Fey 08: Im Zeichen der Schwerter
behaglich sein.
Rugad drehte sich nach Selia um. Sie lauschte den Kommentaren der anderen immer noch mit dem Blick eines gehetzten Kaninchens. Ihr Rücken war steif und ihr Mund fest geschlossen, als müßte sie sich selbst am Sprechen hindern.
Rugad nickte ihr zu. »Selia«, sagte er leise.
Sie zuckte zusammen und ballte die Fäuste, als ärgere sie sich über ihre eigene Schreckhaftigkeit.
»Ich habe gehört, daß du einen Fußsoldaten mitten im Blutrausch davon überzeugen kannst, sein Opfer wieder laufenzulassen.«
»Das ist mir einmal gelungen«, gab sie zu.
»Ich habe gehört, daß du sogar Rotkappen zum Lachen bringen kannst.«
Selia zuckte die Schultern. »Das ist nicht besonders schwer.«
»Ich habe außerdem gehört, daß du Inselbewohnern vorgaukeln kannst, ein Messerstich sei die Liebkosung einer zärtlichen Frau.«
Endlich verzog ein Lächeln Selias Lippen. »Das war ein Experiment«, erwiderte sie. »Aber es hat funktioniert.«
»Alle erfolgreichen Inhaber des Schwarzen Throns haben einen Hexer an ihrer Seite gehabt, der dafür sorgte, daß bestimmte Dinge reibungslos vonstatten gehen, und der die Augen oder die Stimme des Throns sein kann, wenn es erforderlich ist. Du hast gerade gesehen, was mit einem Hexer passiert, der seine Pflicht vergißt.«
Selia nickte mit aufgerissenen Augen.
»Willst du meine neue Adjutantin werden? Willst du mir gewissenhaft dienen und niemals die Macht des Schwarzen Throns für deine eigenen Zwecke mißbrauchen?«
Selia schluckte so laut, daß sogar Rugad es hörte.
»Ja, Herr«, antwortete sie dann leise.
Rugad lächelte ihr zu. »Gut«, sagte er. »Deine übrigen Aufgaben werde ich dir nach dieser Versammlung erläutern. Bis dahin hör gut zu und beobachte. Und denk daran, was geschieht, wenn du versagst.«
»Ja, Herr«, antwortete Selia wieder.
Es klopfte.
»Herein«, rief Rugad in der Annahme, es sei Seger, die Weißhaars Behandlung abgeschlossen hatte.
Aber es war ein älterer Fey, dessen Körper wie ein Fragezeichen gekrümmt und dessen Haut so runzlig war, daß man seine Augen kaum erkennen konnte.
»Herr«, sagte der Mann. »Ich bin Xet’n. Man sagte mir, du brauchst einen Lampenanzünder.«
»Ach ja«, erwiderte Rugad. Während seiner Beschäftigung mit Weißhaar hatte er seinen eigenen Befehl ganz vergessen. »Ich habe in meinem Zimmer im Obergeschoß einen Golem zerstört. Ich habe Grund zu der Annahme, daß seine Seele sich noch immer dort befindet. Kannst du sie einfangen?«
»Sofern sie die Voraussetzungen noch erfüllt«, entgegnete der Lampenanzünder. »Eine lebendige Seele bleibt für Stunden, ja Tage am gleichen Ort, aber bei einem Golem, Herr, bei einem Golem ist das anders. Wenn der Golem ein Eigenleben besitzt, ist er beweglicher als unsereiner. Dann ist er vielleicht schon fort.«
»Ich verstehe das Problem«, gab Rugad zurück. »Wenn du Erfolg hast, winkt dir eine Belohnung. Wenn du die Seele nicht mehr vorfindest, aber ihre Spur verfolgen kannst, belohne ich dich auch. Wenn die Seele aber fort ist, werde ich das nicht dir anlasten.«
»Wenn ich sie nicht finde«, erklärte der Lampenanzünder, »wird sie nach ihrer Steinhülle oder einem anderen leeren Gefäß suchen. Ich stelle einfach die offene Lampe in das leere Zimmer, und wenn die Seele zurückkehrt, kriecht sie vielleicht hinein. Dann gibst du mir sofort Bescheid, und ich kümmere mich darum, daß wir Nutzen aus ihrer Zauberkraft ziehen.«
»Ausgezeichnet«, stimmte Rugad zu. »Laß dich von einer der Wachen in mein Zimmer bringen.«
Der Lampenanzünder nickte und verließ rückwärts den Raum. Offenbar war er noch nie in der Nähe des Schwarzen Throns gewesen. Rugad hatte bereits befürchtet, daß der Golem nicht an die Stelle gebunden sein würde, an der er zersprungen war. Aber er hoffte auch, daß dieser Golem seine eigenen Fähigkeiten nicht kannte. Nach seiner ersten Explosion war seine Seele hier im Audienzzimmer geblieben. Diesmal würde sie bestimmt in Rugads Zimmer verweilen.
Als der Lampenanzünder die Tür hinter sich geschlossen hatte, wandte sich Rugad wieder nach seinen Generälen um. Sie saßen rings um den großen Tisch und beobachteten ihn gespannt. Manche von ihnen machten sich breit, wie zum Beispiel Onha, der Tierreiter, andere, wie Black, der Traumreiter, benötigten fast keinen Platz. Dimar, der Doppelgänger mit seinem Inselgesicht und der weißen Kochkleidung, wirkte zwischen ihnen völlig fehl am Platze.
Selia umklammerte die Arme ihres
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