Fieber - Horror
Liebesgeschichte bei Lifetime-TV. Sie waren tatsächlich verliebt, auch wenn keiner von beiden es bisher gesagt hatte; weder Hunt noch Beth hatten bis jetzt die berühmten Worte ausgesprochen. Und auch wenn Hunt nicht recht wusste, warum eigentlich nicht, so hatte er doch die Absicht, dies bald zu ändern. Nach seinen Erfahrungen mit Eileen hatte er nicht geglaubt, sich so rasch wieder auf eine neue echte Beziehung einlassen zu können, doch jetzt erkannte er, dass er sich nichts so sehr wünschte, wie den Rest seines Lebens mit Beth zu verbringen.
Vor einem Club, in dem sie sich an einem Freitagabend einen Auftritt von Jimmie Dale Gilmore angeschaut hatten, trafen sie ihren alten Kumpel wieder, den Loser-Typen im purpurnen Anzug. Es schien ihm zurzeit ziemlich gut zu gehen; und anscheinend ging er wieder seinem alten Gewerbe nach. Obwohl er Hunt und Beth offensichtlich gesehen hatte, schien er sie doch nicht zu erkennen. Hunt konnte es nur recht sein. Der Kerl gehörte nun wirklich nicht zu den Menschen, mit denen er eine Bekanntschaft pflegen wollte.
Dabei stellte Hunt fest, dass er sich unterschwellig fragte, ob das Krankenhaus, vor dem sie den »Loser« abgesetzt hatten, den Mann tatsächlich behandelt hatte, oder ob er wie ein Obdachloser aus einem Charles-Dickens-Roman fortgeschickt worden war, weil er keine Versicherung vorweisen konnte. Aber jetzt war er hier, und es schien ihm gut zu gehen, also ging Hunt davon aus, dass man die Verletzungen des Mannes behandelt hatte. Doch irgendwie hatte Hunt das Gefühl, dass der Purpur-Mann nicht zu ihm hinüberschauen würde, wenn er ihm einen Gruß zuriefe - weil er auf dem Ohr taub war, das zu behandeln man sich im ersten Krankenhaus geweigert hatte.
Hunt hatte immer noch Ärger mit seiner Versicherung wegen der Einrichtung des Hauses, das er nach wie vor gemietet hatte. Die Versicherung war der Ansicht, er sei angemessen entschädigt worden: Seine zerstörten Möbel und die anderen Besitztümer habe man durch Gleichwertiges ersetzt; für die Versicherung sei der Fall damit abgeschlossen. Doch Hunt wollte das so nicht hinnehmen und hatte Widerspruch bei der staatlichen Versicherungskommission eingelegt, um gegen diese Ungerechtigkeit anzugehen. Doch die Mühlen der Bürokratie mahlten langsam, und so wusste Hunt nicht, wann eine Entscheidung fallen würde - und ob diese zu seinen Gunsten ausfiele. Insgeheim dachte er schon darüber nach, dem Senator seines Bundesstaates, seinem Abgeordneten und seinem Kongressabgeordneten zu schreiben und dabei detaillierte Richtlinien vorzuschlagen, die seines Erachtens zum Gesetz gemacht werden sollten, damit anderen Menschen solche Beleidigungen und Misshandlungen erspart blieben.
Die Richtlinien, die Hunt vorschlagen wollte, waren logisch und sinnvoll, und ihm fiel kein Grund ein, warum jemand - außer den Versicherungsgesellschaften - etwas dagegen haben sollte. Deshalb hätte man ihn eigentlich anhören und entsprechende Maßnahmen ergreifen müssen. Aber Versicherungsgesellschaften waren reich und mächtig.
Und tief in seinem Innern glaubte Hunt auch nicht, dass sich etwas ändern würde.
2.
»Jorge!«
Er hörte seine Frau erst rufen, als er den Rasenmäher abgestellt hatte, doch an der Panik, die in ihrer schrillen Stimme mitschwang, erkannte er, dass sie schon einige Zeit nach ihm gerufen hatte.
»Jorge!«
Wenn es wirklich so wichtig war, warum kam sie dann nicht zu ihm?
Vielleicht konnte sie nicht kommen!
Er rannte los, stürmte ins Haus, ohne sich die Schuhe abzuputzen, und verschmierte Schlamm und Gras auf den Teppich, während er nach ihr rief. »Ynez? Ynez!«
Sie war nicht im Wohnzimmer und nicht im Esszimmer, das sah er sofort, doch er hörte ihre Stimme aus der Küche, zusammen mit einem sonderbaren Geräusch, das er nicht einordnen konnte.
Er rannte hinüber. Es war wie eine Filmszene, wie in einer Komödie, auch wenn eigentlich gar nichts daran komisch war. Seine Frau stand vor der Spülmaschine und versuchte verzweifelt, einen Wasserstrahl aufzuhalten, der durch den Spalt der geschlossenen Frontklappe in sämtliche Richtungen spritzte. Nicht nur der Fußboden und die Arbeitsplatte in der Küche waren nass, auch Ynez selbst war völlig durchnässt. Ihr Haar troff, als wäre sie gerade aus der Dusche gekommen, und ihr Oberteil klebte an ihrem Körper, als hätte sie an einem Wet-T-Shirt-Wettbewerb teilgenommen.
»Hilf mir!«, rief sie. »Dreh das Wasser ab! Tu doch endlich was!«
Ein eiskalter Nebel
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