Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)
das glatte Parkett. Julia dachte an all die metamagischen Geheimnisse, die in diesem ordentlichen Gehirn verborgen gewesen waren, das nun so katastrophal und irreversibel in Unordnung gebracht worden war.
Alles war vorbei. Alles zerstört. Julia war bereit zu sterben und hoffte nur, dass es nicht zu schmerzhaft sein würde. Reineke ging in die Hocke, tauchte Seine Hände in die blutige Masse und rieb sie sinnlich über Seine mit üppigem weichem Fuchsfell bedeckte Brust, die dadurch dunkel wurde. Es war nicht feststellbar, ob Er dabei grinste wie ein Verrückter oder ob Fuchsmäuler eben so aussahen.
Zwei Minuten nach Erscheinen der Fuchsgottheit waren Pouncy, Aschmodai und Julia die letzten Überlebenden der Magier von Murs, der Crème de la Crème der Safehouse-Szene. Julia spürte plötzlich, wie ihre Füße vom Boden abhoben – das musste Pouncy gewesen sein, der versuchte, Zeit für sie zu gewinnen, indem er sie hinauf zur hohen Decke schweben ließ, doch Reineke kappte den Zauber, als sie sich kaum anderthalb Meter weit in der Luft befanden, und sie schlugen hart auf dem Boden auf. Reineke griff nach der Silberschüssel, goss das Regenwasser aus und warf die Schüssel wie einen Diskus nach Pouncy. Genau in dem Moment beendete Aschmodai etwas, woran sie seit dem Eintreffen des Gottes gearbeitet hatte, vielleicht einen Abwehrzauber in maximaler Stärke mit zusätzlichen Extras, den sie jetzt auf Reineke schleuderte. Er lenkte ihn tatsächlich ab.
Er tat Ihm nicht weh, aber Er spürte ihn. Man sah es an Seinen spitzen Ohren, die ärgerlich zuckten. Die Schüssel traf Pouncy mit voller Wucht, aber nur seitlich. Sie zerschmetterte seine linke Hüfte und prallte seitlich ab. Pouncy stöhnte und klappte vornüber zusammen.
»Halt!«, befahl Julia. »Hör auf!«
Angst: Sie war aus Julia gewichen. Eine tote Frau hatte keine Angst. Auch die Magie war aus ihr gewichen. Sie würde jetzt mal ein paar klare Worte sagen, nichtmagische Worte. Sie würde ein paar Takte mit diesem Arschloch reden.
»Du hast unser Opfer angenommen«, sprach sie. Sie schluckte. »Jetzt gib uns, wofür wir bezahlt haben!«
Sie hatte das Gefühl, in zehntausend Metern Höhe atmen zu müssen. Der Fuchs blickte mit Seiner schmalen Schnauze zu ihr hinunter. Durch den Hundekopf und den Menschenkörper glich Er dem ägyptischen Gott Anubis.
»Gib es uns!«, rief Julia. »Wir haben es verdient!«
Aschmodai beobachtete sie von der anderen Seite des Raumes aus. Sie war wie erstarrt. Ihre übliche altkluge, intellektuelle Aschmo-Attitüde war von ihr abgefallen. Sie sah aus wie ein zehnjähriges Mädchen.
Reineke bellte laut auf, bevor Er sprach.
»Ein Opfer kann nicht genommen werden«, verkündete Er mit tiefer, sachlicher Stimme und kaum merklichem französischen Akzent. »Ein Opfer muss aus freien Stücken gegeben werden. Ich habe ihre Leben genommen. Sie haben sie mir nicht dargebracht.« Es schien, als könne Er so viel Unhöflichkeit kaum fassen. »Ich musste sie mir
nehmen
!«
Pouncy hatte sich zu einer sitzenden Position hochgeschoben und lehnte an der Wand. Er musste grausame Schmerzen leiden. Sein Gesicht war schweißüberströmt.
»Nimm mein Leben. Ich biete es dir dar. Nimm es«, sagte er.
Reineke legte den Kopf schief. Der Phantastische Mr. Fox. Er spielte mit Seinen Schnauzhaaren.
»Du stirbst sowieso. Gleich wirst du tot sein. Das erkenne ich nicht an.«
»Du kannst mein Leben haben«, sagte Julia. »Ich schenke es dir. Wenn du die anderen verschonst.«
Reineke putzte sich, leckte Blut und Hirnmasse von Seiner Pfotenhand.
»Ist euch eigentlich klar, was ihr hier getan habt?«, fragte er. »Ich bin nur die Vorhut. Wenn ihr einen Gott anruft, hören alle anderen Götter es auch. Wusstet ihr das nicht? Seit zweitausend Jahren haben die Menschen die Götter nicht mehr heraufbeschworen. Die alten Götter müssen den Ruf auch gehört haben. Es ist besser für euch, tot zu sein, wenn sie zurückkehren. Ihr werdet euch wünschen, nie gelebt zu haben, wenn die alten Götter wieder erscheinen.«
»Nimm mich!«, stöhnte Pouncy. Er schnappte nach Luft, als etwas in ihm nachgab, und stieß die übrigen Worte flüsternd hervor. »Nimm mich. Ich schenke dir mein Leben.«
»Du stirbst sowieso«, wiederholte Reineke verächtlich.
Er schwieg. Pouncy sagte nichts.
»Er ist gestorben«, verkündete Reineke.
Der Fuchsgott wandte sich Julia zu und betrachtete sie mit hochgezogenen Augenbrauen. Ein echter Fuchs hat wahrscheinlich gar
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