Fiasko
ihm der merkwürdige Glanz dieses Sandes auf. Die Handvoll, die er aufnahm, um genauer hinsehen zu können, war ungewöhnlich schwer. Er nahm ein Stück zwischen die Zähne, biß darauf und begriff: Seine Hand war voller Gold!
Don Esteban entsann sich der Worte des alten Indianers und sah sich in der Grotte um. In der einen Ecke leuchtete eine senkrechte, erstarrte, völlig reglose Flamme, ein vom Wasser polierter Kristallblock. Über ihm gähnte im Felsen eine Öffnung, durch die der Himmel schien. Esteban trat an den durchsichtigen Block, der in seiner Form an einen mächtigen, in den Boden gerammten Sarg erinnerte, und blickte hinein. Zuerst sah er in der Tiefe nur Milliarden huschender Fünkchen, einen betäubenden Wirbel von Silber. Dann schien es ihm, als verdunkle sich alles ringsum, und er erkannte große Flächen von Birkenrinde, die sich zur Seite schoben. Als sie verschwunden waren, sah er, daß ihn aus der Tiefe des eisigen Klotzes jemand anschaute. Es war ein kupferfarbenes Antlitz voller scharfer Runzeln, mit Augen, so schmal wie Klingen. Je länger er hinsah, um so deutlicher zeigte sich in diesem Gesicht ein böses Lächeln. Fluchend stieß er den Dolch gegen den Block, aber die Waffe glitt wirkungslos ab. Gleichzeitig verschwand das durch sein Grinsen verzerrte Gesicht. Da Don Guilielmo zu fiebern schien, behielt sein Gefährte für sich, was er gesehen hatte.
Sie gingen weiter. Die Grotte verzweigte sich zu einem Netz von Gängen. Sie wählten den weitesten und zündeten die mitgebrachten Fackeln an. An einer Stelle öffnete sich wie ein schwarzer Rachen ein Seitengang, aus dem brandheiße Luft schlug. Sie mußten springen, um diesen Ort zu passieren. Dahinter verengte sich der Gang. Erst konnten sie noch auf allen vieren gehen, dann mußten sie robben.
Plötzlich wurde der Schlund wieder weit, sie konnten auf den Knien rutschen. Der Boden knirschte unter ihnen wie Kies, die letzte Fackel war heruntergebrannt, warf aber noch Licht genug: Sie knieten auf purem Gold.
Auch das war ihnen nicht genug. Nachdem sie den Mund und das Auge des Mazumac kennengelernt hatten, wollten sie nun auch in seine Eingeweide. Er sehe etwas, raunte Don Esteban auf einmal seinem Gefährten zu.
Guilielmo spähte ihm vergeblich über die Schulter. „Was siehst du denn?“ fragte er.
Das Ende der brennenden Fackel verbrannte Esteban schon die Finger. Plötzlich stand er auf: Die Wände waren fort, es herrschte nur tiefes Dunkel, in das die Fackel eine rötliche Grotte bohrte. Guilielmo sah, wie sein Gefährte vorwärtsschritt. Die Flamme in seiner Hand schwankte und warf gewaltige Schatten. Plötzlich erschien aus der Tiefe ein riesiges, gespenstisches Gesicht, es hing in der Luft und hielt die Augen nach unten gerichtet. Don Esteban schrie auf, es war ein furchtbarer Schrei, aber Guilielmo hatte die Worte verstanden.
Sein Gefährte hatte Jesus und die Mutter Maria angerufen, solche Worte aber rufen Männer wie Esteban nur Auge in Auge mit dem Tod. Als der Schrei verhallte, barg Guilielmo das Gesicht in den Händen. Es tat einen Donnerschlag, Flammen erfaßten ihn, und er verlor das Bewußtsein.“
Mondian Vanteneda lehnte sich zurück und blickte schweigend zwischen seinen Zuhörern ins Leere. Dunkel hob er sich vom Fenster ab, dessen Viereck sich, von den Sägezähnen des Gebirges durchschnitten, in der einfallenden Dämmerung violett färbte.
„Aus dem Oberlauf des Araquerita fischten Indianer, die auf der Hirschjagd waren, die Leiche eines weißen Mannes, der auf den Schultern eine mit Luft gefüllte Büffelhaut trug. Der Rücken war aufgeschnitten, die Rippen in Form von Flügeln nach hinten gebrochen. Die Indianer, die Angst vor den Truppen Cortez'
hatten, wollten die Leiche verbrennen, aber an ihrer Siedlung kamen berittene Kuriere Ponterones des Einäugigen vorbei, die den Toten ins Lager brachten. Man erkannte in ihm Don Guilielmo. Don Esteban ist nie zurückgekehrt.“
„Woher kennt man dann diese ganze Geschichte?“ Wie ein Mißton ließ sich diese Stimme vernehmen. Im Schein der flackernden Kerzen, die der Diener auf einem Leuchter hereinbrachte, wurde der Frager sichtbar: ein zitronenfarbenes Gesicht mit blutleeren Lippen. Es lächelte höflich.
„Ich habe am Anfang die Erzählung eines alten Indianers wiedergegeben. Er sagte, Mazumac könne mit seinem Auge alles sehen. Vielleicht hat er sich etwas mythologisch ausgedrückt,
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