FIDER (German Edition)
Bedrohung ist?«
Gromek schüttelt erneut seinen Kopf. »Keine weiteren Auskünfte. Die Verbindung wurde mitten im Satz unterbrochen.«
Petursson starrt einen Augenblick lang ins Leere. Dann nickt er und blickt wieder zum Leutnant auf.
»Gut. Wir haben also keine Möglichkeit, uns zurückzuziehen. Mit Unterstützung können wir ebenfalls nicht rechnen. Dann halten wir die Stellung. Da bleibt uns nichts anderes übrig.«
Gromek starrt ihn irritiert an. »Gut … gut«, stottert er dann. »Was vom ersten Zug übrig ist, hat sich inzwischen weiter draußen eingegraben. Wir bekommen Meldung, falls sich jemand unseren Stellungen nähern sollte. Unterdessen tun der Oberleutnant und ich alles, um uns aus dieser Lage zu befreien.«
Petursson grinst müde. »Da bin ich mir sicher, Herr Leutnant.«
Gromek nickt ihm noch einmal zu und zieht sich dann in den Rundgraben zurück. Es wirkt beinahe so, als flüchte er aus Peturssons Stellung.
Petursson bleibt unterdessen einfach in der Hocke. Offenbar denkt er einige Sekunden lang nach. Dann schüttelt er kurz seinen Kopf, packt seinen Rucksack und kramt eine Packung Hartkekse und etwas Streichkäse daraus hervor. Als Vinnie zurückkehrt, hat Petursson bereits die Hälfte der Hartkekse verdrückt.
»Sag nichts«, sagt Vinnie und hebt seine Hand, als Petursson zu ihm aufblickt. »Ich habe die frohe Botschaft bereits vernommen. Alle sind fassungslos. Unser ar mer Rakovsky ist sogar gleich auf die Knie gefallen und hat angefangen zu beten. Einige dachten sogar schon daran, einfach zu desertieren.«
»Begerow«, nuschelt Petursson mit vollem Mund. »Garantiert.«
»Andere sind ganz wild darauf, ihre bösen Schießgewehre zu benutzen.«
»Leisinger.«
»Und wieder anderen scheint das alles völlig egal zu sein.«
»Betzendorff.«
»Genau. Und dir mein Lieber. Mir ist nämlich völlig schleierhaft, wie man in einer solchen Situation seelenruhig auf dem Boden sitzen und Panzerplatten essen kann.« Vinnie ist offenbar kurz davor, völlig aus dem Häuschen zu geraten. »Ist dir eigentlich klar, was die von uns wollen?« Seine Stimme klettert eine ganze Oktave nach oben. »Die wollen, dass wir hier draußen draufgehen. Wir sollen hier einfach …«
»Vinnie.«
»… abwarten, bis diese Dinger zu uns kommen und …«
»Vinnie, verdammt nochmal! Jetzt mach mal Pause.«
Vinnie legt eine Pause ein. Bevor Petursson fortfahren kann, taucht Datso im Durchgang zum Kampfstand auf.
»Schöner Scheiß.«
Petursson grinst ihn an. »Guten Abend, Schütze Feldmann. Na, wieder ansprechbar?«
»Ansprechbar am Arsch. Der alte Datso will nach Hause. Diese Römer sind doch völlig verrückt. Ich hätte in meinem Kuhkaff bleiben sollen, dann bekäme ich heute hier nicht den Arsch aufgerissen. Was sollen wir denn machen, wenn diese Dinger heute Nacht wieder kommen?«
»Ich darf nicht dran denken.« Vinnie klingt wie ein verängstigtes Mädchen.
»Ihr haltet jetzt beide eure Schnauze«, sagt Petursson mit einer Seelenruhe, die die beiden Männer tatsächlich verstummen lässt. »Ich habe mir seit dieser Geschichte gestern Abend einige Gedanken gemacht. Außerdem hatte ich eine ziemlich aufschlussreiche Unterhaltung mit einem unserer Kameraden. Ich habe zwar keine Idee, was hier vor sich geht, doch ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es für uns keinen Ausweg aus dieser Situation geben wird. Zumindest nicht jetzt. Wir werden hierbleiben und das Rätsel lösen. Dabei bin ich sicher, wir müssen nicht nach der Lösung suchen. Ich glaube vielmehr, die Lösung wird uns finden. Also warten wir es ab. Wir haben keine andere Wahl.«
Datso sieht Petursson mit einem Kopfschütteln an. »Du bist ja wirklich ein abgebrühter Hund. Kaum zu glauben. Da draußen gibt es irgendeine gefährliche Infektion. Vielleicht ist sogar irgendetwa s Fieses aus den Genlaboren der Nordmänner ausgebüxt und macht hier nun die Wälder unsicher. Und du sitzt seelenruhig hier und futterst Panzerplatten. Aber du hast Recht. Wir kommen hier nicht raus. Wenn die Volksarmee den Eingang zum Kessel abgeriegelt hat, dann haben wir keine Chance.«
Petursson grinst. »Das stimmt allerdings. Es ist eine ausweglose Situation, die immer schlimmer und schlimmer wird. Tja, da müssen wir durch.«
Beinahe eine Minute lang herrscht Ruhe. Dann flattert Vinnie los wie ein aufgescheuchtes Huhn. »Alles Verrückte hier. Alles Verrückte. Ich muss sofort hier weg. Armageddon!«
Szene 57: Gesangsstunde
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