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Fiese Finsterlinge

Fiese Finsterlinge

Titel: Fiese Finsterlinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce; Stefanidis Buckingham
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fragte Lilli.
    »Ein Dämon.«
    »Wo?«
    Richie drehte sich im Kreis, suchte die Decks der Yakima ab. Er hatte ein Gespür für Dämonen. Bevor er Nate begegnet war, hatte sich dies nur als vages, flüchtiges Gefühl geäußert. Manchmal hatte er brabbelndes Geflüster vernommen, das niemand außer ihm hörte. Manchmal hatte er lebendige Schatten gesehen. Und sich für verrückt gehalten. Nun aber bestand kein Zweifel mehr an seiner Wahrnehmung. Er hatte gelernt, ihre Gegenwart zu spüren. Er hörte und sah sie ganz deutlich – Nate hatte es ihm beigebracht. Er war nicht verrückt. Er war einfach nur ein junger Bursche, der das Chaos spüren konnte, wenn es in Gestalt eines Geruchs, eines Geräuschs, eines Anblicks oder einer festen Manifestation daherkam.
    Er schauderte. »Der Dämon ist überall.«
    »Das ist doch lächerlich«, sagte Lilli. »Wie soll er denn überall…«
    Plötzlich neigte sich die Fähre nach vorn, der Bug schoss ins Wasser hinab, das Heck hob sich. Die Menschen schrien und rannten ans Schiffsende, während das Gefährt begann, sich langsam auf die Nase zu stellen.
    Richie sprang zur Reling zurück und blickte hinaus in die Bucht. Lilli packte sein Sweatshirt und versuchte ihn zurückzureißen, während die Yakima erzitterte und immer weiter in Schieflage geriet.

    »Weg von der Reling, du Trottel!«
    Richie machte sich nicht die Mühe zu antworten, sondern deutete nur nach hinten. Das Wasser am Heck veränderte sich. Es verdichtete sich zu einer halbfesten Gestalt, die anschwellenden Wellen bildeten lastwagengroße Wasserhände. Sie glitten tiefer unter das hintere Ende der Fähre und drückten es immer weiter in die Höhe. Niemand an Bord – außer Lilli – war imstande, sie zu erkennen. Für die Passagiere sah es so aus, als hätten sich plötzlich zwei seltsam geformte Wellen gebildet.
    »Was ist das?«, japste Lilli.
    »Der Plansch!«
    »Was ist der Plansch?«
    »Keine Ahnung. Hab ich mir gerade ausgedacht!«
    Aus dem Schiffsbauch erklang ein schrilles, markerschütterndes Ka-schink, als das erste Auto auf dem Fahrzeugdeck, ein großer Hummer SUV, die Kette am vorderen Ende der aufgerichteten Fähre durchbrach. Das Auto stürzte mit einem ohrenbetäubenden Platsch ins Wasser. Dahinter rollten weitere Fahrzeuge nach vorn und krachten ineinander, VWs, Toyotas und Fords, alles verkeilte sich ineinander. Autos, deren Eigentümer die Handbremse angezogen hatten, so wie es die Hinweisschilder auf der Fähre vorschrieben, blieben zunächst stehen, wurden aber langsam von den Fahrzeugen vorangeschoben, deren Eigentümer den Hinweis ignoriert hatten.
    Eine Frau ließ in der panischen Menschenmenge zwei dampfende Kaffeebecher fallen. »Meine Kinder sitzen da unten im Van!«, schrie sie. Sie konnte die Treppe zum Autodeck nicht erreichen – zu viele Leute drängten in die
entgegengesetzte Richtung. Aber Richie erkannte, dass er die Treppe von seiner Position aus erreichen könnte. Er sah Lilli an.
    »Tu es nicht«, warnte sie ihn. »Du bist bloß ein dreizehnjähriger Junge, kein Held.«
    Richie sah sie stirnrunzelnd an, dann stürmte er zur Treppe.
    »Warte, verdammt noch mal!«, rief Lilli und eilte ihm nach.
    Richie stürmte aus dem Treppenschacht hinaus aufs Autodeck. Es war an beiden Enden offen, damit die Autos herein- und herausfahren konnten, aber an den Seiten war es geschlossen, und darüber lagen die beiden Passagierdecks.
    Die Autos verrutschten, stießen krachend ineinander und rollten langsam, aber sicher auf die Wassermassen am Bug zu, während das Heck der Yakima immer höher stieg. Menschen waren nirgendwo zu sehen. Richie zögerte. Mit all den großen herabrutschenden Autos glich das Deck einem gigantischen Fleischwolf. Es war lebensgefährlich hier unten. Richie zuckte zusammen, als er am Bug eine Reihe von Harley-Davidson-Motorrädern und einen Porsche ins Wasser stürzen sah.
    »Oh Mann, was für eine Schande.«
    Lilli eilte heran. »Das ist Wahnsinn! Lass uns verschwinden! «

    »Da ist er!« Richie deutete auf einen blauen, zur Seite geneigten Minivan, der, auf halbem Weg das Deck hinauf, zwischen einem aufgemotzten Truck und einem kleinen Hybrid-Auto feststeckte. Drei kleine Gesichter starrten
entsetzt aus dem Beifahrerfenster, während der Wagen langsam auf die Seite kippte und unablässig Meter um Meter voranrutschte. Das kleinste der Kinder, ein Junge, trug eine Baseballkappe der Seattle Mariners.
    »Ich kann sie erreichen«, sagte Richie. Er kletterte über einen

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