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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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umrundeten die Insel dicht vor der Küste, bis sie einen Hafen fanden, und gingen vor Anker. Einige regennasse Fischerboote lagen dort, und eine Handvoll leerer Bojen verriet, dass weitere draußen auf See waren. Ein furchtbar trostloser Anblick. Ein unternehmungslustigerer König hätte die Insel vielleicht für Fillory beansprucht, nahm Quentin an, obwohl sie es nicht wert zu sein schien. Nicht gerade ein Kronjuwel.
    Es gab keinen Kai, und das Meer in der Bucht war aufgewühlt. Es gelang ihnen kaum, die Barkasse durch die Wellen zu rudern, ohne dabei vollzulaufen. In Strandnähe sprang Quentin heraus, landete bis zur Taille im Wasser und watete an den steinigen Strand. Ein paar pfeiferauchende Fischer beobachteten sie. Sie waren dabei, ein großes, wirres Netz zu flicken, das um sie herum auf dem Schiefer ausgebreitet lag. Sie hatten die ziegelroten Gesichter von Männern, die ihr ganzes Leben draußen im Freien verbracht hatten, und sahen alle gleich dümmlich aus. Ihre Stirn war merkwürdig flach, so dass der Haaransatz knapp über den Augenbrauen verlief. Ihr Alter hätte Quentin auf irgendwo zwischen dreißig und sechzig geschätzt.
    »Ahoi«, grüßte er.
    Sie nickten ihm zu und grunzten. Einer von ihnen tippte sich an die Mütze. Nach einigen Minuten Palaver ließ sich der freundlichste dazu herab, ihnen die grobe Richtung zur nächstgelegenen und wahrscheinlich einzigen Stadt zu verraten. Quentin, Schramme und Benedikt stapften durch den kalten weißen, mit schwarzen Tidenstreifen durchzogenen Sand. Julia folgte ihnen in gewissem Abstand. Quentin hatte sie zu überreden versucht, an Bord zu bleiben, aber sie hatte darauf bestanden, ihn zu begleiten. Was immer auch sonst mit ihr los sein mochte, eine Party wollte sie nicht verpassen.
    »Weißt du, worauf ich bei dieser Reise immer noch warte?«, fragte Quentin. »Dass sich irgendjemand freut, uns zu sehen. Wenn wenigstens mal jemand überrascht wäre!«
    Das Wetter verschlechterte sich. Stürmischer Wind und leichter Nieselregen setzten ein. Auf den Sand folgten Dünen mit Strandgras und dann ein Weg: grasiger Sand, dann sandiges Gras, schließlich nur noch Gras. Sie wanderten über bucklige, nicht eingezäunte Weiden, flache Hügel und an einem abgelegenen, verwaisten Brunnen vorbei. Quentin versuchte, ein heroisches Gefühl heraufzubeschwören, aber die Umgebung war wenig inspirierend. Sie erinnerte ihn frappierend an damals, als er im strömenden Regen mit James und Julia die Fifth Avenue entlanggegangen war, an dem Tag, an dem er sein Brakebills-Examen abgelegt hatte.
Es war einmal in alter Zeit ein Knab voll Stärke und Mut …
    Schließlich fanden sie die Stadt, eine Siedlung wie aus dem Mittelalter mit niedrigen, reetgedeckten Steinhäusern und schlammigen Straßen. Das Bemerkenswerteste an ihr war das vollkommene Desinteresse der Einheimischen an den komisch gekleideten Fremden in ihrer Mitte. Ein halbes Dutzend Männer saß an einem Tisch draußen vor einer Kneipe. Sie aßen belegte Brote und tranken Bier aus Zinnkrügen, in einem Wetter, aus dem Quentin schnellstmöglich geflüchtet wäre.
    »Hallo«, grüßte er.
    Unverständliches Grunzen.
    »Ich heiße Quentin. Ich komme aus Fillory. Wir sind auf Ihre Insel gekommen, weil wir einen Schlüssel suchen.« Er sah die anderen an und hüstelte kurz. Es war praktisch unmöglich, die Leute zu befragen, ohne dass es nach einem Monty-Python-Sketch klang. »Wissen Sie etwas darüber? Ein magischer Schlüssel? Aus Gold?«
    Die Leute sahen einander an und nickten: Klar, wir wissen Bescheid. Sie sahen sich unheimlich ähnlich, als wären sie alle Brüder.
    »Aye, wir wissen, welchen Sie meinen«, sagte einer von ihnen, ein kräftiger, brutal aussehender Typ in einem riesigen Wollmantel. Seine Hand, die auf seinem Knie lag, sah aus wie ein Stück rosa Granit. »Einfach die Straße runter.«
    »Die Straße runter«, wiederholte Quentin.
    Ach so. Na klar. Zum goldenen Schlüssel geht’s die Straße runter. Wo sollte er auch sonst sein? Woher kam nur dieses Gefühl, als improvisiere er seine Rolle in einem Theaterstück, für das alle anderen ein Script hatten?
    »Aye, wir kennen ihn«, wiederholte der Mann und wies mit dem Kinn in die entsprechende Richtung. »Die Straße runter.«
    »Gut. Also die Straße runter. Vielen herzlichen Dank.«
    Quentin fragte sich, ob es hier jemals warm und sonnig war oder ob die Leute permanent in einem New-England-Novemberwetter lebten. Wussten sie, dass nur drei Tagesreisen

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