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Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition)

Titel: Fillory - Der König der Zauberer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lev Grossman
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hielt das Schwert am ausgestreckten Arm, und sofort verkrampften sich seine Muskeln.
    »Haltet es gerade. So lassen. Solange Ihr könnt.«
    Quentin erwartete weitere Instruktionen, aber Schramme nahm ungerührt seine Übungen wieder auf. Quentins Arm versteifte sich, glühte vor Schmerz, fing Feuer. Er hielt es ungefähr zwei Minuten lang aus. Schramme ließ ihn die Arme wechseln.
    »Wie nennt man diesen Stil?«, fragte Quentin.
    »Die Leute machen immer denselben Fehler«, erwiderte Schramme, »indem sie denken, es gäbe verschiedene Stile.«
    »Aha.«
    »Kraft, Gleichgewicht, Hebelwirkung, Schwung – diese Prinzipien ändern sich nie. Das ist der einzig wahre Stil.«
    Quentin war sich ziemlich sicher, dass er in puncto Physikkenntnisse Schramme um Längen voraus war, aber es war ihm noch nie in den Sinn gekommen, sie in dieser Art und Weise praktisch anzuwenden.
    Schramme erklärte, er verlasse sich nicht auf eine bestimmte Kampftechnik. Seine Taktik bestehe darin, alle Techniken zu beherrschen und sie den Umständen und dem Terrain entsprechend anzuwenden. Eine einzige, großartige Metatechnik, wenn man so wollte. Jahrelang habe er Fillory und die angrenzenden Länder bereist, Kampfmönche in den Bergklöstern und Straßenkämpfer in den belebten Medinas aufgesucht und ihnen ihre Geheimnisse entlockt, bis er zu dem Mann wurde, den Quentin vor sich sehe: eine wandelnde Enzyklopädie der Schwertkampfkunst. Über die Schwüre, die er geleistet und gebrochen sowie die schönen Frauen, die er um dieser Geheimnisse willen verführt und betrogen hatte, würde er lieber den Mantel des Schweigens breiten.
    Quentin wechselte noch einmal den Arm, dann noch einmal. Die Übung erinnerte ihn an seine Zeit als halbprofessioneller Taschenspiel-Zauberer. Der Anfang, das Erlernen der Grundlagen, war immer der härteste Teil, weshalb so wenige Leute durchhielten. So war das Leben: Zwar war nicht immer alles schwieriger als vorher angenommen, aber oft auf eine andere, unvorhergesehene Art und Weise schwierig. Um sich abzulenken, beobachtete er Schramme, der jetzt über das Deck marschierte, vorwurfsvoll vor sich hin starrte und sein Schwert in komplizierten Mustern durch die Luft peitschte und dabei das Et-Zeichen und keltische Knoten zeichnete.
    Eiskalte Nebeltröpfchen wehten vom Ozean herein. Quentin konnte die Insel Jenseits jetzt deutlich erkennen; schon bald würden sie dort an Land gehen. Er beschloss, dass er genug trainiert hatte. Wenigstens seinen Pyjama sollte er aus- und etwas Vernünftiges anziehen, bevor er sich auf die Suche nach dem goldenen Schlüssel begab.
    »Ich höre auf, Schramme«, sagte er und legte sein Übungsschwert auf das Deck neben Schrammes Waffen. Seine Arme fühlten sich an, als schwebten sie.
    Schramme nickte, ohne aus dem Rhythmus zu geraten.
    »Kommt wieder zu mir, wenn Ihr es eine halbe Stunde lang aushaltet«, sagte er. »Mit jedem Arm.«
    Ein artistischer Überschlag ohne Hände hätte ihn um ein Haar vom Vorderdeck katapultiert, aber irgendwie bremste er rechtzeitig ab und landete sicher. Er beendete das Manöver mit einem Stich zwischen die Rippen eines imaginären Angreifers. Dann zog er die Klinge zurück und wischte sie am Hosenbein ab.
    Das war wohl eher eine Lektion für Fortgeschrittene.
    »Hütet Euch vor dem, was Ihr von mir lernt«, sagte er zu Quentin. »Was mit dem Schwert geschrieben wird, kann nicht mehr ausradiert werden.«
    »Dafür habe ich ja dich«, entgegnete Quentin. »Damit ich nichts zu schreiben brauche. Mit meinem Schwert.«
    »Manchmal glaube ich, dass ich das Schwert des Schicksals bin. Es führt mich grausam.«
    Quentin fragte sich, wie es wohl sein mochte, so schamlos melodramatisch zu sein. Nett, wahrscheinlich.
    »Soso. Aber auf dieser Reise wird es nicht viel Grausamkeit geben. Schon bald sind wir wieder in Whitespire. Dann kannst du dir dein Schloss aussuchen.«
    Schramme drehte sich mit dem Gesicht in den Wind. Er schien seine eigene Geschichte zu leben, in der Quentin nur eine Nebenrolle spielte, ein Chormitglied, das nicht mal namentlich im Programm erwähnt wurde.
    »Ich werde Fillory nie wiedersehen.«
    Unwillkürlich lief Quentin ein Schauder über den Rücken. Unangenehm, wo es ohnehin schon so kalt war.
     
    Die Insel Jenseits bestand aus einem flachen Streifen grauer Steine und magerer Wiesen, auf denen vereinzelt Schafe grasten. Während die Außeninsel ein tropisches Paradies war, glich Jenseits einem Ausläufer der Äußeren Hebriden.
    Sie

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