Fiasko
noch ein kleines Negerdorf, direkt am Fluß. Den Fluß gibt es auf keiner Landkarte, denn dreimal jährlich verläuft er sich im Flugsand. Ein Teil seines Bettes ist unterirdisch. Ja, ein paar Lehmhütten, das Baumaterial aus Schlamm in der Sonne gebrannt. Dort hauste Nfo Tuabe. Er konnte nicht Englisch, woher auch. Ich hatte zwei Dolmetscher mit. Der erste übersetzte meine Worte in den Küstendialekt, der zweite aus diesem in die Sprache der Buschmänner. Über den ganzen Urwaldgürtel, angefangen vom sechsten Breitengrad, herrscht dort eine alte Königsfamilie. Nachfahren der Ägypter, wie ich glaube.
Sie sind größer und viel intelligenter als die Neger aus Zentralafrika. Nfo Tuabe zeichnete mir sogar eine Karte und markierte darauf die Grenzen des Königreichs. Ich habe seinen Sohn von der Schlafkrankheit geheilt. Und eben dafür…“
Ohne die Augen zu Öffnen, griff der Professor in seine Innentasche und entnahm dem Notizblock ein Blatt Papier, auf dem sich wirre, mit roter Tinte gezeichnete Linien wanden.
„Man findet sich schwer darauf zurecht… Hier ist, wie abgeschnitten, der Dschungel zu Ende. Das ist die Grenze des Königreichs. Ich fragte, was dahinter wäre. Das wollte er mir bei Nacht nicht sagen, ich mußte am Tage wiederkommen.
Erst da, in seiner stinkenden, fensterlosen Höhle — Sie können sich den Mief nicht vorstellen —, sagte er mir, dort seien Ameisen. Blinde weiße Ameisen, die große Städte bauen. Ihr Land zieht sich kilometerlang hin. Die roten Ameisen kämpfen mit den weißen. Sie ergießen sich in einem großen, lebendigen Strom aus dem Dschungel. Dann brechen die Elefanten gewundene Tunnel ins Unterholz und verlassen die Gegend in Scharen. Die Tiger und selbst die Schlangen ergreifen die Flucht. Von den Vögeln bleiben nur die Geier. Die Züge der Ameisen sind unterschiedlich: manchmal einen Monat lang, Tag und Nacht, ein einziger rostroter, lebendiger Strom, der alles vernichtet, was immer ihm im Wege steht.
Die roten Ameisen gelangen an den Rand des Dschungels, stoßen auf die Bauten der weißen, und der Kampf beginnt. Nfo Tuabe hat ihn einmal in seinem Leben gesehen.
Die roten Ameisen überwältigen die Wachen der weißen und dringen in ihre Städte ein, ohne jemals zurückzukehren. Niemand weiß, was mit ihnen geschieht. Im Jahr darauf aber kommen neue Züge durch den Dschungel. So war es zu seines Vaters, Großvaters und Urgroßvaters Zeiten, so war es immer. Da der Boden in der Stadt der weißen Ameisen fruchtbar ist, hatten ihn die Neger zu nutzen und die Bauten der Termiten auszuräuchern versucht. Sie hatten den Kampf jedoch verloren. Die Saaten wurden vernichtet, das Holz der Hütten und Gehöfte, in das die Termiten durch unterirdische Gänge drangen, von innen zerfressen, daß die ganze Konstruktion bei bloßer Berührung in sich zerfiel. Als man es mit Lehm versuchte, kamen statt der Arbeiter die Soldaten. Eben diese dort“, sagte der Professor und wies auf ein Glas.
Darin waren mit Klammern riesige Termiten an eine gläserne Platte geheftet. Es waren Soldaten, große, gleichsam verkrüppelte Geschöpfe, denn den dritten Teil des Rumpfes bedeckte ein Hornpanzer mit einem in klaffenden Scheren endenden Visier. Dieser starke Panzer schien die dünnen Beine und das Abdomen zu erdrücken. „Das ist Ihnen nichts Neues, nicht wahr? Wir wissen, daß es Landstriche gibt, wo Termiten herrschen. In Südamerika beispielsweise… Sie haben zwei Arten von Soldaten, etwas wie eine innere Polizei und Verteidiger.
Die Bauten erreichen Hohen bis zu acht Metern. Aus Sand und Ausscheidungen gebaut, bestehen sie aus einem Stoff, der härter ist als Portlandzement. Kein Stahl wird damit fertig. Augenlose, weiße, weiche Insekten, die seit Jahrmillionen vom Licht abgeschnitten leben. Packard, Schmelz und andere haben sie erforscht, aber keiner hat auch nur vermutet… Verstehen Sie? Ich habe seinen Sohn geheilt und dafür… Oh, das war ein Weiser. Er wußte, wie er seinen Dank auf königliche Weise abstatten konnte. Ein Neger mit schlohweißem Haar und aschgrauer Haut, wie eine Maske, die im Rauch gehangen hat.
„Die Hügel ziehen sich meilenweit hin“, erzählte er mir. „Die ganze Ebene ist mit ihnen bedeckt, wie ein Wald, ein toter Wald mit riesigen versteinerten Stümpfen, einer am anderen, daß man kaum zwischen ihnen durchkommt. Der Boden ist überall hart, er klingt hohl unter den Füßen und ist wie von einem
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