Fight Club: Roman (German Edition)
Ehe, das Leben. Er lacht jedes Mal, wenn er die Geschichte erzählt.
Marla lacht nicht. Ich möchte sie zum Lachen bringen, sie erwärmen. Damit sie mir wegen des Collagens vergibt, möchte ich Marla sagen, dass ich nichts finden kann. Wenn sie heute Morgen etwas gefunden hat, war es ein Irrtum. Ein Muttermal.
Marla hat die Narbe von Tylers Kuss auf dem Handrücken.
Ich möchte Marla zum Lachen bringen, deshalb erzähle ich ihr nichts darüber, wie ich Chloe zum letzten Mal umarmte, Chloe ohne Haare, ein in gelbes Wachs getauchtes Skelett, mit einem seidenen Kopftuch um ihren kahlen Schädel. Ich umarmte Chloe ein letztes Mal, bevor sie für immer verschwand. Ich sagte, sie sehe aus wie ein Pirat, und sie lachte. Ich selbst, wenn ich an den Strand gehe, sitze immer mit untergeschlagenem rechten Fuß da. Australien und Neuseeland, oder ich begrabe ihn im Sand. Meine Befürchtung ist, dass die Leute meinen Fuß sehen und ich in ihrer Vorstellung bald sterbe. Der Krebs, den ich nicht habe, ist jetzt weit verbreitet. Das alles erzähle ich Marla nicht.
Es gibt vieles, was wir über die Menschen, die wir lieben, nicht wissen wollen.
Um sie aufzumuntern, um sie zum Lachen zu bringen, erzähle ich Marla von der Frau in »Dear Abby«, die einen gut aussehenden, erfolgreichen Leichenbestatter geheiratet hatte, und in der Hochzeitsnacht musste sie sich in einer Wanne Eiswasser einweichen lassen, bis sich ihre Haut eiskalt anfühlte, und dann musste sie völlig reglos im Bett liegen, während er mit ihrem kalten, leblosen Körper Verkehr hatte.
Das Komische daran ist, dass diese Frau das als Neuvermählte gemacht hatte und dann die nächsten zehn Jahre ihrer Ehe, und nun schrieb sie an »Dear Abby«, ob Abby meinte, es hätte etwas zu bedeuten.
14
Die Selbsthilfegruppen liebte ich deshalb so sehr, weil die Leute dir ihre ganze Aufmerksamkeit schenkten, wenn sie dachten, du stirbst bald.
Wenn es das letzte Mal sein konnte, dass sie dich sahen, sahen sie dich wirklich. Alles andere, ihr Kontostand, irgendwelche Lieder im Radio und ihre unordentliche Frisur, flog zum Fenster hinaus.
Du hattest ihre volle Aufmerksamkeit.
Die Leute hörten zu, anstatt nur darauf zu warten, bis sie mit dem Reden an der Reihe waren.
Und wenn sie sprachen, erzählten sie dir keine Geschichten. Wenn du mit jemandem geredet hast, habt ihr gemeinsam etwas geschaffen, und hinterher wart ihr beide anders als zuvor.
Marla hatte damit angefangen, in die Selbsthilfegruppe zu gehen, nachdem sie seinerzeit ihren ersten Knoten entdeckt hatte.
Am Morgen, nachdem wir ihren zweiten Knoten gefunden hatten, hopste Marla mit beiden Beinen in einem Bein ihrer Strumpfhose in die Küche und sagte: »Schau, ich bin eine Meerjungfrau.«
Marla sagte: »Das ist nicht so, wie wenn die Typen verkehrt herum auf der Toilette sitzen und so tun, als wäre es ein Motorrad. Das ist ein echter Unglücksfall.«
Kurz bevor Marla und ich uns bei »Wir bleiben Männer« trafen, war der erste Knoten aufgetaucht, und jetzt war ein zweiter da.
Man muss dazu wissen, dass Marla immer noch lebt. Marlas Lebensphilosophie, so hat sie mir erzählt, beruht darauf, dass sie in jedem beliebigen Augenblick sterben kann. Die Tragödie ihres Lebens ist, dass sie es nicht tut.
Als Marla den ersten Knoten entdeckte, ging sie in eine Klinik, wo zusammengesunkene Vogelscheuchen von Müttern auf drei Seiten des Wartezimmers auf Plastikstühlen saßen, mit schlaffen Puppenkindern im Schoß oder zu ihren Füßen. Die Kinder waren eingefallen und hatten dunkle Schatten um die Augen so wie Orangen oder Bananen, die schlecht werden und verschrumpeln, und die Mütter kratzten an Schuppenflechten von außer Kontrolle geratenen Hefepilzinfektionen. Die Zähne in den schmalen Gesichtern sahen sehr groß aus, so dass man sah, dass Zähne nichts weiter als Knochenscherben sind, die durch die Haut dringen, um etwas zu zermahlen.
Das kommt dabei raus, wenn du keine Krankenversicherung hast.
Bevor alle miteinander klüger waren, wollten eine Menge Schwule Kinder haben, und nun sind die Kinder krank, die Mütter sterben, und die Väter sind schon tot, und während Marla in dem Krankenhauskotzgeruch nach Pisse und Essig sitzt und eine Schwester alle Mütter fragt, wie lange sie schon krank sind, wie viel Gewicht sie verloren haben und ob die Kinder ein noch lebendes Elternteil oder einen Vormund haben, beschließt Marla: Nein.
Falls sie bald sterben sollte, wollte es Marla nicht wissen.
Marla ging von
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