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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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benutzte auch niemals den Schlüssel. Denn wohin hätte er gehen, welche Tür hätte er öffnen und welche Schätze hätte er finden sollen, die ihm mehr wert gewesen wären als der goldene Schlüssel, den er aus der Hand seiner Tochter erhalten hatte?

Kapitel 8
    Q uentin wurde von den sonoren Rufen des Ausgucks an den Steuermann geweckt. Wie ein U-Bahn-Fahrer, der die nächste Station durchsagt, gab er bekannt, dass Land in Sicht war.
    Quentin hatte von dem Mann, seiner Tochter, der Hexe und den Schlüsseln geträumt. Die Geschichte beschäftigte ihn, weil er nicht mit diesem Ende gerechnet hatte. Hätte der Mann wirklich nicht erklären können, was passiert war? Hatte seine Tochter tatsächlich nichts verstanden? Das war doch unlogisch. Wenn sie miteinander geredet und sich alles erklärt hätten, wäre es zu einem Happy End gekommen. Die Leute in den Märchen sprachen sich einfach nie richtig aus.
    Die Wolken hingen tief, grau und kompakt am Himmel, kaum höher als der Hauptmast der
Muntjak.
Mit zusammengekniffenen Augen spähte Quentin in die Richtung, in die der Ausguck zeigte. Und da war sie: die sagenumwobene Insel, kaum sichtbar im dichten Nebel. Noch Stunden entfernt.
    Schramme vollführte auf dem Vorderdeck seine Morgengymnastik. Die wenigen Gespräche mit ihm hatten in Quentin die Sorge wachgerufen, der beste Schwertkämpfer Fillorys sei schwer depressiv. Er lachte niemals, ja, lächelte nicht einmal. Zwei Schwerter lagen jetzt neben ihm, noch in ihren Lederscheiden, während er eine Art isometrische Übung durchführte, allerdings nur mit den Händen, nicht unähnlich den Fingerübungen, die Quentin in Brakebills erlernt hatte.
    Quentin fragte sich, wie man so gut im Schwertkampf werden konnte wie Schramme. Falls er weiter auf Abenteuerfahrt gehen wollte, sollte er sich vielleicht einmal damit beschäftigen. Die Idee gefiel ihm: Ein schwertkämpfender Zauberer war eine zweifache Bedrohung. Er musste ja nicht Schrammes Meisterschaft erreichen, sondern nur besser werden, als er jetzt war, was kein Problem sein sollte.
    »Guten Morgen!«, rief Quentin.
    »Guten Morgen, Eure Hoheit«, erwiderte Schramme, der niemals den Fehler beging, Quentin mit »Eure Majestät« anzusprechen. Diese Anrede war ausschließlich dem Hochkönig vorbehalten.
    »Tut mir leid, wenn ich dich unterbreche.«
    Schramme fuhr mit seinen Übungen fort, was Quentin so verstand, dass er ihn streng genommen gar nicht unterbrach. Er stieg die kurze Leiter hinauf zum Vorderdeck. Schramme verknotete seine Finger und drehte sie dann mit einer Bewegung auswärts, die sogar Quentin innerlich zusammenzucken ließ.
    »Ich dachte, du könntest mir vielleicht ein paar Lektionen erteilen. Im Schwertkampf. Ich habe zwar schon einige gehabt, bin aber nicht sehr weit gekommen.«
    Schramme verzog keine Miene.
    Dann sagte er: »Es ist leichter, Euch zu beschützen, wenn Ihr Euch auch selbst verteidigen könnt.«
    »Das war mein Gedanke.«
    Schramme enthedderte vorsichtig seine Finger und musterte Quentin von Kopf bis Fuß. Dann streckte er die rechte Hand aus und zog Quentins Schwert. Seine Bewegung war so schnell und fließend, dass Quentin ihn wahrscheinlich nicht hätte aufhalten können, obwohl er etwas längere Arme hatte.
    Schramme prüfte Quentins Schwert, erst auf der einen, dann auf der anderen Seite, befühlte die Schneide und das Heft und schürzte nachdenklich die Lippen.
    »Ich gebe Euch eine Waffe.«
    »Aber ich habe doch schon eine.« Quentin zeigte darauf. »Mein Schwert.«
    »Es ist sehr schön, aber nicht für einen Anfänger geeignet.« Einen Augenblick lang befürchtete Quentin, er würde irgendetwas Drastisches tun, etwa das Schwert über Bord werfen, aber er legte es nur auf das Deck neben die beiden anderen Schwerter.
    Schramme ging hinunter, und als er zurückkehrte, präsentierte er Quentin das Trainingsschwert, das er benutzen sollte – eine kurze, schwere Waffe aus geöltem Stahl, stumpf, fast schwarz und gänzlich schmucklos. Die Klinge und das Heft waren aus einem einzigen Stück Metall geschmiedet, ohne Übergänge. Ein so industriell aussehendes Objekt hatte Quentin in Fillory noch nie gesehen. Es wog nur halb so viel wie sein eigenes Schwert und hatte nicht mal eine Scheide, so dass er nicht mit seiner Geschicklichkeit im Ziehen und Wiederwegstecken angeben konnte.
    »Haltet es gerade mit ausgestrecktem Arm«, forderte Schramme. »So.«
    Er drückte Quentins Ellbogen durch und hob seinen Arm parallel zum Deck. Quentin

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