FIDER (German Edition)
welche nicht. Bei verschiedenen Kleidungsstücken sind noch nicht einmal die Funktionen diverser Druckknöpfe, Klett- oder Reißverschlüsse intuitiv erfassbar.
Betzendorff tut sich bei den Diskussionen besonders h ervor und versucht ständig, das Kommando an sich zu reißen, wie einige in rascher Folge geschnittene Szenen verdeutlichen.
»Machen wir es doch ganz einfach«, sagt Datso, um der Diskussion ein Ende zu setzen. »Der alte Datso zieht die Klamotten jetzt so an, wie er denkt. Dann machen es alle genauso und gut. Alle einheitlich, alle glücklich.«
Etwa fünfzehn Minuten und einige Wortgefechte später finden sich die Soldaten von Peturssons Stube auf dem Exerzierplatz ein. Selbstredend trägt jeder von ihnen seine e igene Interpretation einer vorschriftsmäßigen Arbeitsuniform.
Grund zur Sorge besteht deswegen nicht. Von den gut hundert neuen Rekruten der SKAV tragen kaum zwei eine exakt identische Uniform.
Eine längere Einstellung zeigt Petursson und seine Kameraden, die einige Männer identifizieren, bei denen es sich eindeutig um das Führungspersonal der SKAV handelt.
»Das sind die Ochsen«, sagt Datso und benutzt dabei die abfällige Bezeichnung der Volksarmisten für jede Form von Vorgesetzten. »Jede Wette. Erkenne die Sorte doch schon auf hundert Meter.«
»Kunststück«, sagt Petursson. »Das sind die einzigen hier, die alle die gleiche Uniform tragen. Außerdem sind sie die einzigen, die Abzeichen auf den Schulterklappen haben. Ich glaube, um die als Ochsen zu erkennen, mu ss man kein Hellseher sein. Ich frage mich vielmehr, was diese Burschen mit den Fahnen hier zu suchen haben.«
Zu beiden Seiten der Truppe haben jeweils drei Fahnenträger Aufstellung genommen.
»Was für Fahnen?«, fragt Datso.
Petursson beugt sich leicht vor und späht zur Seite. »Die von der Volksrepublik, die von der DRV und eine schwarze Fahne mit ziemlich viel Eichenlaub drauf. Und da ist noch etwas. Sieht aus wie ein Speer. Könnte auch ein Messer sein.«
»Fahne, hm?«, sagt Volkov und gibt sich keine Mühe, s ein Missfallen zu verbergen. »Was soll denn der Quatsch, hm? Sind wir hier beim Staatsempfang, oder was?«
Bild im Bild: Unteroffizier Kettler.
»Volkov gehörte zu Peturssons Stube. Der Dialog mit Volkov hatte sich von Anfang an schwierig gestaltet, denn Volkov verstand prinzipiell nur die Hälfte von allem, was man ihm sagte. Die andere Hälfte verstand er falsch. Von dem, was er falsch verstand, legte er noch einmal gut die Hälfte als Bosheit aus. Deswegen war es schon rasch zu Reibereien gekommen. Ich bin bis heute nicht ganz sicher, wie dieser Kerl überhaupt zu einem Kandidaten hatte werden können.«
Gerade bahnt sich ein neuer Streit an, als Betzendorff das Thema aufgreift.
»Fahnenträger sind Teil einer alten Militärtradition. Aber damit kann offenbar so mancher hier nichts anfangen, nicht wahr?«
Petursson atmet schon scharf ein, doch offenbar gehört Betzendorffs Ansprache zu der Hälfte der Dinge, die Volkov nicht versteht, denn er erwidert nichts.
Auch sonst droht anfangs kein Ärger. Zum Glück der Rekruten sehen die Ochsen über die teils kreative Auslegung der Kleidungsordnung hinweg. Dann kommt es jedoch zu Diskussionen. Auslöser ist die Anzahl der ehemaligen Unteroffiziere und Offiziere der Volksarmee.
Schnelle Schnitte auf verschiedene Soldaten:
Viele der Männer können nicht aus ihrer Haut und versuchen, den Rest der SKAV vorschriftsmäßig antreten zu lassen. Dabei vergessen sie ihren neuen Status als Rekruten völlig und leben ihre alten Angewohnheiten munter aus, indem sie Befehle brüllen und lautstark Gehorsam fordern. Dummerweise kommen dabei mehr als nur einmal widersprüchliche Befehle zustande. Abgesehen davon denkt niemand daran, den Befehlen des anderen zu gehorchen. Schließlich glaubt jeder, im Rang über dem anderen zu stehen, was zu weiteren Wortgefechten führt.
Ein untersetzter Mann mit hochrotem Kopf und einigem Lametta auf den Schulterklappen setzt diesen Diskussionen ein lautstarkes Ende. Nachdem er sein verbales Sperrfeuer eingestellt hat, stehen die drei Züge der Einheit tatsächlich in einige rmaßen geraden Dreierreihen auf dem Exerzierplatz.
Ein langer Zoom fängt Petursson ein.
»Nicht schlecht, der Bursche«, murmelt Petursson an Vinnie gewandt. »Der hat sich schnell Gehör verschafft.«
»Aber nicht doch«, sagt Betzendorff aus der zweiten Reihe. »Erhöhter Blutdruck, der auf übermäßigen Alkoholgenuss hinweist.
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