Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
Muschel, ein altes Buch, eine Handvoll Goldstaub. Andere Dinge bedeuteten offenbar nur ihr etwas. Ein Stück Modeschmuck. Ein altes Foto. Jedes Mal, wenn sie etwas hineingelegt hatte, wartete sie eine Minute ab, aber nichts geschah, außer dass die hineingelegten Sachen verbrannten oder schmolzen und einen beißenden Geruch verbreiteten. Ich weiß nicht, worauf sie gewartet hat, aber was immer es war, es trat nicht ein. In der Zwischenzeit wurde sie immer aufgeregter.
Ich fühlte mich zutiefst schäbig, als ich sie so beobachtete, aber ich konnte den Blick nicht abwenden. Irgendwann gingen ihr die Wertsachen aus. Sie fing an zu weinen und legte sich selbst ins Feuer. Sie kroch quer über die Feuerstelle, brach zusammen und lag halb im, halb außerhalb des Feuers, wobei sie sich die Augen ausweinte. Ihre Beine ragten aus dem Kamin. Ein schrecklicher Anblick. Ihre Kleidung verbrannte natürlich sofort, und ihr Gesicht wurde schwarz vor Ruß, aber die Flammen verletzten ihre Haut nicht. Sie schluchzte hemmungslos. Ihre Schultern zuckten unaufhörlich …«
Eliot stand auf und ging zum Fenster. Er kämpfte kurz mit einer kleinen Scheibe, doch dann musste er einen winzigen Riegel gefunden haben, den Quentin nie bemerkt hatte, denn er öffnete das ganze Fenster. Quentin konnte nicht erkennen, wie er es angestellt hatte. Eliot stellte sein Glas auf dem Fenstersims ab.
»Ich weiß nicht, ob du in sie verliebt bist oder glaubst, dass du es wärst, oder wie auch immer«, fuhr Eliot fort. »Ich kann dir das kaum vorwerfen, schließlich hast du es dir immer so schwer wie möglich gemacht. Aber jetzt hör mir bitte mal gut zu.
So begann alles, so erfuhren wir, dass sie eine von uns war. Der Zauber war auf seine Art unglaublich stark. Ich konnte trotz des Feuers das Summen hören, und das Licht im Raum hatte sich seltsam verfärbt. Aber so vieles von ihrem Zauber ist unmöglich zu fassen. Mir war klar, dass sie niemals in Brakebills gewesen sein konnte, denn ihre Sprüche klangen völlig unverständlich für mich. Ich wusste, ich würde mein Lebtag nicht herausfinden, wie es funktionierte oder was sie dort versucht hatte. Und sie hat es mir nie erzählt, und ich habe nie danach gefragt.
Wenn ich aber eine Vermutung anstellen müsste, würde ich sagen, dass sie eine Beschwörung versucht hat. Ich würde sagen, sie hat versucht, etwas zurückzuholen, was sie verloren hatte oder was man ihr weggenommen hatte, etwas, was ihr sehr viel bedeutet haben muss. Und wenn ich noch eine Vermutung äußern dürfte, würde ich sagen, dass es nicht funktioniert hat.«
Kapitel 3
A m nächsten Morgen fuhr Quentin in einer schwarzen Kutsche mit Samtvorhängen und plüschigen Samtpolstern hinunter zu den Docks. Der muffige Innenraum vermittelte die Geborgenheit eines Wohnzimmers auf Rädern. Quentin wurde begleitet von Königin Julia, die sich von den Bewegungen der Kutsche durchschaukeln ließ. Ihnen gegenüber saß ein Admiral der Flotte Fillorys, so nah, dass ihre Knie einander fast berührten.
Wenn er sich schon auf eine Reise zu der Insel am Arsch der Welt begab, wollte er es auch richtig machen, hatte Quentin beschlossen. Gewisse Vorbereitungen mussten getroffen werden, denn es gab Regeln für solche Unternehmungen, zum Beispiel: Wenn du zur See fährst, brauchst du ein robustes Schiff.
Theoretisch standen ihm sämtliche Schiffe der Krone zur Verfügung, aber die meisten, die auf Abruf vor Anker lagen, waren Kriegsschiffe, deren Innenausstattung sich als erschreckend spartanisch erwies. Reihen von Hängematten und übereinandergestapelte harte Pritschen. Nirgends eine Privatkabine. Nicht gerade passend für die Reise von König Kwentin, wie Eliot gerne seinen Namen in offiziellen Dokumenten schrieb. Deswegen fuhren sie zu den Docks, um ein geeignetes Schiff zu suchen.
Quentin fühlte sich wohl. Er steckte voller Energie und einer Entschlossenheit, wie er sie lange nicht mehr empfunden hatte. Das war es, worauf er die ganze Zeit gewartet hatte. Der Admiral war ein fast erschreckend kleiner Mann namens Lacker. Sein schmales graues Gesicht sah aus, als sei es über fünfzig Jahre hinweg von Wind und Gischt aus Schiefergestein geformt worden.
Es war nicht etwa so, dass Quentin nicht hätte sagen können, wonach er suchte. Er wollte es nur einfach nicht. Es wäre ihm peinlich gewesen. Er suchte nämlich nach einem Schiff aus den Fillory-Romanen, genauer gesagt nach der
Swift
, die im vierten Buch
Das geheime Meer
beschrieben wurde. Von
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