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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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grub die Zehen in den heißen Sand und beobachtete die bizarren Moiréeffekte der Miniatursandlawinen. An jenem Abend gingen sie zu Bett, ohne viel mehr erkundet zu haben als den schmalen, halbmondförmigen Inselstreifen, den sie zuvor schon gesehen hatten. Doch morgen würden sie weiter ins Innere vordringen, in den Wald und auf die Hügel.
    Quentin erwachte früh. Die Sonne war noch nicht einmal aufgegangen, und nur ein schmaler heller Streifen kündigte am Horizont die Morgendämmerung an. Quentin fragte sich, was wohl dort hinten weit im Osten lag. Für Fillory galten eigene Gesetze. Soweit er wusste, war die Welt flach und die Sonne lief auf Schienen.
    Alles war grau: der Sand, die Bäume, das Meer. Tiefrote Glut glomm unter der grauen Asche der Lagerfeuer. Es war warm. Die Schläfer am Strand lagen da, als seien sie aus großer Höhe herabgefallen. Poppy hatte ihre Decke weggestrampelt und schlief mit über der Brust verschränkten Armen wie ein Ritter auf einem Grabmal.
    Quentin hätte weitergeschlafen, wenn er nicht so dringend hätte pinkeln müssen. Er stand auf und joggte die Düne hinauf und auf der anderen Seite wieder hinunter. Da ihm das aus hygienischen Gründen noch nicht weit genug erschien, lief er noch eine Düne weiter, und als er so weit gekommen war, dachte er, dann könne er doch gleich noch bis zur Wiese laufen und dort pinkeln.
    Er fühlte sich zweifellos unangenehm verletzlich, als er sich schließlich ins hohe Gras erleichterte, doch der Morgen war so still wie ein Gemälde, und sie hatten sich durchaus abgesichert. Jeder, der die richtigen Erkennungszauber kannte – also praktisch niemand –, hätte eine hauchzarte magische Kraftlinie entdeckt, die blassblau den Waldsaum umgab wie ein Stolperdraht. Sie hatten sie tags zuvor gespannt. Zwar würde sie niemanden verletzen, der sie versehentlich durchquerte, aber die Zauberer würden über eventuelle Ankömmlinge informiert werden und sie immobilisieren. Dabei konnten die Eindringlinge von Glück sagen, wenn sie nicht das Bewusstsein verloren. Ein Wildschwein hatten sie auf diese Weise schon erwischt.
    Sogar die Insekten schwiegen. Quentin nieste – er war ein wenig allergisch gegen eine einheimische Pflanze – und rieb sich die Augen. Auf der anderen Seite der Wiese schlüpfte eine Gestalt in den Wald hinein. Erst durch die Bewegung sah er sie; vorher musste sie stocksteif dagestanden und ihn beim Pinkeln beobachtet haben. Sie schien groß zu sein, etwa wie ein mächtiger Eber.
    Quentin band seine Hose zu – Reißverschlüsse waren in Fillory unbekannt und konnten bisher nicht reproduziert werden, weil man sie den Zwergen einfach nicht begreiflich machen konnte – und überquerte die Wiese bis zu der Stelle, wo das Tier gewesen war. Knapp innerhalb der magischen Schutzgrenze spähte er zwischen die Bäume, die so dicht standen, dass es im Wald noch vollständig dunkel war. Dennoch erhaschte Quentin einen Blick auf eine kräftige, im Dickicht verschwindende Hinterhand.
    War es so weit? Ging es jetzt los? Vorsichtig, als klettere er über einen Elektrozaun, schwang er erst ein Bein, dann das andere über die blaue Linie und spähte durch die Bäume. Er war sich ziemlich sicher, wen er verfolgte, noch bevor Er ganz in Sicht kam.
    »Hallo, Ember!«, rief Quentin. »Ember! Wartet!«
    Der Gott warf ihm über die Schulter hinweg einen gleichmütigen Blick zu und trabte weiter.
    »So wartet doch!«
    Der Widder-Gott war nicht mehr in Fillory gesehen worden, seitdem die Brakebills-Schüler die Throne eingenommen hatten, jedenfalls soweit Quentin wusste. Er schien sich vollständig von den Verletzungen erholt zu haben, die Ihm Martin Chatwin zugefügt hatte. Sogar Sein Hinterbein, das bei Quentins letzter Begegnung mit Ihm verkrüppelt gewesen war, war geheilt, und Er konnte es wieder ohne zu hinken belasten.
    Quentin hegte Ember gegenüber gemischte Gefühle. Der Widder glich nicht dem Ember in den Büchern. Quentin verübelte Ihm noch immer, dass Er sie – vor allem Alice – nicht vor Martin gerettet hatte. Er nahm an, dass Ember nichts hätte unternehmen können, aber dennoch. Welcher Gott war in seiner eigenen Welt nicht der absolute Herrscher?
    Ein großer wolliger mit Hörnern, so schien es. Quentin hatte zwar nicht direkt etwas gegen Ember, sträubte sich aber, sich vor Ihm zu verbeugen, wie Er es offenbar von allen anderen erwartete. Wenn Ember so großartig war, dann hätte Er Alice retten sollen, und wenn Er nicht so großartig

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