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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Jeffers’ Füßen landete.
    Julian blieb in der Türöffnung stehen. Eine dünne rote Linie - kaum breiter als die Kratzspur einer Katze - lief an seiner Wange herab, wo Marsh am Abend vorher einen beträchtlichen Riß im Fleisch hinterlassen hatte. Ansonsten war er unversehrt. Er hatte Jackett und Weste ausgezogen, und das Rüschenhemd war völlig fleckenlos. »Kommen Sie herein, Captain!« sagte Julian leise. »Laufen Sie nicht weg. Kommen Sie herein und reden Sie.«
    »Sie sind tot. Mike hat Ihren gottverdammten Schädel zu Brei geschlagen«, keuchte Marsh und erstickte fast an den eigenen Worten. Er sah Julian nicht in die Augen. Es war immer noch Tag, er wäre draußen in Sicherheit, Julians Zugriff entzogen, bis die Sonne unterging, solange er nicht in diese Augen blickte, solange er nicht in die Kabine zurückkehrte.
    »Tot?« Julian lächelte. »Ach so. Die andere Kabine. Der arme Jean. Er hatte sosehr an Joshua geglaubt, und nun sehen Sie sich mal an, was Sie mit ihm getan haben. Einfach seinen Schädel eingeschlagen, sagten Sie, oder?«
    Abner Marsh kam wieder auf die Füße. »Sie haben die Kabinen getauscht«, stellte er mit heiserer Stimme fest. »Sie verdammter Teufel. Sie haben ihn überredet, in Ihrem Bett zu schlafen.«
    »Joshua und ich hatten soviel zu besprechen«, erwiderte Julian. Er machte eine winkende Geste. »Nun kommen Sie schon, Captain, ich habe keine Lust, länger zu warten. Lassen Sie uns etwas trinken.«
    »In der Hölle sollen Sie schmoren!« stieß Marsh hervor. »Heute morgen haben wir Sie vielleicht verfehlt, aber noch sind Sie nicht von diesem Schiff herunter. Mister Jeffers, laufen Sie runter und holen Sie Hairy Mike und seine Jungs. Ein Dutzend von ihnen sollte wohl reichen, denke ich.«
    »Nein«, sagte Damon Julian, »das werden Sie nicht tun.« Marsh schwang drohend seinen Stock. »Aber ja doch, ganz sicher werde ich das tun. Wollen Sie mich etwa daran hindern?«
    Julian blickte zum Himmel auf; der hatte jetzt einen tiefvioletten Farbton angenommen, der mit schwarzen Schatten durchsetzt war und für ein düsteres, ungewisses Zwielicht sorgte. »Ja«, sagte er und trat aus der Kabine hinaus ins Helle.
    Abner Marsh spürte, wie die kalte feuchte Hand des Grauens sich um sein Herz schloß. Er hob seinen Spazierstock und sagte: »Bleiben Sie stehen!« Mit einer Stimme, die plötzlich schrill geworden war. Er wich zurück. Damon Julian lächelte und ging auf ihn zu. Es war nicht mehr hell genug, dachte Marsh voller Verzweiflung.
    Und dann ertönte das Singen von Stahl auf Holz, und Jonathon Jeffers schob sich geschmeidig vor ihn, wobei er den Degen aus der Stockhülle zog und die Spitze der Stahlklinge drohend kreisen ließ. »Gehen Sie Hilfe holen, Cap’n«, sagte Jeffers leise. Er schob mit der freien Hand die Brille zurecht. »Ich werde Mister Julian solange etwas ablenken.« Leicht und gewandt, mit dem kontrollierten Tempo eines geübten Fechters, tat Jeffers einen Satz in Julians Richtung und schlug zu. Seine Klinge war ein Rapier mit doppelter Schneide und einer gefährlichen Spitze. Damon Julian warf sich noch gerade rechtzeitig zurück, und das Lächeln erstarb auf den Lippen, während der Degenhieb des Zahlmeisters nur wenige Zentimeter vor seinem Gesicht vorbeipfiff.
    »Platz da!« befahl Julian drohend.
    Jonathon Jeffers sagte nichts. Er stand in Fechthaltung da, bewegte sich auf den Fußballen vorwärts, drängte Julian zurück in Richtung der Tür zur Kapitänskabine. Er attackierte plötzlich, doch Julian war zu schnell, wich zurück und brachte sich außer Reichweite des Degens. Jeffers stieß einen ungeduldigen Zischlaut aus. Damon Julian setzte einen Fuß zurück in die Kabine und reagierte mit einem Lachen, das fast einem Raubtierfauchen glich. Seine weißen Hände kamen hoch und öffneten sich. Jeffers griff erneut an und stieß zu.
    Und Julian warf sich mit ausgestreckten Händen nach vorn.
    Abner Marsh sah alles mit an. Jeffers Stoß war genau gezielt, und Julian machte keine Anstalten, ihm auszuweichen. Die Klinge drang unterhalb des Nabels in seinen Leib ein. Julians bleiches Gesicht verzerrte sich, und ein schmerzhaftes Knurren drang aus seiner Kehle, aber er drang weiter vor. Jeffers durchbohrte ihn vollständig, während Julian sich regelrecht auf die Klinge spießte, und ehe der verblüffte Zahlmeister Zeit fand, die Klinge zurückzuziehen, legte Julian die Hände um Jeffers Kehle. Jeffers würgte einen furchtbaren Laut hervor, und die Augen quollen

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