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Fey 10: Das Seelenglas

Fey 10: Das Seelenglas

Titel: Fey 10: Das Seelenglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Kathryn Rusch
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übergeschnappt.«
    Matthias lächelte. »Davon waren einige schon seit jeher überzeugt.«
    »Ich glaube nicht, daß dir das etwas ausmachen sollte.« Der Mann sprach in einem recht hochmütigen Ton mit ihm. Er zupfte einen Fussel von seinem Hemd, als spielte das eine Rolle; als wäre er tatsächlich da.
    »Warum nicht?« wollte Matthias wissen. Der Boden stieg noch steiler an. Er spürte es in den Waden. Es ging wieder aufwärts. Er konnte die Schräge sogar sehen und wünschte sich Stufen. Schon lange hatte es keine Stufen mehr gegeben.
    »Darum nicht«, erwiderte der Mann. »Deine Leute werden nicht mehr dasein, wenn du zurückkommst.«
    Matthias blieb stehen. Einen Augenblick kam es ihm vor, als sei auch sein Herz stehengeblieben. Als sei alles um ihn herum stehengeblieben.
    Die Steigung war zu groß, als daß er ohne sich vorwärtszubewegen das Gleichgewicht hätte halten können. Die Füße rutschten unter ihm weg, und er fing sich mit den Händen am Boden ab. Er schrammte sich die Handflächen auf, fluchte leise und hörte den Mann lachen.
    »Welch phantasievolle Schimpfworte«, amüsierte sich der Mann. »Ich dachte, du seist ein Gottesmann.«
    »Das war ich einmal«, murmelte Matthias. Er hatte Schwierigkeiten, wieder auf die Beine zu kommen, und das war ihm peinlich. Er konnte sich schließlich nicht einfach in Nebel verwandeln. Er sah nicht alles deutlich vor sich und täuschte auch nicht darüber hinweg.
    »Du benutzt keine einzige deiner Kräfte, was?« fragte der Mann.
    »Was meinst du?« fragte Matthias und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab.
    »Mach dir ein Seil, schaff dir eine Reihe von Stufen! Du tust überhaupt nichts von dem, was du tun könntest. Gehört das auch zur ästhetischen Ablehnung deiner Fähigkeiten? Stammt das auch von deinem ›Roca‹?«
    »Er ist nicht mein Roca«, erwiderte Matthias, obwohl das nicht ganz stimmte. Auf eine gewisse Weise, die auch er nicht ganz begriff, war er tatsächlich sein Roca.
    Trotzdem hatte er dem Mann zugehört. Er schuf sich ein Seil und befestigte es an der Wand. Das Seil schien wirklich seinen Zweck zu erfüllen, auch wenn es soeben erst erschienen war, nachdem er sich auf seine Existenz konzentriert hatte. Bei diesem Gedanken wurde es jedoch sofort dünner und beinahe unsichtbar – so dünn, daß er es nicht mehr benutzen konnte.
    »Konzentrier dich!« sagte der Mann, und Matthias tat wie ihn geheißen. Das Seil kam wieder zum Vorschein, wesentlich dicker.
    Schon einmal war ihm so etwas passiert, mit einem Seil aus Blut. Damals wäre er beinahe im Cardidas ertrunken, als ihn ein Seil aus seinem eigenen Blut herausgezogen hatte.
    Er hatte es erschaffen, auch wenn ihm das damals nicht bewußt gewesen war. Und sich dadurch gerettet.
    Jetzt fanden seine Füße wieder den nötigen Halt, und Matthias ging mit Unterstützung des Seils zu der Stelle, an der der Mann stand.
    Er stand, vielleicht zufällig, auf der ersten flachen Oberfläche, die Matthias seit langem gesehen hatte. Und ein Stück weiter erblickte er Stufen.
    Er lehnte sich, das Seil noch immer fest gepackt, an die Wand und spürte, wie die Abschürfungen auf den Handflächen brannten. »Was meinst du damit, wenn du sagst, sie sind nicht mehr da, wenn ich zurückkomme.«
    Der Mann hob die Augenbrauen, als halte er die Frage für ausgemacht naiv. Dann zuckte er die Achseln. »Daß sie nicht da sind.«
    »Woher weißt du das?«
    »Wie verwandle ich mich in Nebel?«
    Matthias haschte nach ihm, erwartete, daß seine Finger durch die Schulter des Mannes hindurchstießen. Statt dessen fühlte er festes Fleisch und Knochen. Matthias packte so fest zu, wie er konnte, und schüttelte den Mann kräftig durch. Der ließ ihn gewähren und lächelte dabei die ganze Zeit.
    »Sag es mir! Sag mir, was du weißt!«
    »Warum?«
    »Warum?« wiederholte Matthias. Er verstand nicht, was er getan hatte, daß man ihn mit diesem Wesen strafte, diesem Kerl, der nicht preisgeben wollte, was er wußte, und der eindeutig über Fähigkeiten verfügte, von denen Matthias bisher nicht einmal etwas geahnt hatte. »Ihretwegen bin ich hier. Wenn sie sterben, habe ich hier nichts mehr verloren.«
    Der Mann lachte. »Du bist nicht ihretwegen hier. Wenn es dir um sie und ihre Belange ginge, wärst du jetzt in diesem elenden Kaff und würdest mit ihnen sterben.«
    »Sterben?« flüsterte Matthias. Und er war hier? Er mußte sofort zu ihnen zurück.
    Der Mann hielt ihn am Arm fest. »Es bringt nichts, auf dem gleichen Weg

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