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Fiebertraum

Fiebertraum

Titel: Fiebertraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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Stelle kurz anlegen.« Er klopfte mit dem Finger auf den Punkt.
    Abner Marshs Hammelkotelett wurde serviert, aber er beachtete es nicht, sondern beugte sich vor, um erkennen zu können, auf welche Stelle Joshuas Finger zeigte.
    »Cypress Landing«, las er von der Karte ab. »Nun, ich weiß nicht.« Er schaute sich in der Hauptkabine um, die ohne Passagiere an Bord nun zu drei Vierteln unbesetzt war. Karl Framm, Whitey Blake und Jack Ely nahmen am anderen Ende des Tisches ihre Mahlzeit ein. »Mister Framm«, rief Marsh, »kommen Sie doch mal kurz her.« Als Framm bei ihnen erschien, erklärte Marsh die Route, die York ihm gezeigt hatte. »Können Sie uns flußabwärts in dieses Bayou bringen? Oder liegen wir zu tief?«
    Framm hob die Schultern. »Einige Bayous sind ziemlich breit und tief, andere kann man nicht einmal mit einer Jolle befahren, geschweige mit einem Dampfschiff. Aber wahrscheinlich schaffe ich es. Dort unten gibt es Anlegestellen und Plantagen, und andere Raddampfer verkehren dort. Allerdings sind die meisten nicht so groß wie unsere Lady. Es wird eine langsame Fahrt, das ist klar. Wir müssen den ganzen Weg loten und uns vor Sandbänken und Untiefen in acht nehmen, und wahrscheinlich müssen wir auch einige Baumäste absägen, wenn wir nicht wollen, daß sie unsere Schornsteine abrasieren.« Er beugte sich vor, um einen Blick auf die Karte zu werfen. »Wohin soll’s denn gehen? Ich war ein- oder zweimal da unten.«
    »Die Stelle heißt Cypress Landing«, meinte Marsh.
    Framm schürzte nachdenklich die Lippen. »Das dürfte nicht zu schwierig sein. Das ist die alte Garoux-Plantage. Früher haben die Dampfboote dort regelmäßig angelegt und Süßkartoffeln und Zuckerrohr für New Orleans geladen. Dann ist Garoux gestorben, er und seine ganze Familie, und Cypress Landing wurde praktisch vergessen. Allerdings, wenn ich es recht bedenke, erzählt man sich über diese Gegend einige seltsame Geschichten. Warum wollen wir dorthin?«
    »Eine persönliche Angelegenheit«, sagte Joshua York. »Sorgen Sie nur dafür, daß wir wirklich dorthin kommen, Mister Framm. Wir legen morgen am frühen Abend ab.«
    »Sie sind der Cap’n«, sagte Framm. Er ging wieder zu seinem Platz und setzte seine Mahlzeit fort.
    »Wo, zum Teufel, ist meine Milch?« beschwerte Abner Marsh sich. Er schaute sich um. Der Kellner, ein schlanker junger Neger, drückte sich an der Küchentür herum. »Bring endlich mein Abendessen«, brüllte Marsh ihn an, und der Junge schrak sichtlich zusammen. Marsh wandte sich wieder York zu. »Dieser Abstecher«, sagte er. »Hat der - mit dem zu tun, wovon Sie mir erzählt haben?«
    »Ja«, antwortete York knapp.
    »Gefährlich?« fragte Marsh.
    Joshua York zuckte die Achseln.
    »Mir gefällt das nicht«, sagte Marsh, »diese Sache mit den Vampiren.« Er senkte die Stimme zu einem Flüstern, als er Vampire aussprach.
    »Es wird bald vorüber sein, Abner. Ich werde dieser Plantage einen Besuch abstatten, dort etwas erledigen, ein paar Freunde mitbringen, und das dürfte dann das Ende sein.«
    »Dann lassen Sie mich mitgehen«, sagte Marsh. »Zu der Erledigung dieser Angelegenheit. Ich will nicht soweit gehen und sagen, daß ich Ihnen nicht glaube, aber es fiele mir leichter, Ihre ganze Geschichte zu glauben, wenn ich einen von ihnen - Sie wissen wen - mit eigenen Augen sehen könnte.«
    Joshua schaute ihn an. Marsh blickte ihm kurz in die Augen, und irgend etwas war in ihnen, das nach ihm zu greifen, ihn zu packen schien, und plötzlich, ohne es bewußt zu wollen, mußte er wegschauen. Joshua faltete die Flußkarte zusammen. »Ich glaube nicht, daß das klug wäre«, sagte er, »aber ich werde darüber nachdenken. Entschuldigen Sie mich. Ich habe noch zu tun.« Er erhob sich und verließ den Tisch.
    Marsh schaute ihm nach und fragte sich, was zwischen ihnen beiden soeben stattgefunden hatte. »Verdammter Kerl«, murmelte er schließlich und wandte seine Aufmerksamkeit dem Hammelkotelett auf seinem Teller zu.
    Stunden später bekam Abner Marsh Besuch.
    Er lag in seiner Kabine und versuchte zu schlafen. Das leise Klopfen an der Tür weckte ihn, als wäre es ein Donnerschlag gewesen, und Marsh spürte, wie sein Herz raste. Aus irgendeinem Grund hatte er plötzlich Angst. In der Kabine war es stockfinster. »Wer ist da?« rief er. »Verdammt noch mal!«
    »Nur Toby, Cap’n« kam die leise geflüsterte Antwort.
    Marshs Angst verflüchtigte sich plötzlich und erschien ihm lächerlich. Toby Lanyard war

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