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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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verengten sich drohend, und er schlug sich noch härter mit dem Eisenknüppel in die flache Hand. Er tat zwei schnelle Schritte, trat dabei in den Feuerschein aus dem Ofen, stand da, umflossen vom Licht der wabernden Flammen, und starrte auf die brennende Leiche. Schließlich drehte er sich wieder zu Sour Billy um. »Der ist es nur«, stellte er fest. »Da hast du Glück gehabt. Wenn es der Cap’n oder Jeffers gewesen wäre, dann hätte ich dir jeden Knochen gebrochen, ehe ich dich endgültig getötet hätte. Nun fährst du ohne Aufenthalt direkt in die Hölle.«
    »Nein«, sagte Joshua York erneut. Er stellte sich wieder vor den Maat. »Verschwinden Sie von meinem Schiff!« befahl er. »Sie sind entlassen!«
    Hairy Mike Dunne wischte ihn lässig aus dem Weg. »Halten Sie sich da raus, Cap’n! Ein fairer Kampf, nur ich und er. Wenn er mich schafft, dann ist er Maat. Aber wenn ich ihm den Schädel einschlage, dann werden Sie und ich zu Cap’n Marsh gehen und klären, wer dieses Schiff wirklich führt.«
    Sour Billy griff an die Nackenscheide und holte sein Messer hervor.
    Joshua York blickte verzweifelt von einem zum anderen. Die übrigen Männer waren zurückgewichen und feuerten Hairy Mike mit lauten Rufen an. Kurt machte ein paar geschmeidige Schritte in den Ring und zog Joshua York aus dem Weg, damit er sich nicht einmischte.
    Ins Licht des Ofens getaucht, sah Hairy Mike Dunne aus wie ein Wesen direkt aus der Hölle, umwallt vom Rauch, die Haut glühend und rot leuchtend, das Wasser in den Haaren, den Knüppel drohend erhoben, als er sich seinem Gegner näherte. Er lächelte. »Ich hab’ schon oft gegen Jungs mit Messern gekämpft«, sagte er und unterstrich jedes seiner Worte mit einem klatschenden Schlag in die offene Hand. »Eine ganze Menge miese kleine schmutzige Jungs.« Klatsch. »Und ich hab’ auch schon mal ein Messer zwischen die Rippen gekriegt.« Klatsch. »So ein Schnitt heilt schnell, Sour Billy.« Klatsch. »Aber ein eingeschlagener Schädel, das ist schon was anderes.« Klatsch. Klatsch. Klatsch.
    Billy war dauernd zurückgewichen, bis er mit dem Rücken gegen einen Kistenstapel stieß. Das Messer lag ihm locker in der Hand. Hairy Mike sah, daß er ihn in die Enge getrieben hatte, und grinste, holte mit dem Eisenknüppel aus. Und stürmte mit einem lauten Schrei los.
    Und Sour Billy Tipton drehte das Messer in der Hand und schickte es mit einer schnellen Bewegung auf die Reise. Es erwischte Hairy Mike genau unterm Kinn, bohrte sich durch den Schnurrbart und grub sich in seinen Kopf. Der Maat sank auf die Knie, Blut strömte ihm aus dem Mund, dann fiel er nach vorn auf das Deck.
    »Na ja«, sagte Sour Billy und schlenderte zu der Leiche hinüber. Er trat ihr gegen den Kopf. Er lächelte überheblich wegen der Nigger und der Fremden und wegen Kurt, aber hauptsächlich wegen Joshua York. »Na ja«, wiederholte er, »ich denke, damit bin ich der neue Maat.«

KAPITEL EINUNDZWANZIG
 
St. Louis, September 1857
     
     
    A bner Marsh schlug die Tür heftig hinter sich zu, als er in das in der Pine Street gelegene Büro der Fevre River Packet Company stürmte. »Wo ist sie?« verlangte Marsh zu wissen, eilte mit schnellen Schritten durch den Raum und beugte sich über das Pult, um den erschrockenen Agenten drohend anzublicken. Eine Fliege umkreiste summend seinen Kopf, und Marsh verscheuchte sie mit einer ungeduldigen Geste. »Ich fragte. Wo ist sie? «
    Der Agent war ein hagerer dunkler junger Mann in einem gestreiften Hemd und mit grünem Augenschirm. Er wirkte sehr nervös. »Nanu«, sagte er, »nanu, Cap’n Marsh, also das ist wirklich eine freudige Überraschung, ich hätte nie angenommen, das heißt, wir haben Sie noch gar nicht erwartet, Cap’n, aber überhaupt nicht. Ist die Fiebertraum eingelaufen, Cap’n?«
    Abner Marsh schnaubte, richtete sich auf und stieß seinen Spazierstock wütend auf den nackten Holzfußboden. »Mister Green«, sagte er, »unterbrechen Sie Ihr verdammtes Gestammel und passen Sie gut auf. Ich habe Sie gefragt: Wo ist sie? Also, was meinen Sie denn, wonach ich wohl gefragt habe, Mister Green?« Der Agent schluckte. »Ich glaube, das weiß ich nicht, Cap’n.«
    »Nach der Fiebertraum !« brüllte Marsh mit gerötetem Gesicht. »Ich will wissen, wo sie ist! Unten an der Anlegestelle ist sie nicht, soviel weiß ich, denn ich habe noch Augen im Kopf. Und ich habe sie auch sonst nirgendwo auf dem Fluß gesehen. Ist sie eingelaufen und gleich wieder weitergefahren? Ist

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