Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
lebte.
Ja, so war es, und tatsächlich war sie einen Tag lang zutiefst empört gewesen. Na ja, einen halben Tag lang. Nachmittags hatte Poppy geschmollt, doch am nächsten Morgen zum Frühstück war sie mit frischer Tatkraft erschienen. Es lag einfach nicht in ihrem Temperament, allzu lange beleidigt zu sein. Na klar war sie versehentlich in eine magische Welt transportiert worden, die sie bis vor kurzem für ein reines Phantasiegebilde gehalten hatte. Die Situation war nicht ideal. Doch sie musste sich damit abfinden, also hatte sie sich entschlossen, das Beste daraus zu machen. Poppy war zäh.
»Mit dem anderen habe ich mich gestern beim Abendessen unterhalten«, erzählte sie. »Mit dem Jüngeren, Benedikt. Er ist ein großer Fan von dir.«
»Benedikt? Wirklich?«
»Hast du gesehen, wie er gestrahlt hat, als er eben bemerkt hat, dass du ihn beobachtest? Schau doch mal, er bringt sich förmlich um, um dich zu beeindrucken. Du bist eine Vaterfigur für ihn.«
Was Quentin nie aufgefallen war, hatte Poppy schon nach einem Tag bemerkt.
»Ehrlich gesagt habe ich immer geglaubt, er hasst mich.«
»Er bereut, dass er dich nicht auf die Erde begleiten konnte.«
»Du machst Witze! Und die Abenteuer hier verpassen?«
Jetzt richtete Poppy ihren blauen Unschuldsblick auf Quentin anstatt auf den Schwertkampf.
»Wie kommst du eigentlich darauf, dass du auf der Erde keine Abenteuer erlebt hast?«
Quentin setzte zu einer Antwort an, hielt aber mit offenem Mund inne. Denn ihm fiel keine sinnvolle Antwort ein.
Sie segelten noch fünf Tage, bis Land in Sicht kam.
Quentin, Eliot, Josh und Poppy frühstückten draußen an Deck. Eliot hatte diese Sitte eingeführt: Die Mannschaft stellte auf dem Hüttendeck einen Tisch auf, gedeckt mit einem blütenweißen Tuch, das mit Clips gegen den Wind gesichert wurde. Eliot aß immer draußen, egal bei welchem Wetter. Quentin hatte ihn schon mutterseelenallein mitten im strömenden Regen einen Marmeladentoast futtern sehen, der mit Seewasser durchtränkt gewesen sein musste. Ihm ging es ums Prinzip.
Doch heute war es schön draußen. Inzwischen herrschte schon fast wieder Tropenklima. Auf dem Besteck blitzten die Sonnenstrahlen, und der Himmel wölbte sich strahlend blau über ihnen. Nur das Essen wurde leider inzwischen knapp. Es gab nur das lange haltbare Zeug, das am Ende einer langen Seereise herhalten musste: harter, trockener Schiffszwieback und so salziges Pökelfleisch, dass man mehr Salz als Fleisch auf dem Teller hatte. Das einzige Gute war die Marmelade. Quentin bediente sich reichlich davon.
»So läuft das also?«, fragte er. »Eine Abenteuerfahrt? Wir segeln einfach so lange, bis wir auf irgendetwas stoßen?«
»Solange du keine bessere Idee hast«, erwiderte Eliot.
»Nein. Aber wie kommst du eigentlich darauf, dass das funktioniert?«
»Weil Abenteuerfahrten immer so laufen«, erwiderte Eliot. »Ich behaupte nicht, das zugrundeliegende Prinzip zu durchschauen, aber so viel habe ich gelernt: Man kann nichts forcieren, beispielweise durch ausgeklügelte Detektivarbeit. Reine Energieverschwendung. Wer von Haustür zu Haustür geht und nach Indizien sucht, wird niemals den Heiligen Gral oder was auch immer finden. Es ist eher eine Frage der richtigen Einstellung.«
»Und die wäre?«
Eliot zuckte mit den Schultern.
»Keine Ahnung. Ich denke, es geht um den rechten Glauben.«
»Ich habe dich nie für besonders gläubig gehalten«, entgegnete Quentin.
»Ich mich auch nicht. Aber bis jetzt hat’s funktioniert. Fünf der sieben Schlüssel haben wir gefunden. Dagegen kannst du nichts einwenden.«
»Stimmt«, sagte Quentin, »aber was hat das mit dem rechten Glauben zu tun?«
»Warum musst du immer alles kaputtmachen?«
»Ich will nichts kaputtmachen. Ich will es nur verstehen.«
»Wenn du glauben würdest, müsstest du nichts verstehen.«
»Warum sucht ihr eigentlich nach diesen Schlüsseln?«, mischte sich Poppy munter ein. »Oder besser: Warum suchen wir nach ihnen?«
»Ja, warum eigentlich?«, fiel Josh ein. »Versteht mich nicht falsch, die sind echt cool. Die sieben goldenen Schlüssel, das klingt ja schon cool. Kann ich die mal sehen?«
»Wir wissen nicht genau, warum wir sie suchen«, antwortete Eliot. »Die Einzigartigen Wesen haben uns darum gebeten.«
»Und was sollt ihr damit anfangen, wenn ihr sie gefunden habt?«, fragte Poppy weiter.
»Ich nehme an, das verraten sie uns, wenn wir sie beisammenhaben. Oder wir finden es von selbst heraus.
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