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Fey 07: Die Augen des Roca

Fey 07: Die Augen des Roca

Titel: Fey 07: Die Augen des Roca Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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hinaufwand. An diesem Abend fühlte er den Berg noch stärker. Er schien etwas Lebendiges zu sein, seine Anwesenheit war so deutlich wie die Jewels und Nicholas’ vor wenigen Minuten.
    Auf halber Höhe des Berges flammte ein Licht auf und erlosch wieder, als hätte sich eine Tür kurz geöffnet. Matthias konnte das Zimmer dahinter spüren: warm und einladend, wie der Tabernakel an einem regnerischen Abend.
    Dann verschwand das Gefühl wieder.
    »Alles in Ordnung mit dir?« erkundigte sich Denl.
    Matthias merkte, daß er mitten auf dem Pfad stocksteif stehengeblieben war und den Berg mit offenem Mund anstarrte.
    Er schloß den Mund wieder.
    »Mir geht’s gut«, versicherte er.
    Aber er grübelte. Überall diese Lichter, die ihn unablässig lockten. Bestimmt waren es von den Fey gelegte Fallen, Fallen, die nur er sehen konnte. Er trug kein Weihwasser bei sich, und selbst wenn – es wirkte ohnehin nicht mehr.
    Er war schutzlos.
    Oder bedeuteten die Lichter etwas anderes, etwas, das nur »Lange« sahen? Fürchteten sich die Leute von Constantia deswegen vor ihm? Weil er in gewisser Weise ein Teil des Berges war?
    »Matthias«, mahnte Tri. »Wir können hier nicht stehenbleiben. Sie werden uns folgen.«
    »Ich weiß«, erwiderte Matthias. »Wir gehen ja schon.« Er hatte nur eine Chance, seine eigenen Fragen zu beantworten. Er konnte sich nicht ewig verstecken.
    Matthias holte tief Luft und stieß sie zischend wieder aus. »Wir steigen auf den Berg«, verkündete er und ging weiter, auf das verlockende Licht zu.

 
27
     
     
    Tief unter ihnen hatte sich der Pfad zwischen den Felsen verloren. Gabe, Leen und die Rotkappe suchten beim Klettern in den Spalten des Gesteins Halt. Gabe war jetzt froh, daß Leen ihn davon abgehalten hatte, zuviel Gepäck mitzunehmen. Auch ohne ein Gewicht auf dem Rücken, das einen nach hinten zog, war das Klettern anstrengend genug.
    Fledderer hatte es am schwersten. Seine Arme und Beine waren nicht so lang wie Gabes. Als Gabe sich umdrehte, sah er, wie die Rotkappe, die Arme um einen Felsbrocken geschlungen, mit dem Fuß nach kleinen Vorsprüngen angelte, die Gabe nicht einmal erkennen konnte. Gabe hatte dieser Teil des Aufstiegs keinerlei Schwierigkeiten bereitet.
    Allerdings hatte Fledderer auch darauf bestanden, alle seine Waffen mitzunehmen. Sie waren an ihm festgebunden, als wäre er keine Rotkappe, sondern ein Tierreiter. Er hatte Glück, daß er so kräftig war. Ein durchschnittlicher Fey hätte eine solche Ausrüstung nicht tragen können.
    Gabe fragte sich, wie Fledderer es überhaupt bis hierher geschafft hatte. Coulter hatte Fledderer vorgeschlagen, die Waffen bei ihm zu lassen, aber die Rotkappe hatte sich rundweg geweigert. Er schien auf den Schutz seiner Waffen nicht verzichten zu wollen.
    Wenigstens war das Geröllfeld nicht allzu steil. Es stieg zwar an, aber so langsam, daß Gabe es gut bewältigen konnte. Bei ihrem Aufbruch hatte Leen gemeint, es sähe so aus, als habe es hier früher einmal Steinstufen gegeben. Nachdem sie es Gabe gezeigt hatte, sah er es auch. Jahrzehnte, vielleicht Jahrhunderte vor ihnen hatte jemand flache Felsen im Boden verankert und sie so lange ausgetreten, bis sie ganz glatt waren. Aber dann waren Lawinen den Berg herabgestürzt und hatten das Gelände mit großen und kleinen Gesteinsbrocken übersät, so daß die Stufen nicht mehr benutzbar waren.
    Vor ihnen pulsierte die Dunkelheit. Sie bedeckte einen kleinen Bereich der Bergflanke und sah fast aus wie der ungeschützte Torkreis eines Schattenlandes. Leen und Fledderer behaupteten immer noch, nichts zu sehen.
    Gabe sah, fühlte und schmeckte es sogar. Sie waren schon ganz nah.
    Er konzentrierte sich darauf, nach oben zu schauen. Zu Beginn des Aufstiegs hatte er einmal ins Tal hinuntergeblickt. Es war von Nebel verhüllt, die Häuser kaum zu erkennen, die größten Bäume ragten wie Grashalme aus dem Dunst heraus. Das Tal sah so winzig aus, daß Gabe Angst bekommen und sofort den Halt verloren hatte. Er hatte sich zwar wieder gefangen, sich aber geschworen, nie mehr nach unten zu blicken.
    »Wie weit noch?« keuchte Fledderer. Sein Atem ging stoßweise. Er war offenbar völlig erschöpft.
    Gabe war in besserer Verfassung, aber er wußte nicht, wieviel davon der Vorfreude zuzuschreiben war. Während er sich der Dunkelheit näherte, schlug mit jedem Herzschlag eine Welle der Erregung über ihm zusammen. Gabe hoffte bloß, daß das nicht eine Art Köder war. Er wußte, daß seine einzige Rettung

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