Verzierungen der Knäufe dagegen kamen ihm bekannt vor.
Gabe nahm Leen das Messer aus der Hand, stellte sich auf die Zehenspitzen und schabte. Eine Schmutzschicht nach der anderen bröckelte ab.
Unter dem Schmutz glänzte trüb ein Edelstein, dem die Sonne einen roten Schimmer entlockte.
Juwelenverzierte Knäufe. Gabe fragte sich, ob diese Schwerter tatsächlich aus Stein bestanden, oder ob nur die Schmutzkrusten, die sie überzogen, sich inzwischen mit dem Metall verbunden hatten.
»Wo sind wir hier?« fragte Fledderer nervös.
Gabe stand wieder mit beiden Füßen auf dem Boden und gab Leen das Messer zurück. »Ich weiß es nicht«, sagte er. Aber sein Hochgefühl wurde immer stärker. Er mußte einfach hier sein.
Er wußte es.
Es fühlte sich richtig an.
»Die Sache gefällt mir nicht«, beschwerte sich die Rotkappe. Er verstellte Gabe den Weg. »Du gehst gefälligst als letzter. Wenn da drinnen doch eine Falle lauert, sollten Leen und ich uns zuerst damit befassen.«
Leen stand in der Öffnung der Höhle, direkt unter der Spitze des obersten Schwertes. Sie hüpfte auf und ab, als könne sie ihre Aufregung nicht länger bezähmen.
Die Luft war schneidend kalt, aber Gabe fror nicht. Er sah hinauf zu den Schwertern über sich. Sie schienen durch keine Befestigung gehalten. Es sah aus, als hätte sie jemand gegen die Felswand geschleudert, wo sie haftengeblieben waren. Gabe konnte sich fast vorstellen, wie sie noch vom Schwung des Wurfes zitterten, ehe sie in ihrer jetzigen Position erstarrten.
Das einzige Schwert, das aussah, als sei es absichtlich dort angebracht worden, war dasjenige über Leens Kopf.
»Kommt«, rief sie.
Gabe fand es merkwürdig, daß ihre Stimmung so plötzlich umgeschlagen war. Vielleicht war die Angst der Rotkappe berechtigt. Vielleicht gab es in der Höhle etwas, in das sie sich lieber nicht einmischen sollten.
Wieder überholte Fledderer Gabe. Als er Leen erreichte, blieb er stehen.
»Bei den Mächten«, keuchte er. »Was ist das?«
Gabe trat neben ihn und schnappte nach Luft.
Die ganze Höhle war hell erleuchtet. Es sah aus, als sei in einer Ecke eine kleine Sonne angebracht. Das Licht war gleißend hell, blendete aber nicht und wirkte völlig natürlich.
Gabe spürte die Kälte von draußen im Rücken. Vor ihm breitete sich eine trockene, einladende Wärme aus. So weit das Auge folgen konnte, führten Stufen in die Tiefe. Der Boden am Fuß der Stufen schien aus weißem Stein zu bestehen.
»Marmor«, flüsterte Fledderer und zeigte nach unten.
Die Höhle sah riesig aus. Sie unterteilte sich in Abschnitte, einzelne Räume, fast wie der Palast von Gabes Vater.
Dann waren da noch die Wände.
Sie waren über und über mit Schwertern bedeckt.
Echten Schwertern, die im Licht schimmerten.
»Du hättest keine Waffen mitzuschleppen brauchen«, sagte Gabe spöttisch zu Fledderer.
»Die hier gehören wenigstens mir«, gab die Rotkappe zurück, die Hand auf dem Schwertknauf. »Diese dort besitzen vielleicht irgendeine religiöse Bedeutung. Sie könnten uns etwas antun.«
»Seht mal«, rief Leen aus und deutete auf eine Stelle neben Gabe. Die Felswand hinter ihm – die Wand neben dem Eingang der Höhle – war mit Trinkkelchen bedeckt. Jeder Kelch stand auf einem eigenen kleinen Sims aus demselben weißen Stein.
Die Wände weiter hinten schienen mit anderen Gegenständen verziert, die Gabe aus dieser Entfernung nicht erkennen konnte.
Diese Höhle war wahrhaftig einer der erstaunlichsten Orte, die Gabe je gesehen hatte.
Er trat einen Schritt vor, aber Fledderer hielt ihn zurück. »Wir wissen immer noch nicht, was es hiermit auf sich hat«, warnte er. »Laß Leen und mich vorgehen.«
Leen löste sich aus ihrer Erstarrung und folgte Fledderer. Gabe ließ die beiden vorangehen, obwohl er wußte, daß es kaum einen Unterschied machte.
Immer noch spürte er keinerlei Gefahr. Die Wärme, das Licht und die frische Luft machten den Ort zu einer Art Zuflucht. Der Schmuck der Wände schien eigens für Gabe zum Leben zu erwachen.
Die Marmorstufen waren glatt. Gabe nahm immer nur eine Stufe auf einmal und wartete, bis Fledderer und Leen die nächste hinabgestiegen waren, bevor er weiterging.
Am Fuß der Treppe war der Boden eben. Sockel ragten auf, aber was darauf stand, war im gedämpften Licht nicht auszumachen. An der hinteren Wand war ein Tisch aus dem weißen Stein gehauen, und dort, wo sich der Raum teilte, spie ein Brunnen Wasser in ein Becken. Das Plätschern war schwach
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