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Fey 09: Die roten Klippen

Fey 09: Die roten Klippen

Titel: Fey 09: Die roten Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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herrschte immer noch tiefe Nacht, und das Zimmer war so dunkel wie der nächtliche Himmel. Die Fey-Lampe erhellte den Raum, der sich nicht verändert hatte, seit die Fey vor etwas mehr als zwei Wochen den Palast erobert hatten.
    Die Bediensteten bezeichneten dies als den Raum des Bauernaufstands. Er war quadratisch und erstreckte sich über das gesamte obere Geschoß des Nordturms. Überall an den steinernen Wänden standen Stühle, und in der Mitte des Zimmers hatte man einen steinernen Tisch gebaut. Kräftige, kunstvoll bearbeitete Steinsäulen, die Rugad sich noch nicht genauer hatte betrachten können, stützten das Dach. Auf dem Boden lagen immer noch Glasscherben von dem Angriff, der zur Festnahme des Inselkönigs geführt hatte. Auch das zerbrochene Fenster war noch nicht repariert worden. Das Zimmer war ein glanzvolles Zusammenspiel aus Architektur und ausgesuchter Inneneinrichtung. Von hier aus ließen sich die ganze Stadt und weite Teile des dahinter liegenden Landes überblicken.
    Rugad wußte genau, wonach er Ausschau halten mußte. Man konnte einen magischen Beutel nur zerstören, indem man ihn verbrannte. Ein gewaltiges Feuer, das bis zum Himmel loderte, mußte von diesem Raum aus zu sehen sein.
    Falls man die Beutel in der Nähe verbrannt hatte.
    Es störte Rugad, daß der Raum immer noch so dunkel war. Er hatte gehofft, das Feuer sofort sehen zu können. In einer Höhle nahe dem Fluß befand sich ein kleinerer Beutelvorrat. Dort hatten die Rotkappen an den Leichen der Schwarzkittel gearbeitet und die Beutel für die Hüter gestapelt, die noch nicht zu einem der großen Lager der Insel transportiert worden waren.
    Rugad ging zur Fensterfront an der Nordseite. Die Dunkelheit deckte die kläglichen Überreste von Jahn gnädig zu. Sogar die Feuer, die auf Rugads Befehl gelegt worden waren, um die Stadt vollends zu zerstören, waren erloschen. Der Rauchgeruch, der sich hartnäckig hielt, war zwar noch nicht verflogen, aber schal geworden, anders als der überwältigende Geruch lodernder Brände.
    Rugad hängte die Fey-Lampe an einen Fackelhalter und durchwanderte den Raum.
    »Wonach suchst du denn?« fragte Selia, immer noch ein wenig außer Atem. Offensichtlich war sie gerade erst hier oben angekommen.
    Er wandte sich ihr zu. Im schwachen Licht wirkte ihr Gesicht grau, aber auf den Wangen prangten zwei rote Flecken. Ihre hellen Augen sahen immer noch verstört und unglücklich aus.
    »Feuer«, erwiderte Rugad. »Ich halte nach einem riesigen Feuer Ausschau, das bis zum Himmel lodert.«
    »Ist das die Ursache?«
    Rugad nickte. »Irgendwo.«
    Selia ging zum Südfenster, während Rugad unruhig auf und ab schritt. Im Osten war nichts zu sehen. Er hatte heimlich gehofft, etwas in östlicher und nördlicher Richtung zu entdecken, etwas, das er auf seiner Reise zu dem Gebirgszug, der von den Einwohnern Blutklippen genannt wurde, aufsuchen und wieder ins Lot bringen konnte.
    »Rugad?« ertönte plötzlich Selias leise Stimme. »Könnte es das sein?«
    Sie drückte den ausgestreckten Zeigefinger gegen das wellige Glas. Rugad kniff prüfend die Augen zusammen. Von seinem Standpunkt am Ostfenster konnte er nichts erkennen.
    Er durchquerte das breite Zimmer. Glasscherben knirschten unter seinen Sohlen. Als er neben Selia stand, konnte er immer noch nichts entdecken. »Wo?« fragte er.
    »Dort ist ein schwacher Lichtschein«, erwiderte sie. »Fast wie die Morgendämmerung. Aber es ist nicht die Sonne.«
    Rugad hatte noch keinerlei Anzeichen von Dämmerung im Osten bemerkt. Selia hatte recht. Das Licht am südlichen Horizont war schwach goldfarben.
    Feuer.
    Rugad legte die Hände auf den Rücken und starrte in Richtung Süden. Das Feuer war nicht mehr als ein zartes Leuchten.
    Man konnte es nur in der völligen Dunkelheit sehen, die kurz vor Anbruch der Dämmerung herrschte.
    Es mußte ungefähr ein Zwei-Tages-Marsch von Jahn entfernt sein, vielleicht sogar noch weiter.
    Rugad mußte irgendein widerwilliges Geräusch von sich gegeben haben, zwar nicht mit seiner falschen Stimme, die ihn sonst zu sehr geschmerzt hätte, aber vielleicht hatte er durch die Nase geschnaubt. Vielleicht hatte er auch nur seine Haltung verändert, jedenfalls starrte ihn Selia entsetzt an.
    »Herr?« fragte sie.
    »Laß mir einen Augenblick Zeit«, entgegnete Rugad, ohne seine Adjutantin zu beachten. Er konnte sie auch so genau aus den Augenwinkeln sehen. Er hatte sie völlig verängstigt, aber sie bemühte sich verzweifelt, ihre Panik zu

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