Fibromyalgie endlich erkennen
die die Betroffene aufgrund ihrer auf Gutmütigkeit, Hilfsbereitschaft und manchmal Selbstverleugnung angelegten Persönlichkeitsstruktur sonst nie respektieren würde.
Die Persönlichkeit bei Fibromyalgie wird allgemein als ehrgeizig, zur Perfektion neigend und äußerst korrekt beschrieben. Im Beruf gelten die meisten Betroffenen als hart arbeitend und loyal.
Diese an sich positiven Eigenschaften können im Alltags- und Berufsleben jedoch zum Handicap werden, da viele Betroffene nicht fähig sind, Nein zu sagen.
Die mit diesem Wort verbundene Zurückweisung der Wünsche anderer wäre auch ein Widerspruch zu der immer wieder bei Fibromyalgie-Betroffenen vorhandenen Tendenz, es allen recht machen zu wollen und kein unharmonisches oder feindliches Klima aufkommen zu lassen.
Dadurch bürden sie sich mehr und mehr Aufgaben auf, bis sie schließlich physisch und psychisch total erschöpft sind und zusammenbrechen.
Die Betroffenen haben oft auch Hemmungen, ihre Gefühle zu zeigen, insbesondere Wut und Zorn. Wie diese »Aggressionshemmung« zu einem gesteigerten Muskeltonus beitragen kann, haben wir am Beispiel des Kieferbefalls gezeigt.
Möglicherweise nehmen die Betroffenen ihre Gefühle auch in geringerem Maße wahr. Viele Patientinnen berichten, sie könnten sich sehr schlecht in ihren eigenen Körper einfühlen und würden nicht spüren, wenn sie sich zu viel zumuten.
Wenn der Körper wegen der Überlastung nicht mehr in der gewohnten Weise »funktioniert«, sind sie von ihm (wie von einem unzuverlässigen Fahrzeug) enttäuscht.
Gibt es frauenspezifische Krankheitsfaktoren?
Frauen im mittleren Lebensalter sind mehr als achtmal so häufig wie Männer von der Fibromyalgie betroffen. In diesem Lebensabschnitt treten wichtige hormonelle Veränderungen auf, die häufig von Beschwerden der Harnwege und Genitalorgane begleitet werden. Es kommt zu den charakteristischen Beschwerden der Menopause, teilweise besteht auch Stressinkontinenz.
Ob die hormonellen Veränderungen für den hohen Frauenanteil in dieser Altersgruppe verantwortlich sind, ist aber fraglich, da die Beschwerden schließlich in jeder Alterstufe auftreten können. Die medikamentöse Zufuhr weiblicher Hormone führt üblicherweise bei den typischen postmenopausalen Beschwerden zu einer gewissen Besserung der Symptome. Die Fibromyalgie wird durch eine Hormontherapie nicht beeinflusst. In jedem Fall sollte bei Wechseljahrsbeschwerden eine ausführliche frauenärztliche Beratung über die Vor- und Nachteile der hormonellen Therapie im individuellen Fall erfolgen und die Behandlung nach einigen Jahren auch erneut überprüft werden.
Gleichzeitig kommen in dieser Lebensphase zusätzliche seelische Belastungen und Umstellungen für die Frauen hinzu. Sie werden nicht nur mit den Vorboten des Alters konfrontiert, sondern sie erleben den Tod ihrer Eltern und verlieren mit der Ablösung der Kinder auch ihre Aufgabe als Mutter.
Keine psychische oder psychiatrische Erkrankung
An dieser Stelle soll noch einmal betont werden, dass es sich trotz des Einflusses psychischer Faktoren auf die Auslösung der Symptome bei der Fibromyalgie nicht um eine psychische Erkrankung handelt. Das wird von allen mit dieser Erkrankung befassten Ärzten und Therapeuten heute so gesehen und wurde auch in der »Kopenhagener Deklaration«, dem Konsensdokument des Internationalen Fibromyalgie- Kongresses »Myopain« 1992, festgeschrieben.
Therapie und Selbsthilfe
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Möglichkeiten der Therapie – was Sie tun können
Die Therapie des Fibromyalgie-Syndroms ist zweifellos schwierig, und die Erfolge sind individuell sehr unterschiedlich. Sie hängen sehr von der Aktivität der Betroffenen, ihrer Selbstwirksamkeit und ihren Hilfemöglichkeiten ab. Es gibt – und das wird sich kurzfristig nicht ändern – bislang keine durchschlagende Therapie, aber viele kleine Mosaiksteinchen für eine Linderung der Beschwerden und die Wiederherstellung einer lebenswerten Alltagssituation.
W ie im letzten Kapitel gezeigt wurde, sind die Ursachen der Fibromyalgie allenfalls teilweise bekannt, und es müssen vermutlich mehrere vorliegen, sodass die Erkrankung bisher nicht ursächlich behandelt werden kann. Mögliche Therapien werden also an den einzelnen Symptomen angreifen müssen und diese zu lindern versuchen. Und
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