Fieses Karma
Es war ein so herber Schlag für unser Selbstbewusstsein, dass ich gar nicht mehr daran denken will. Jade war ganz sicher gewesen, dass Masons Wahl und die Tatsache, dass ich nicht nur seine Freundin bin, sondern auch seine Kampagne gemanagt hatte, uns Zugang zur Apartment-Party verschaffen würde. Doch offensichtlich spielt schulisches Engagement in dem Spiel, wer an unserer Schule beliebt ist, keine große Rolle. Vermutlich hätte man selbst John F. Kennedy den Zutritt zum Apartment verweigert.
»Ich weiß nicht«, sage ich zögernd zu Jade. »Ich will nicht noch mal so eine Demütigung erleben, falls sie uns wieder nicht reinlassen.«
»Das wird nicht passieren«, beharrt sie. »Wenn Mason eingeladen wird – was er mit Sicherheit wird, sobald der Artikel die Runde macht –, können wir uns in seinem Glanz sonnen.«
Ich lege auf und versuche, mich wieder auf mein Geschichtsbuch zu konzentrieren, aber meine Gedanken schweifen immerwieder zu Jades Worten zurück. Kann es wirklich sein, dass wir nur wegen eines kleinen Artikels in einer Zeitschrift Zugang zur Apartment-Party bekommen?
Vielleicht waren meine Fantasien ja doch nicht so verkehrt. Vielleicht wird dieser kleine Artikel uns zum beliebtesten Pärchen der Schule machen. Vielleicht wird sogar Heather Campbell mich irgendwann anrufen, um sich von mir in Sachen neuester Frühlingsmode beraten zu lassen, und mich fragen, wo sie sich ihre Fingernägel machen lassen soll und wie man einen so tollen Freund wie Mason findet. Ich würde es sogar verstehen. Schließlich bin ich jetzt so was wie eine Journalistin. Wer würde keine Ratschläge von jemandem haben wollen, dessen Gedanken in Trend Girl veröffentlicht wurden?
Plötzlich kommt mir die Französische Revolution unwichtig vor im Vergleich zu meiner eigenen Thronbesteigung. Ich lege das Geschichtsbuch beiseite und öffne meinen begehbaren Kleiderschrank, um für morgen das schickste Outfit rauszusuchen, das ich besitze.
Ihre Majestät -
Heather Campbell
Königin der Colonial Highschool
Mein ganzes Leben lang wollte ich beliebt sein.
Keine Ahnung, woher dieses drängende Verlangen kommt, aber schon als kleines Mädchen fand ich das Leben, das die »In«-Clique an unserer Highschool führt, glamouröser als alles andere, was ich mir vorstellen kann.
Dann traf ich in der sechsten Klasse Heather Campbell, und als ich sie sah, wusste ich, dass ich genauso sein wollte wie sie. Ihre Haare waren vollkommen glatt, ihre Zähne vollkommen ebenmäßig, ihr Make-up sah aus, als würde sie geradewegs aus dem Kosmetikstudio kommen, und sie war angezogen wie in einem Fashionmagazin. Sie war einfach wunderschön.
Über die Jahre wurde mir dann klar, dass es an jeder Highschool in jedem einzelnen Bundesstaat eine Heather Campbell gibt. Ein Mädchen, das ganz einfach mit dem Beliebtheitsgen geboren wird … und das in perfekt sitzenden knallengen Jeans zur Welt kommt.
Meine Mutter versucht mich immer wieder zu trösten. Sie sagt, dass Mädchen wie Heather Campbell den Höhepunkt ihres Lebens oft früh erreichen und dann schnell verblühen. Das ist der Grund, warum sie jetzt so viel besser aussieht als alle anderen. Bei unserem ersten Klassentreffen in zehn Jahren werde ich viel hübscher sein als sie. Worauf ich immer dasselbe antworte: »Ich will aber nicht in zehn Jahren hübsch sein. Ich will jetzt gut aussehen.«
Denn was nützt es mir zu wissen, dass ich mit siebenundzwanzig vielleicht – oder auch nicht – umwerfend aussehe? Schließlich kann ich mir doch nicht jeden Tag in der Schule ein großes Pappschild um den Hals hängen, auf dem steht: »Glaubt mir, in zehn Jahren sehe ich so aus.« Und dazu das Foto eines Supermodels.
Heather Campbell ist ganz einfach schön wie eine junge Göttin, und ich glaube einfach nicht, dass das je anders sein wird … egal wie alt sie wird. Sie hat langes, seidiges rotbraunes Haar und eine perfekte Sonnenbräune, die aussieht, als hätte ihre Mutter sie im Solarium zur Welt gebracht.
Und außerdem bin ich auch ziemlich sicher, dass sie keine Jungfrau mehr ist. Ein paar Mal hat sie garantiert schon hinter sich.
Im Gegensatz dazu bin ich noch Jungfrau. Okay, ich bin jetzt schon seit zwei Jahren mit Mason zusammen, also worauf zum Teufel warte ich noch, stimmt’s? Na ja, eigentlich bin ich mir selbst nicht ganz sicher, worauf ich warte. Wahrscheinlich darauf, dass es sich »richtig« anfühlt. Bisher fehlt das nämlich. Vielleicht wird es anders, wenn wir nächstes Jahr nach
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