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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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gottverdammt alt auszusehen. Er überquerte die Straße, um einer Schlange von Männern vor einer Tanzhalle auszuweichen, die dicke Eichenknüppel in den Händen hielten, und stand plötzlich vor dem Green Tree .
    Es war eine Tanzhalle wie alle anderen, ein Höllenloch, das von anderen Höllenlöchern umgeben war. Marsh drängte sich hinein. Das Innere war verraucht, überfüllt und lag im Halbdunkel. Paare bewegten sich durch den bläulichen Dunst, drehten sich im Rhythmus zu der primitiven lauten Musik. Einer der Männer, ein rundlicher unrasierter Bursche in einem roten Flanellhemd, stolperte mit einer Partnerin über den Tanzboden, die aussah, als wäre sie ohnmächtig. Der Mann drückte und massierte ihre Brust durch das dünne Kalikokleid, während er sie stützte und mit sich schleifte. Die anderen Tänzer beachteten das Paar nicht. Die Frauen waren typische Tanzhallenmädchen in verblichenen Kalikokleidern und mit ausgefransten Schuhen an den Füßen. Während Marsh sich suchend umsah, stolperte der Mann im roten Hemd, ließ seine Partnerin fallen und stürzte auf sie; brüllendes Gelächter brandete auf. Er fluchte und kam schwankend wieder auf die Füße, während die Frau liegenblieb. Dann, während das Gelächter versiegte, beugte er sich über sie und packte ihr Kleid vor der Brust und zog daran. Der Stoff zerriß, und er fetzte ihr das Kleidungsstück vom Leib und schleuderte es grinsend beiseite. Sie trug nichts darunter als einen roten Strumpfhalter um einen strammen weißen Oberschenkel, mit einem kleinen Dolch darin. Der Griff war rosafarben und herzförmig. Der Mann in dem roten Hemd knöpfte sich bereits die Hose auf, als zwei Rausschmeißer sich von beiden Seiten auf ihn zubewegten. Es waren massige rotgesichtige Männer mit Messingschlagringen und dicken Holzknüppeln. »Geh mit ihr nach oben!« knurrte einer von ihnen. Der Mann im roten Hemd fluchte los, lud sich aber die Frau auf die Schulter und stolperte mit ihr davon, begleitet von weiterem Gelächter.
    »Wolln Se tanzen, Mister?« raunte eine lallende Frauenstimme in Marshs Ohr. Er drehte sich um und sah sie drohend an. Die Frau wog sicherlich genausoviel wie er. Sie war teigig weiß und nackt, wie sie zur Welt gekommen war, bis auf einen schmalen Ledergürtel, an dem zwei Messer hingen. Sie lächelte und streichelte Marshs Wangen, ehe er sich brüsk von ihr abwandte und seinen Weg durch das Gedränge fortsetzte. Er machte eine Runde durch den Raum auf der Suche nach Joshua. In einer besonders lauten Ecke hatte sich ein Dutzend Männer um eine Holzkiste versammelt, rülpste und brüllte, während man einen Rattenkampf verfolgte. An der Bar standen die Männer in zwei Reihen, und fast jeder von ihnen war bewaffnet und machte eine gefährlichen Eindruck. Marsh murmelte in einem fort Entschuldigungen und schob sich an einem ziemlich windig aussehenden Burschen vorbei, der sich eine Garotte an den Gürtel gehängt hatte und angeregt mit einem Mann sprach, der ein Pistolenhalfter trug. Der Mann mit der Garotte verstummte und beäugte Marsh argwöhnisch, bis der andere ihm etwas zurief und er sich wieder in seine Unterhaltung vertiefte. »Whiskey!« verlangte Marsh und lehnte sich an die Bar.
    »Dieser Whiskey wird Ihnen ein Loch in den Magen brennen, Abner«, sagte der Barkeeper leise, wobei seine Stimme sogar den ohrenbetäubenden Lärm in der Halle durchdrang. Abner Marshs Mund klappte auf. Der Mann hinter der Bar, der ihn anlächelte, trug eine ausgebeulte grobe Hose, die durch einen Strick als Gürtel gehalten wurde, ein weißes Hemd, das so schmutzig war, daß es eher grau wirkte, und eine schwarze Weste. Aber das Gesicht war dasselbe wie vor dreizehn Jahren, bleich und faltenlos, eingerahmt von jenem glatten weißen Haar, das nun ein wenig zerzaust wirkte. Joshua Yorks Augen schienen im Halbdunkel der Tanzhalle von innen zu leuchten. Er streckte eine Hand über die Bartheke und ergriff Marshs Arm. »Kommen Sie mit nach oben«, sagte er drängend, »dort können wir reden.«
    Als er um die Bar herumkam, starrte der andere Barkeeper ihn an, und ein drahtiger kleiner Mann in einem dunklen Anzug kam herangewieselt und sagte: »Wo, zum Teufel, gehst du hin? Zurück hinter die Theke, und schenk Whiskey aus!«
    »Ich kündige«, erwiderte Joshua.
    »Kündigen? Ich schlitz dir die verdammte Gurgel auf!«
    »Wirklich?« fragte Joshua. Er wartete, schaute sich in dem plötzlich still gewordenen Raum um und forderte alle nur mit seinen Blicken

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