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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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entfernt eine tropische Zone lag?
    Die Reisenden machten sich auf den Weg die Straße hinunter. Sie hätten nobler ausgesehen, wenn sie auf Pferden geritten wären, anstatt wie Hausierer durch den Matsch zu stampfen, aber die
Muntjak
war nicht für Pferde ausgelegt. Vielleicht konnten sie sich hier welche leihen. Struppige, robuste Ponys, die sich damit abgefunden hatten, immer feucht und klamm zu sein und niemals glatt und schön. Quentin vermisste Wildfang.
    Die Straße ging in ein gepflastertes Stück über, Kopfsteinpflaster, das der Nieselregen knöchelbrecherisch glitschig machte – wahrlich keine Szenerie für eine heroische Suche, ein Abenteuer oder auch nur eine Erledigung. Vielleicht sah Schramme die Sache richtig, und sie waren nur Randfiguren in seinem Drama.
    Benedikt machte sich nicht einmal Notizen, wie er es sonst immer tat.
    »Ich merk’s mir einfach so«, sagte er.
    Wie bezeichnend: Diese Insel fand nicht einmal Benedikt des Kartographierens wert.
    Die Stadt war nicht groß, und die Straße war nicht lang. Das letzte Gebäude war ein Steinbau ähnlich einer Kirche. Aber es war keine Kirche, sondern lediglich ein kastiges, zweistöckiges Gebäude aus den flachen grauen Steinen der Gegend, ohne Mörtel gebaut. Seine schmucklose Fassade wirkte unfertig, vielleicht waren aber nur die einst vorhandenen Dekorationen entfernt worden.
    Quentin fühlte sich wie der kleine Junge am Anfang von
Der Lorax
, als er vor dem geheimnisvollen Turm des Once-lers steht. Er hätte drohende Herausforderungen von schwarzen Rittern mit weißen Schilden erwartet oder knifflige theologische Fangfragen von heiligen Eremiten, mindestens aber teuflische Verführungsversuche von bezaubernden Succubi, denen sie hätten widerstehen müssen. Keineswegs hatte er damit gerechnet, lediglich jahreszeitlich bedingte depressive Verstimmungen bekämpfen zu müssen.
    Wenn er sein Unbehagen hätte formulieren müssen, wäre ihm aufgefallen, dass hauptsächlich der Rhythmus im Ablauf nicht stimmte. Alles ging zu schnell. Sie hätten den Schlüssel nicht so schnell finden oder wenigstens nicht kampflos erhalten dürfen.
    Scheißegal: Vielleicht hatten sie einfach Glück gehabt. Schicksal. Trotz allem spürte er jetzt, wie ihn wachsende Aufregung erfasste. Hier war es also! Die Eingangstore ragten hoch auf und bestanden aus Eichenholz, doch in einer befand sich eine kleinere, mannshohe Tür. Wahrscheinlich war es zu unpraktisch, tagtäglich das komplette, meterhohe Doppelportal aufzuwuchten. Der Eingang wurde von Nischen für Statuen flankiert. Ob sie früher besetzt gewesen waren oder noch besetzt werden sollten – momentan standen sie jedenfalls leer.
    Ihr zerstreutes Häuflein tapferer Ritter blieb vor der Chapel Perilous stehen. Wer von ihnen würde dem trotzen, was sie im Inneren erwartete? Quentins Nase lief, und seine Haare waren regennass. Er besaß einen Hut, hatte sich aber stur vorgenommen, jeglichen Widrigkeiten tapfer die Stirn zu bieten, in diesem Fall eben dem kalten Nieselregen. Julia und er zogen gleichzeitig die Nase hoch.
    Am Ende trotzten sie alle gemeinsam dem, was sie in der Kapelle erwartete, schon deswegen, weil sie ins Trockene wollten. Drinnen war es nicht wärmer als draußen. Es herrschte eine Atmosphäre wie in einer alten Dorfkirche, die der Küster für ein paar Minuten verlassen hatte. Es roch nach Steinstaub, und diffuses gräuliches Licht sickerte durch einige wenige schmale, hohe Fenster. In einer Ecke stand ein Sammelsurium rostiger Gartengeräte: eine Hacke, eine Schaufel, ein Rechen.
    In der Mitte des Raums stand ein steinerner Tisch. Auf dem Tisch lag ein verschossenes rotes Samtkissen, und auf dem Kissen ruhte ein goldener Schlüssel mit einem dreizackigen Bart.
    Daneben lag ein vergilbtes Stück Papier mit der fein säuberlichen Aufschrift:
    Goldener Schlüssel
    Der Schlüssel glänzte nicht, war aber auch nicht angelaufen. Er besaß die tiefmatte Patina wahrhaft alter Gegenstände. Seine Würde wurde von der schlichten Umgebung nicht angetastet – die Stille im Raum schien von ihm auszugehen. Vermutlich waren die hiesigen Bauerntrampel einfach zu unwissend, um ihn ernst zu nehmen, etwa so wie eine alte Dorfkanone, von der niemand weiß, dass sie noch geladen ist, bis eines Tages …
    Schramme nahm den Schlüssel in die Hand.
    »Vorsicht!«, rief Quentin. »Pass auf!«
    Der Typ war wohl lebensmüde! Schramme drehte den Schlüssel in den Händen und betrachtete ihn von beiden Seiten. Nichts

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