Fifth Avenue--Ein Thriller (German Edition)
würde.
Seine
Anweisungen waren simpel – er sollte Michael Archer daran erinnern, dass
gewisse Spielschulden in einer Woche fällig waren. Bewilligt waren alle
notwendigen Überzeugungstaktiken.
Cain
hatte davon seine eigenen Vorstellungen.
Trotzdem
er Amerikaner war, hatte er die meiste Zeit seines Lebens in Paris verbracht
und sprach mit den beiden Männern an seiner Seite französisch. „Archers Apartment
befindet sich im sechsten Stock. Versucht, ihn nicht umzubringen.”
Sie
überquerten die Straße und gingen in das Gebäude. Drinnen war es dunkel und
muffig. Die Luft roch nach Alkohol und Zigarettenrauch. Cain warf einen Blick
in beide Richtungen des Korridors; er sah sich ablösende Tapeten, eine Katze,
die in einer schattigen Ecke urinierte, und eine Frau, die halbnackt in ihr
Apartment trat. Er bemerkte auch zwei Treppenhäuser und einen Lastenaufzug. Er
gab den Männern ihre Anweisungen.
Als
sie sich trennten, stieg Cain in den Fahrstuhl. Während er in dem rasselnden
Käfig zu Michael Archers Wohnung hinauffuhr, fasste er in seine schwarze
Lederjacke und fühlte die Waffe, die er zuvor dorthin gesteckt hatte. Ihre
stählerne Kühle ließ ein erregendes Vorgefühl seinen Rücken hinunterlaufen, und
er fragte sich, ob Archer ihm eine Entschuldigung dafür geben würde, sie zu
benutzen.
Er
hoffte es. Es war schon eine Woche her, seitdem er jemanden getötet hatte.
Im
sechsten Stock kamen sie wieder zusammen. In einer der Wohnungen hatte jemand
seine Stereoanlage so weit aufgedreht, dass die Wände und der Fußboden von der
Heavy Metal-Musik vibrierten. Cain gefiel das. Es war ein Zeichen dafür, dass
Archer in seinem Apartment war. Vor ein paar Stunden hatte er dem Mann mit der
Musik fünfhundert Dollar gegeben, damit er die Augen offen hielt.
Sie
gingen jetzt den Gang entlang. Cains Sinne waren angespannt. Er nahm Dinge wahr
– visuelle Eindrücke, Geräusche und Gerüche –, die er normalerweise
ignorierte. Später würde er –
wie immer – in der Lage sein, die Durchführung seines Auftrags im Detail
zu schildern.
Sie
blieben vor der Tür am Ende des Gangs stehen. Cain zog die Waffe hervor und
trat einen Schritt zurück. Stille machte sich breit, während er und seine Leute
einander anschauten. Dann nickte Cain dem größeren der beiden Männer zu und
zuckte zusammen, als die Tür eingetreten wurde.
Sie
stürzten hinein; sie waren auf alles vorbereitet.
Aber
das Zimmer war leer.
Ungläubig
stand Cain in der Mitte des kleinen Wohnraums. Während ihn der pulsierende Takt
der Hard Rock-Musik einhüllte, sah er auf einem Beistelltisch die Tüten mit den
Lebensmitteln stehen, die Archer auf der Straße bei sich gehabt hatte; er
wusste somit, dass er hier gewesen war.
Er
schaute sich im Zimmer um. Wie konnte Archer das Haus verlassen, wenn alle drei
Ausgänge gesichert waren? Versteckte er sich irgendwo?
Cain
warf eine Schranktür auf und schob eine Reihe Kleider zur Seite. Nichts. Sein
Blick durchstreifte das Zimmer. Kartons mit Archers Sachen standen überall auf
einem Boden herum, der von Millionen Absatzeindrücken gezeichnet war.
Sonnenlicht fiel durch ein geöffnetes Fenster auf ein Bett, in dem jemand
geschlafen hatte. Ein Paar zerrissener und verblichener Vorhänge bewegten sich
in dem Luftzug.
Und
dann dämmerte es Cain. Er wusste es nun.
Er
ging zum Fenster und blickte hinaus. Archer kletterte in aller Eile die
Feuerleiter hinunter und näherte sich schnell dem Straßenniveau. Seine
Fußtritte waren wegen der Musik, die durch den Flur donnerte, unhörbar.
Irgendwie
sah er sie. Cain richtete seine Waffe auf ihn und hatte den Drang zu schießen,
unterdrückte ihn aber. Zu viele Leute auf der Straße. Er würde Archer auf einem
anderen Weg in die Finger kriegen.
Er
und seine Männer eilten aus dem Apartment.
* * *
Menschenmassen
drängten durch die Straßen. Michael bahnte sich seinen Weg durch sie, schoss in
den Verkehr, ein Auto fuhr ihm leicht an die Hüfte, aber er rannte weiter. Kein
einziges Mal schaute er sich um, bevor er die Ecke von East Houston erreicht
hatte. Und da waren sie, holten auf, hatten die Hände in übergroßen Taschen, wo
sie unsichtbare Waffen umklammert hielten – es war, wie er befürchtet
hatte.
Er
rannte schneller.
Seit
dem Tod seines Hundes hatte er Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Er wusste, dass
sein Vater Recht hatte. Es spielte keine Rolle, was Santiago versprochen hatte
– dem Mann war nicht zu trauen. Und deshalb fand
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