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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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kommt mir nichts auf die Fiebertraum . Niemand wird mein Boot mit diesem Zeug verpesten, verstanden?«
    Jeffers sah ihn abschätzend von der Seite an. »Also, Cap’n, wenn wir nicht ins Sklavengeschäft mit einsteigen, dann verzichten wir auf einen ganz schönen Haufen Geld. Sie reden ja fast wie ein Abolitionist.«
    »Ich bin kein verfluchter Abolitionist«, widersprach Marsh hitzig, »aber es ist mir ernst mit dem, was ich gesagt habe. Wenn jemand ein oder zwei Sklaven mitnehmen will, als Diener oder so, dann ist das in Ordnung. Sie bekommen von mir eine Kabinen-Passage oder auch nur eine an Deck, das ist mir gleich. Aber wir befördern sie nicht als Fracht, von irgendeinem gottverdammten Händler zusammengekettet.«
    Am siebten Abend in New Orleans war Abner Marsh die Stadt seltsam leid, und er wartete ungeduldig darauf, daß sie ablegen konnten. An diesem Abend kam Joshua York mit einigen Flußkarten zum Abendessen. Seit ihrer Ankunft hatte Marsh seinen Partner nur selten zu Gesicht bekommen. »Wie gefällt Ihnen New Orleans?« fragte Marsh, während York Platz nahm.
    »Die Stadt ist wunderschön«, antwortete York mit einer merkwürdig bedrückten Stimme, so daß Marsh von dem Brötchen aufblickte, das er gerade mit Butter bestrich. »Ich empfinde nichts als Bewunderung für das Vieux Carré. Es ist so völlig anders als andere Flußstädte, die wir gesehen haben, fast europäisch, und einige Häuser im amerikanischen Teil sind ähnlich prachtvoll. Nichtsdestoweniger gefällt es mir hier nicht.«
    Marsh runzelte die Stirn. »Warum das?«
    »Ich habe ein unangenehmes Gefühl, Abner. Die Stadt - die Hitze, die hellen Farben, die Gerüche, die Sklaven - es ist alles so lebendig, dieses New Orleans, aber im Kern, so glaube ich, ist es krank und verfault. Alles ist so vielfältig und schön hier, die Küche, die Sitten, die Architektur, aber dahinter ist dies . . . « Er schüttelte den Kopf. »Man sieht all diese bezaubernden Hausgärten, jeder mit einem kunstvollen Brunnen in der Mitte. Und dann beobachtet man fliegende Händler, die Flußwasser aus Fässern verkaufen, und man muß begreifen, daß das Brunnenwasser nicht trinkbar ist. Man genießt die wohlschmeckenden Saucen und das Aroma der Speisen, und dann erfährt man, daß die Gewürze hinzugefügt werden, um zu verbergen, daß das Fleisch bereits schlecht geworden ist. Man wandert durch die St.-Louis-Börse und erfreut sich an all dem Marmor und an der wundervollen Kuppel, durch die das Licht in den Rundbau fällt, und dann wird man darauf aufmerksam gemacht, daß man sich in einem berühmten Sklavenmarkt aufhält, in dem Menschen wie Vieh versteigert werden. Sogar die Friedhöfe hier sind von besonderer Schönheit. Keine einfachen Grabsteine oder Holzkreuze, sondern große Marmormausoleen, eines prächtiger als das andere, mit einer Statue darauf und feingeistigen, poetischen Inschriften. Doch in jedem liegt ein verfaulender Kadaver, voll von Maden und Würmern. Sie müssen in Steinbauwerken aufbewahrt werden, weil der Untergrund noch nicht einmal zum Bestatten der Toten taugt und weil die Gräber sich mit Wasser füllen. Und die Pestilenz hängt wie ein drohender Schatten über der Stadt.
    Nein, Abner«, sagte Joshua mit einem merkwürdig fernen Blick in den grauen Augen, »ich liebe die Schönheit, aber manchmal enthält das Schöne in seinem Kern etwas Widerwärtiges und Böses. Je eher wir diese Stadt verlassen, desto lieber ist es mir.«
    »Teufel auch«, sagte Abner Marsh. »Ich will verdammt sein, wenn ich wüßte warum, aber ich empfinde genauso. Keine Sorge, wir können schon bald wieder ablegen.«
    Joshua York verzog das Gesicht. »Gut«, sagte er. »Aber vorher ist noch ein Letztes zu erledigen.« Er schob seinen Teller beiseite und faltete die Karte auseinander, die er mitgebracht hatte. »Morgen, kurz vor Einbruch der Dunkelheit, möchte ich mit der Fiebertraum flußabwärts fahren.«
    »Flußabwärts?« fragte Marsh verblüfft. »Zum Teufel, den Fluß hinunter gibt es nichts für uns. Ein paar Plantagen, viele Cajuns, Sümpfe und Bayous und dann der Golf.«
    »Sehen Sie«, sagte York. Sein Finger fuhr am Mississippi entlang. »Wir folgen dem Fluß bis etwa hier unten, dann fahren wir in dieses Bayou und dringen etwa ein halbes Dutzend Meilen darauf vor bis dort. Wir werden nicht lange dafür brauchen, und wir können am nächsten Abend schon zurück sein und unsere Passagiere für St. Louis aufnehmen. Ich möchte nämlich an dieser

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