Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
sich in seinem Sessel um; vielleicht tat er das zu schnell, denn ihm
wurde schwindelig. Es dauerte einen Moment, bis er Louis scharf vor sich sah
– und als dies passierte, als der Raum wieder normal erschien, bemerkte
er, dass der Mann neben einem großen Fernseher stand.
„Ich
möchte, dass Sie von vorn anfangen,” sagte Louis. „Ich will Daten, Fakten,
Zahlen. Ich will die Geschäftsbedingungen hören, ich will die Aufgabe eines
jeden einzelnen bei dieser Übernahme erfahren – das schließt Sie ein,
George, Celina, Jack Douglas, den gesamten Vorstand. Aber am wichtigsten für
mich ist zu erfahren, warum Redman das überhaupt macht. Ich möchte wissen,
weshalb er eine Firma übernimmt, deren Profite seit dem Chaos im Nahen Osten
drastisch zurückgegangen sind. Ich will wissen, warum er zweimal so viel zahlt,
wie WestTex wert ist, wenn er nur zu gut weiß, dass deren Profite im Keller
sind – tief im Keller – und er die $10 Milliarden, die er dafür
ausgeben wird, aller Wahrscheinlichkeit nach nicht rechtfertigen kann. Es muss
etwas so Gewinnbringendes an der ganzen Sache sein, wofür er all das aufs Spiel
zu setzen bereit ist, für das er sein Leben lang gearbeitet hat – und ich
will wissen, was das ist – und zwar jetzt –, denn die Uhr tickt.”
Die
beiden Männer starrten einander an. Louis nippte an seinem Glas; er strahlte
Selbstvertrauen aus und erinnerte an jemanden, der zum letzten Schlag ausholt.
Aber
Harold stand auf. Das konnte er George nicht antun. Er konnte nicht zulassen,
dass dies weitere Kreise zog als die, die es schon gezogen hatte. Er ging auf
die Türen auf der gegenüberliegenden Seite des Zimmers zu.
Versuchte
zu gehen.
Seine
Gelenke wurden auf seltsame Weise schwach, die Muskeln in seinen Beinen
vermochten ihn nicht zu tragen. Eine zweite Welle von Schwindel überkam ihn. Er
schwankte nach rechts und streckte einen Arm nach einem Chippendale-Tisch aus,
um sich darauf zu stützen.
Versuchte,
einen Arm auszustrecken.
Die
Welt wurde schemenhaft, und er stürzte auf den Fußboden.
„Was
ist los mit Ihnen?”
Harold
schloss die Augen; der Druck in seinem Kopf nahm zu. Er versuchte, einen Anfall
von Übelkeit abzuschütteln, aber es gelang ihm nicht, und er legte eine Hand
auf seinen Mund. Er erbrach sich durch die Finger und auf seine Kleidung, er
kotzte auf Louis’ unbezahlbaren Aubusson-Teppich.
Ryan
machte einen zögerlichen Schritt nach vorne und wusste nicht, was er tun
sollte. Harold blickte auf seine Hand, die mit Erbrochenem verschmiert war; er
starrte sie an, als käme sie von einer anderen Welt, aus einer anderen Zeit.
Der Geruch drang in seine Nase, sein Magen zog sich zusammen, er krümmte sich
wieder und würgte.
Und
plötzlich dämmerte es Louis.
„Sie
sind süchtig danach, nicht wahr, Harold?” sagte er. „Sie sind süchtig nach was
immer Sie auch nehmen. Wie lange ist es denn her, seit Sie Ihre letzte Dosis
hatten?”
Harold
hörte ihn nicht. Das Brüllen in seinem Kopf war zu laut. Er angelte ein
Taschentuch aus der Innentasche seines Jacketts und wischte sich damit über
Mund und Hände. Seine Kehle brannte, sein Herzschlag und seine Atmung waren
unregelmäßig. Benommen und desorientiert zwang er sich in eine sitzende
Stellung und schaute sich in dem Zimmer um.
Einen
Moment lang wusste er nicht, wer oder wo er war. Einen Moment lang wusste er
gar nichts.
Aber
während er so dasaß, kehrte die Farbe in sein Gesicht zurück.
„Nehmen
Sie sich zusammen,” sagte Louis, der immer noch ein wenig aufgewühlt war. Er
trat einen Schritt zurück, weil er etwas Entfernung zwischen sich und Harold
bringen wollte. „Das wird so nichts.”
Harold
schaute sich erneut in dem Zimmer um und schien es erst dann wieder zu
erkennen, als Louis in sein Blickfeld kam. Er kämpfte sich auf die Füße,
versuchte, seine Haltung wiederzugewinnen, und ging daraufhin die paar Schritte
zu einem Sofa aus Wildleder, auf das er sich erschöpft setzte.
Die
Zeit verstrich. Als sich die Atmung des Mannes normalisiert hatte, sagte Louis:
„Reden Sie.”
Feindseligkeit
strahlte von Harolds Gesicht wie die Hitze im Sommer von einer Straße inmitten
einer Stadt strahlt. „Geben Sie mir ein Glas Wasser.”
„Nicht
bevor Sie mir sagen, was Sie über WestTex wissen.”
Die
Wut vom Ausmaß eines Universums, die in Harold brodelte, überschattete seine
Übelkeit vollständig. Mit beherrschter Stimme sagte er: „Entweder Sie geben mir
ein Glas Wasser, oder ich beende das hier
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