Fieber an Bord
Schlüsselpositionen haben. Allerdings würde ich nach dem, was ich in den letzten Monaten von meinen Leuten gesehen habe, jeden einzelnen befördern, wenn mir das möglich wäre.«
»Hier kommt noch einer, Captain«, sagte Allday und fügte hastig hinzu: »Fassen Sie ihn nicht zu hart an. Er glaubt, er tut sein Bestes.«
Orlandos große Gestalt tauchte im Morgenlicht auf. Er glänzte vor Nässe, und das Wasser lief noch an ihm herunter, als er auf die Hütten zukam.
Bolitho sah über die Bucht hinaus, aber die Schiffe waren im Dämmerlicht noch nicht auszumachen. Orlando war auf eigene Faust an Land geschwommen. Er mußte gehört haben, wie Herrick seine Befehle gab, oder jemand hatte die Nachricht von dem Fieber verbreitet. So oder so, er war gekommen. Da er nicht sprechen und auch nichts fragen konnte, blieb er nur vor Bolitho stehen und sah ihn an, als erwarte er einen Schlag ins Gesicht.
Ruhig sagte Bolitho: »Ich fürchte, eine Kajüte, in der du dir zu schaffen machen könntest, gibt es hier nicht, und für einige Zeit auch sonst sehr wenig zu tun.« Ungeduldig streckte er die Hand aus, wie Allday es oft an ihm gesehen hatte, und packte Orlandos Arm. »Deshalb übertrage ich dir also die Aufsicht über die Lebensmittelbestände.«
Dankbar ließ der Neger sich auf die Knie sinken.
Bolitho wandte sich ab, und Allday stieß den Neger mit dem Fuß an. »Steh auf, du Dummkopf!« Er grinste, um seine Rührung zu verbergen. »Siehst du denn nicht, was du dem Captain antust, Mann?«
Als die ersten Sonnenstrahlen auf die Gipfel der Berge und durch das Laub der Bäume auf die Bucht fielen, hatte Bolitho festgestellt, über wen alles er verfügen konnte. Neben Keen und Pyper standen ihm noch Sergeant Quare und der Bootsmannsmaat Jack Miller zur Seite. Von den Arbeits-kommandos waren nur zwei Marinesoldaten und sechs Matrosen an Land geblieben.
Die meisten Ve rwundeten hatten sich soweit erholt, daß sie schon wieder auf dem Schiff dienten, nur der Marinesoldat mit der Speerwunde im Bein und zwei Matrosen waren noch an Land. Wenn es noch schlimmer kam, konnte man auch sie wieder zur Arbeit heranziehen.
Keen kehrte zurück und sah zur Hütte hinüber. »Ich habe die Leute antreten lassen, Sir. Sie scheinen zu verstehen, was von ihnen erwartet wird.«
Zum Glück waren die meisten Männer wegen ihrer Fähigkeiten und ihrer Zuverlässigkeit für die Arbeit an Land ausgesucht worden. Männer wie Miller, der sich als erstklassig erwiesen hatte, auch wenn er sich in der Schlacht in einen hemmungslosen Killer verwandelte. Penneck, der Kalfaterer des Schiffes, der bei den Hütten letzte Hand angelegt hatte. Der große Böttcher, Tom Frazer, vertrauenswürdig, wenn er nicht trank. Jenner, der verträumte Amerikaner, und ein weiterer Weltenbummler, der in Frankreich geborene Lenoir; dazu der ehemalige Wildhüter Blissett. Der letztere sah in dieser neuen Isolierung höchstwahrscheinlich eine Chance, sich die Korporalstreifen zu verdienen.
»Danke.« Bolitho lächelte. »Bleiben Sie bei Ihrer Malua. Ich brauche Sie einstweilen nicht.« Er winkte Allday. »Wir gehen jetzt zur Siedlung und sprechen mit Mr. Raymond. Die Sträflinge müssen vom Dorf und von uns abgesondert werden. So können die Wachen vom Corps sie beaufsichtigen und gleichzeitig zur Verteidigung der Einfriedung und des Ankerplatzes eingesetzt werden.«
Er war selbst verwundert darüber, wie schnell seine Ideen sich in Aktionen umsetzen ließen. Es war der reine Wahnsinn. Was konnten er und eine Handvoll Männer hier ausrichten? Sobald die Eingeborenen vom Fieber dahingerafft wurden, mußte die Lage schnell unhaltbar werden. Zu einer langen Belagerung würde es gar nicht erst kommen, sondern gleich zum Massaker.
In der langgestreckten Hütte, die Gwyther als Lazarett benutzt hatte, saßen der Billyboy genannte Marinesoldat und die beiden verwundeten Matrosen. Er spürte ihre Unsicherheit, ihre neue Angst.
»Keine Sorge«, sagte Bolitho aufmunternd. »Ihr seid nicht vergessen.«
»Geht es wieder los, Sir?« fragte Billyboy.
»Können Sie eine Muskete halten?«
Der Marinesoldat nickte nachdrücklich. »Bestimmt, Sir. Mir geht's jeden Tag besser. Nur das Bein ...«
Bolitho lächelte. »Gut. Sie werden sofort bewaffnet, und ich ernenne Sie zum Waffenmeister.«
Er ging weiter, Allday an seiner Seite. Waffen? Im Fort gab es Drehbassen und einige Sechspfünder. Kaum eine nennenswerte Artillerie, aber sie konnte jeden Angreifer von der Pier fegen wie Kies von
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