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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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Beschreibungen, wie die Chatwin-Kinder, ob einzeln oder zu mehreren, vom Anwesen ihrer Tante Maude aus hinüber zu ihrem geliebten »Onkel« Christopher gerannt, gehüpft und geradelt waren. Plover hatte bekanntlich sogar ein Tor in Kindergröße in die Abgrenzungsmauer zwischen den Grundstücken bauen lassen, damit die Chatwins hindurchkonnten.
    Die Freunde hatten zwei Plover-Biographien mitgebracht, eine weichgezeichnete, von der Familie autorisierte Hagiographie aus den 1950 ern und eine nüchterne, psychoanalytische Abhandlung aus den frühen 1990 ern, die Plovers komplexe und »problematische« Sexualität zergliederte, wie sie symbolisch in den verschiedenen Fillory-Romanen verarbeitet wurde. An diese hielten sie sich, weil die geographischen Beschreibungen besser waren.
    Sie wussten, dass das Chatwin-Haus an der Darroby Lane lag, was hilfreich war, obwohl die Bewohner Cornwalls noch weniger an Straßenbeschilderung interessiert waren als die Venezianer. Glücklicherweise erwies sich Poppy als äußerst begabt in Querfeldein-Koppelnavigation. Zunächst glaubten sie, sie bediene sich einer Art komplizierter geographischer Magie, bis Josh bemerkte, dass sie ein iPhone auf dem Schoß hielt.
    »Stimmt, aber ich musste zaubern, um die Sperre zu knacken«, verteidigte sie sich.
    Es war später Nachmittag, und sie rollten über gefühlt Hunderte von üppig grünen,
Watership-Down-
artigen, aber hartnäckig unbeschilderten und unidentifizierbaren ländlichen Nebenstraßen. Bläuliche Dämmerung brach schon herein, als sie sich auf ein Gebäude einigten. Es lag an einer schmalen Allee, von der nicht definitiv auszuschließen war, dass es sich um die Darroby handelte, und von dem sie in etwa behaupten konnten, dass der Garten vermutlich an Plovers riesiges Grundstück angrenzte.
    Es gab weder Mauern noch ein Tor, nur einen Kiesweg, der sich durch die spätsommerlich grünen Bäume schlängelte. Ein Steinpfeiler am Rand trug ein BETRETEN - VERBOTEN -Schild. Sie konnten von ihrem Standort aus das Haus erkennen.
    Leise las Julia die entsprechende Passage aus
Die Welt in den Wänden
vor:
    Das Haus war beeindruckend – drei Stockwerke hoch, mit einer Fassade aus Backsteinen und Bruchsteinen sowie großen Fenstern. Im Inneren gab es unzählige Kamine, Erker und geschwungene Hintertreppen, die in ihrem Haus in London völlig fehlten. Zu diesen Annehmlichkeiten kam das weitläufige Grundstück rund um das Haus mit seinen langen, schnurgeraden Alleen, weißen Kieswegen und sattgrünen Rasenflächen.
    Es hatte eine Zeit gegeben, in der Quentin die Passage auswendig hätte mitsprechen können.
    Er saß im Auto und starrte hinüber auf die andere Straßenseite. Neben der äußeren Ähnlichkeit konnte er keinerlei Hinweise entdecken. Natürlich hing auch kein Schild draußen: Portal zu einer anderen Welt. Er versuchte, sich vorzustellen, wie die Chatwins zum ersten Mal hier eingetroffen waren, zu fünft auf den Rücksitz eines knatternden schwarzen Automobil-Dinosauriers gequetscht, der mehr Kutsche als Pkw und mit einer ordentlichen Portion Eisenbahn- DNS gesegnet war. Ihr Gepäck war mit Kordel und viktorianischen Lederschnallen am Kofferraum festgezurrt, und die Kinder, die man zwangsweise von London aus aufs Land geschickt hatte, schwiegen wie auf einer Beerdigung. Die Jüngste, die fünfjährige Jane, die später zur Wächterin wurde, lehnte sich auf dem Schoß ihrer Schwester zurück wie auf einer Chaiselongue, in einen Nebel der Sehnsucht nach ihren Eltern gehüllt. Ihr Vater kämpfte im Ersten Weltkrieg, und ihre Mutter verfiel in einer noblen Anstalt der Raserei. Martin (der als Erwachsener zu dem Unhold wurde, der Alice tötete) riss sich seiner jüngeren Geschwister zuliebe zusammen, das weiche Jungenkinn in trotziger, präadoleszenter Entschlossenheit nach vorn gereckt.
    Sie waren so jung, unschuldig und hoffnungsvoll gewesen und hatten etwas Wundervolleres entdeckt, als sie je zu hoffen gewagt hatten. Doch es hatte sie zerstört.
    »Was meinst du?«, fragte Quentin. »Julia?«
    »Hier ist es.«
    »Na schön. Ich geh rein und sehe mich um.«
    »Ich komme mit«, erklärte Poppy.
    »Nein«, erwiderte Quentin. »Ich möchte lieber alleine gehen.«
    Zu seiner Überraschung funktionierte es, und sie gab nach.
    Sich unsichtbar zu machen war theoretisch ganz einfach, doch in der Praxis viel schwieriger als gedacht. Es gab Beispiele dafür, doch man brauchte Jahre akribischen Selbstausradierens, und wenn man es geschafft hatte,

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