Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
gescheitert, so wie ich«, warf Leen ein.
»Der Punkt ist, daß er nie mehr nach Jahn zurückgekehrt ist«, erklärte Adrian.
»Aber wir sind ihm doch selbst dort begegnet«, wandte Gabe ein.
»Das war zwanzig Jahre später.«
»Zwanzig Jahre«, murmelte Fledderer. »Ist es nicht merkwürdig, daß dieser Mann ausgerechnet auftaucht, wenn die Fey die Insel zum zweiten Mal überfallen?«
»Das liegt an seiner Zauberkraft«, erwiderte Coulter.
»Dann führt ihn dieselbe Zauberkraft vielleicht auch hierher«, gab Leen zu bedenken.
»Oder sie überzeugt ihn davon, daß es besser ist, sich von dieser Höhle fernzuhalten«, warf Adrian ein.
»Vielleicht sollten wir einfach kurzen Prozeß mit ihm machen«, knurrte Fledderer.
»Das ist nicht so einfach«, seufzte Leen.
»Für dich vielleicht nicht. Aber Coulter kann es schaffen.«
Adrian musterte Coulter. In den mörderischen letzten Wochen war etwas in Coulter zerbrochen, war eine Wunde aufgerissen, die noch nicht wieder verheilt war.
»Wenn es sein muß, töte ich ihn«, sagte Coulter.
»Ich hoffe, es kommt gar nicht erst soweit«, beschwichtigte Adrian.
»Ich schon«, bemerkte Gabe vom Fußboden aus.
Alle drehten sich überrascht nach ihm um. Gabe, derjenige von ihnen, der die meisten Probleme mit der Rolle des Anführers zu haben schien. Der freundliche, friedliebende Gabe.
Der zuckte nur die Schultern. »Manchmal müssen Menschen für das Böse, das sie getan haben, bezahlen«, erklärte er. »Matthias hat meine Mutter ermordet und damit jede Hoffnung zunichte gemacht, den Krieg zu vermeiden, in dem wir uns jetzt befinden. Seine Tat hat Hunderte, ja Tausende von Menschenleben gekostet. Du brauchst keine Skrupel zu haben, ihn zu töten, Coulter. Wenn du nicht willst, tue ich es.«
In so düsterer Stimmung hatte Adrian Gabe erst einmal erlebt. Das war in jener Nacht gewesen, in der sie sich zum ersten Mal begegnet waren, jener Nacht, in der Gabe erfahren hatte, was der Schwarze König seinen Adoptiveltern und Freunden angetan hatte.
Trotzdem beunruhigte Adrian diese Verbitterung. Es war, als existierte in Gabe eine noch unberührte Quelle, eine Kraft, die, wie Coulter es ausdrückte, aus ihm herausbrach und sie alle ins Verderben stürzen konnte.
Oder sie vielleicht auch rettete.
Adrian wußte es nicht. Aber er war sicher, daß sie es bald genug herausfinden würden.
23
Im Audienzzimmer war nichts mehr von dem Prunk des Herrscherhauses der Blauen Insel zu sehen. Verschwunden war das Familienwappen, verschwunden der protzige, häßliche Thron, die Rüstungen und Waffen, die ehedem die Wände geschmückt hatten.
Verschwunden war auch der Blutfleck von Rugads beinahe tödlicher Wunde.
Statt dessen hatte man den Raum in das Arbeitszimmer eines Feldherrn verwandelt. Ein langer Tisch aus dem Speisesaal stand genau in der Mitte. Karten der Blauen Insel, einige davon aus dem geheimen Kriegszimmer im Obergeschoß, andere in Zusammenarbeit von Irrlichtfängern, Vogelreitern und Domestiken angefertigt, bedeckten die Wände. Die von Rugads Truppen bereits besetzten Gebiete waren farbig gekennzeichnet.
Die einzigen Landstriche, die noch erobert werden mußten, waren die Berge im Osten, Norden und Nordwesten der Insel.
Die Berge.
Seine Urenkelin hielt sich in den Bergen auf.
Bis jetzt hatte Rugad seine Truppen auf die am dichtesten bevölkerten Gegenden konzentriert. Diese waren inzwischen fest in seiner Hand. Jetzt konnte er es sich leisten, Truppen in die Berge zu schicken, die sich mit den Aufständischen befassen, die Dörfer auskundschaften und nach, so es sie gab, verborgenen Schätzen suchen sollten.
Rugad legte die Hände auf den Rücken. Natürlich würde er nach Nye um Verstärkung schicken müssen. Er mußte sorgfältig überlegen, wie er den Befehl abfaßte. Er wollte um jeden Preis vermeiden, daß sein Enkel Bridge dachte, der Schwarze König sei nicht in der Lage, die Blaue Insel zu erobern.
Bridge sollte lieber glauben, daß Rugad sich darauf vorbereitete, nach Leutia, dem nächsten Kontinent, weiterzuziehen. Rugad hatte Bridge für diesen Fall instruiert und sogar die Soldaten für eine zweite Invasionsstreitmacht ausgewählt, bevor er aufgebrochen war. Bridge konnte zwar ein paar Änderungen innerhalb der Infanterie vornehmen, aber über die oberen Ränge hatte er keine Befehlsgewalt. Rugad mußte unbedingt verhindern, daß sein nicht mit übermäßigen Geisteskräften gesegneter Enkel die zweite Streitmacht schwächte.
Wäre
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