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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Plätzchen, um Drogen zu nehmen oder Sex im Freien zu haben. Josh ging ihnen voraus zwanzig Meter die Straße hinunter, die selbst nicht viel mehr als eine Gasse war, und bog dann links in einen Spalt zwischen zwei Gebäuden ein. Er war so schmal, dass man kaum zu zweit nebeneinandergehen konnte. Am Ende des Durchgangs war ein heller Streifen Wasser und Sonnenlicht zu sehen: der Canal Grande. Das Gässchen war verlassen, aber Josh hatte nicht ganz recht: Jemand hatte es kürzlich benutzt, und zwar als Pissoir.
    Quentin fühlte sich an die Zeiten erinnert, als er am Ende der Sommerferien ein Portal zurück nach Brakebills suchen musste. Normalerweise wurde er in irgendeine Gasse in der Nähe seines Hauses geschickt und fand den Durchgang am Ende. Beim Gedanken daran glühte eine Sehnsucht in seiner Brust auf wie ein heißes Kohlenstück, Sehnsucht nach einer Zeit, in der Brakebills seine ganze Welt gewesen war.
    »Mal sehen, an wie viel ich mich noch erinnern kann …«
    Josh zog ein verknittertes Stück Papier aus der Tasche, auf dem er in sauberen Spalten Koordinaten und Vektoren notiert hatte. Poppy, die größer war als er, spinxte ihm über die Schulter.
    »Es ist nicht der direkte Weg«, erklärte Josh, »aber wir können eine Schnittstelle benutzen, irgendwo draußen im Ärmelkanal.«
    »Warum reisen wir nicht über Belfast?«, fragte Poppy. »Alle machen das. Von da aus geht man zurück in Richtung Süden. Von der Astralgeometrie her ist es sogar kürzer.«
    »Nein, lieber nicht.« Josh betrachtete seine Aufzeichnungen mit zusammengekniffenen Augen. »So ist es viel eleganter. Du wirst schon sehen.«
    »Ich meine ja nur, falls wir die Schnittstelle verpassen und im Wasser landen, müssen wir bis Guernsey ziemlich weit schwimmen.«
    Josh stopfte den Zettel in seine Gesäßtasche und stellte sich für den Zauber in Positur. Er sprach die Worte ruhig und klar, ohne Eile. Mit wesentlich mehr Selbstvertrauen, als Quentin es früher je bei ihm gesehen hatte, vollführte er eine Serie symmetrischer Armbewegungen und zugleich rasch wechselnde Fingerpositionen. Dann straffte er die Schultern, ging in die Knie und hakte die Finger mit den Handflächen nach oben fest in die Luft, als mache er sich bereit, ein besonders schweres Garagentor aufzuziehen.
    Funken flogen. Mit einem kleinen Schrei wich Poppy einen Schritt zurück. Josh richtete sich auf und zog dabei an dem unsichtbaren Tor. Die Realität riss auf, der Riss weitete sich, und dahinter erschien eine andere Wirklichkeit – grünes Gras und helleres, weißeres Sonnenlicht. Als sich das Portal zur Hälfte geöffnet hatte, hielt Josh inne und schüttelte die Hände aus. Sie rauchten. Er fuhr mit den Fingern an der Oberkannte des Durchgangs entlang, dann an den Seiten – eine Seite war nicht ganz gerade, und er schnitt versehentlich ein Stück der Gassenmauer ab. Dann fasste er wieder die Unterkante an und zog und schob, bis das Portal vollständig geöffnet war.
    Quentin behielt den Eingang der Gasse im Auge, während Josh zugange war. Er hörte Stimmen, aber niemand kam vorbei. Josh besah sich sein Werk. Mitten im hellen venezianischen Nachmittag hob sich das Rechteck eines kühleren, irgendwie klareren englischen Nachmittags ab. Josh zog einen Ärmel über die Faust und rieb ein letztes Fleckchen Venedig weg.
    »Alles klar?«, fragte er. »In Ordnung so?« Seine Hosen waren durch die Funken mit winzigen Brandlöchern gesprenkelt.
    Alle mussten zugeben, dass das Portal ziemlich gut aussah.
    Sie traten hindurch, einer nach dem anderen, ganz vorsichtig, weil der untere Teil des Durchgangs nicht ganz auf einer Ebene mit dem Gassenpflaster lag und man sich leicht die Zehen an der Kante abrasieren konnte. Doch die Verbindung war stabil, und man spürte beim Hindurchgehen nichts. Ein völlig anderes Niveau des Könnens als die stümperhaften Portale, mit denen wir durch die Safehouses gereist sind, dachte Quentin zufrieden.
    Sie hatten sowohl Penzance als auch Belfast umgangen: Josh hatte sie in einen öffentlichen Park in der Nähe des Stadtzentrums von Fowey transportiert. Eine solche Präzision über eine so weite Distanz hinweg war bis vor ein paar Jahren noch gar nicht möglich gewesen, aber Google Street View hatte dieser Art zu reisen einen absoluten Boom beschert und erheblich zur Verbesserung der Langstrecken-Portale beigetragen. Josh trat als Letzter hindurch und wischte es hinter ihnen aus.
    Quentin glaubte, noch nie eine so durch und durch englisch

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