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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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war, näherten sich dem Fenster, als fiele er nicht, sondern als bäume sich ihm diese Schneebahn unter dem Bombardement der Trümmer entgegen. Aus der Höhe mehrerer Stockwerke näherte er sich diesem in Staubwolken gehüllten Weiß, bis er durch alle Spanten des Rumpfes, die heulenden Motoren und ihre Lager sowie durch die Schutzplatten des Panzers den letzten dröhnenden Schlag verspürte. Wie geblendet lag er da. Die Scheibe war nicht zerbrochen, sondern hatte sich in die Trümmerhalde gegraben, deren eigentliche Masse er auf sich, dem Rücken des Diglators lasten fühlte. Die Turbinen heulten nicht mehr unter, sondern hinter ihm, im Leerlauf, da sie sich auf dem Höhepunkt der Überlastung selbst ausgekuppelt hatten. Vor dem rußschwarzen Hintergrund des Fensters flammten sämtliche Anzeigen purpurrot.
       Rechts verblaßten sie allmählich und wurden wieder dunkelgrün, links aber erloschen sie nacheinander wie erkaltende Briketts. Er steckte in einem linksseitig gelähmten Wrack. Einem Wrack, jawohl, denn auf die Arm- und Beinbewegungen dieser Seite erfolgte keine Reaktion. Nur die Anzeige der anderen symmetrischen Hälfte des Großschreiters funktionierte. Im krampfhaften Atemholen nahm er noch etwas wahr: Die Luft roch nach heißem Öl — es war passiert. Ob er in dem halbseitig gelähmten Diglator wenigstens kriechen konnte? Er versuchte es, die Turbinen begannen gehorsam, unisono ihren Gesang, aber dann leuchteten wieder die roten Warnlampen auf. Der Einsturz hatte ihn nicht genau nach vorn, sondern auf die Backbordseite geworfen, die zuerst die ganze Wucht des Aufpralls aufgefangen hatte. Tief durchatmend, absichtlich langsam, ohne Sicht, schaltete er die Innenbeleuchtung ein und rief den Havarieinterceptor des Gerätes ab, um sich Über die Lage der Gliedmaßen und des Rumpfes zu informieren.
       Die Antriebsaggregate überging er dabei.
       Das mit kalten Linien gezeichnete Bild erschien sofort. Die beiden stählernen Beine hatten sich gekreuzt, also war das Kniegelenk des linken geborsten. Der linke Fuß steckte hinter dem rechten, aber auch diesen konnte er nicht rühren.
       Die Konstruktion mußte sich ineinander verkeilt haben, und den Rest bewirkte der Druck der auf ihm liegenden Halde. Der Geruch der erhitzten Flüssigkeit aus der Hydraulik reizte und biß schon empfindlich in die Nase. Er versuchte sich noch einmal aufzurappeln, indem er das gesamte hydraulische System auf den viel schwächeren Havariestromkreis umschaltete. War es vergebens? Etwas Warmes, Glitschiges floß ihm um Füße, Schienbeine und Schenkel — auf der Frontscheibe liegend, sah er im weißen Licht der Leuchtröhre das in die Kabine sickernde Öl.
       Es gab keinen anderen Ausweg: Er öffnete den Schnappverschluß, kroch aus der elektronischen Hülle und kniete sich nackt vor den Wandschrank, der jetzt an der Decke hing. Beim Öffnen fiel der Raumanzug heraus, Angus stöhnte auf, als ihm die Sauerstoffflaschen auf die Brust prallten. Wie eine weiße Kugel platschte der Helm in eine Öllache. Die Trikots trieften von der hydraulischen Flüssigkeit. Ohne Zaudern, nackt, im ruhigen Schein des künstlichen Lichts, stieg er in den Raumanzug, wischte den Ansatz des Helms ab, der ebenfalls fettig geworden war, stülpte ihn über, zog die Klammern fest und kroch durch das Brunnenloch, das jetzt waagerecht lag wie ein Tunnel, auf allen vieren zum Ausstieg am Oberschenkel.
       Weder dieser noch der Notausstieg ließen sich öffnen. Niemand weiß, wie lange er noch in der Kabine gesessen hatte, ehe er den Helm abnahm, sich auf die ölverschmierte Scheibe legte und die Hand nach dem roten Lämpchen ausstreckte, um die Plastikkappe einzuschlagen und den eingebauchten Knopf des Vitrifikators mit aller Kraft tief in die Zukunft zu drücken. Auch kann niemand wissen, was er dachte und fühlte, als er sich für diesen eisigen Tod bereitmachte.

II
Die Beratung
       Doktor Gerbert saß, bequem ausgestreckt, die Beine in ein flauschiges Plaid gewickelt, am sperrangelweit geöffneten Fenster und sah einen in Folie gebundenen Stoß von Histogrammen durch. Trotz des hellen Tages lag der Raum im Halbdunkel, das noch verstärkt wurde durch die schwarze, verräuchert aussehende Decke mit ihrem wuchtigen, harzgetränkten Gebälk. Ebenmäßig verlegte Holzplatten bildeten den Fußboden, dicke Bohlen die Wände. Vom Fenster sah man auf die bewaldeten Flanken des Wolkenfängers, auf das Cracatalqua-Massiv und dahinter die

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