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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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botanische Parasiten, die ihre Wirtsbäume erstickten.
    Alle alten Möbel waren ausgeräumt worden. Stattdessen stand nur noch ein massiver Tisch aus Eibenholz darin, der speziell für ihre Bedürfnisse angefertigt worden war, sowie ein riesiger, gemeißelter Steinaltar, der den Boden durchbrochen hätte, wenn sie diesen nicht von unten abgestützt und die Stützen durch architektonische Zauberformeln verstärkt hätten. Die gesamte Umgebung war mit Hilfe verschiedener Prozeduren gründlich gesäubert worden. Auch sie selbst hatten sich gereinigt – sie hatten gefastet und ekelhafte Tees getrunken, durch die ihr Urin die Farbe änderte und komisch roch. In Tontöpfen hatten sie Kräuter verbrannt.
    Sie hatten so gut wie alles getan, außer zu baden. Die Reinigung war symbolischer, nicht hygienischer Art. Klinische Sauberkeit schien der Göttin nicht wichtig zu sein.
    »Das ist keine patriarchalische, alttestamentarische Show«, mahnte Aschmodai schneidend, als sich einige beschwerten. »Verstanden? Schmutz ist nicht ansteckend, sondern fruchtbar. Der Madonna ist es egal, ob wir menstruieren. Sie akzeptiert den Körper als solchen.«
    Darauf folgten obszöne, mehr oder weniger geistreiche Bemerkungen der Männer, mit denen sie ihre Bereitschaft bekundeten, sich der Göttin als symbolische Gatten zur Verfügung zu stellen. Ich hab dein unterweltliches Opfer hier in meiner Hose und so weiter usw. usw. Doch Aschmodais berühmter Sinn für Humor war vorübergehend außer Betrieb. Vielleicht die Nerven. Aschmodai war nicht zur Hohepriesterin geeignet, doch sie hatte sich selbst zur Hauptkontrollbeamtin der Göttin ernannt. Sie hatte sogar vorgeschlagen, dass alle vorübergehend ihre diversen Medikamente absetzen sollten, was mit Hohn und Spott beantwortet worden war.
    Der Eibentisch trug drei Bienenwachskerzen und eine große silberne Schüssel voller Regenwasser. Die Schüssel allein hatte ungefähr so viel wie der ganze Swimmingpool gekostet. Der Stein, ein massiver Marmorblock, blieb leer. Ehrlich gesagt war ihnen etwas unklar, wozu er dienen sollte. Gummidgy nahm ihren Platz vor dem Tisch ein, während die anderen an den Wänden zu beiden Seiten standen, auf der einen Seite zu viert, auf der anderen zu fünft. Eine asymmetrische Anordnung, doch in Amadours Palimpsest sprach nichts ausdrücklich dagegen. Überhaupt war der Text überraschend aussagekräftig dafür, dass er von einem Typen stammte, der in einer Höhle lebte und an die zweitausend Jahre auf dem Buckel hatte.
    Julias Kopf glühte und brodelte vor Aufregung und Anspannung. Hin und wieder musste sie einen Schuss kühler Skepsis hinzufügen, um ihn vor dem Überkochen zu bewahren. Doch sie klammerte sich an die Erinnerung des rauen, steifen Kusses der Statue im Traum, und so unheimlich und freudianisch es auch klang, sie hatte sich zutiefst geliebt gefühlt. Sie hatte gehofft, der Traum würde sich in der letzten Nacht noch einmal wiederholen, doch vergeblich. Nichts als Leere.
    Pouncy stand links von ihr, Aschmodai und Falstaff ihr gegenüber, so dass sie sie ansehen konnte. Doch sie mied ihre Blicke. Sie mussten eine volle Stunde lang schweigen, bevor sie mit der Beschwörung beginnen konnten. Und vor allem kein Gekicher! Von draußen ertönte das Muhen und Blöken der Opfertiere, die sie für diesen Anlass gekauft hatten: zwei Schafe, zwei Ziegen und zwei Kälber, jeweils eines ganz schwarz und eines reinweiß, gründlich shampooniert, so dass sie sauber in den Tod gehen würden. Sollte ein symbolisches Opfer verlangt werden, wollten sie sichergehen, eines anbieten zu können.
    Um sieben Uhr war die Sonne untergegangen und der Mond im Aufgehen begriffen. Schon erschien er über den Hügeln und Feldern hinter Murs. Als er über den Bäumen stand, ein riesiges weißes Bogenlicht, das allein auf ihr Haus gerichtet zu sein schien, verließ Gummidgy ihre Position in der Mitte des Raums und zündete mit der Fingerspitze nacheinander die Kerzen an, die die anderen in den Händen hielten. Julia kippte ihre Kerze ein wenig, damit das Wachs ihr nicht über die Hände lief. Ein heißer Tropfen fiel auf ihren nackten Fuß.
    Gummidgy kehrte an den Tisch zurück und begann mit der Beschwörung. Irgendwie waren in der Zwischenzeit auch die Kerzen auf dem Tisch entflammt, ohne dass irgendeiner es bemerkt hatte.
    Julia war froh, dass nicht sie die heikle Rolle innehatte. Erstens war die Beschwörung lang, und zweitens konnte man nicht wissen, was geschah, wenn man einen

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