Filmwissen
unterhält eine Privatarmee.
Auf die Katastrophe des Kolonialismus und seiner Spätfolgen waren die ökologischen Katastrophen gefolgt; der «große weiße Jäger», der dem Genre einst den Helden abgegeben hatte (auch wenn Tarzan wohl wusste, warum er Jagdsafaris tunlichst aus «seinem» Dschungel fernzuhalten versuchte), verkörpert etwa von Clark Gable in Mogambo ( Mogambo ; 1953, Regie: John Ford), Robert Taylor in Killers of Kilimanjaro ( Rivalen unter heißer Sonne ; 1960, Regie: Richard Thorpe) oder Stewart Granger in The Last Safari ( Die letzte Safari ; 1967, Regie: Henry Hathaway), und dessen Revision aus dem Geist des Professionalismus Howard Hawks in Hatari! ( Hatari! ; 1962) unternommen hatte, war eine überaus suspekte Gestalt geworden. Und die Tiere der Wildnis schlagen zurück: Savage Harvest ( Gefangene der Bestien ; 1980, Regie: Robert E. Collins) funktioniert ganz in der Manier der Katastrophenfilm der siebziger Jahre. Nach einer angeblich wahren Begebenheit erzählt er von einer Dürreperiode in Ostafrika, in der sich die Löwen ungewohnt einer Farm nähern und schließlich eine Familie förmlich belagern. Flucht ist unmöglich, und einer nach dem anderen wird von den Tieren zerfleischt. In the Shadow of Kilimanjaro ( Im Schatten des Kilimandscharo ; 1986, Regie: Raju Patel) wird eine Pavianherde bei einer solchen Dürre zur tödlichen Bedrohung für die Menschen; aus Hunger greifen die Tiere alles an, was sich bewegt. Der junge Jack Ringtree (Timothy Bottoms) warnt vergebens vor der heraufziehenden Gefahr; erst als einige menschliche Körper mit offenen Schädeldecken und zerfetzten Leibern gefunden werden, rafft man sich zu einigen Vorsichtsmaßnahmen auf, die aber immer wieder an der Profitgier und Ignoranz örtlicher Politiker scheitern. Als die Affen schon die letzte Zuflucht der Menschen umlagert haben, hat der Himmel ein Einsehen, sendet Regen, und die Tiere lassen von ihrer grausigen Menschenfresserei mit einem Schlag ab.
In White Hunter, Black Heart ( Weißer Jäger, schwarzes Herz ; 1990) erzählt Clint Eastwood die an John Hustons Jagdpassion während der Dreharbeiten zu African Queen angelehnte Geschichte von einem amerikanischen Regisseur, der die Produktion eines Films vor allem als Vorwand benutzt, einen Elefanten zu schießen. Als er es im letzten Augenblick nicht übers Herz bringt, diese «Sünde», wie er es selbst nennt, zu begehen, wird sein schwarzer Jagdführer getötet. Er kehrt zum Set zurück, und befiehlt mit matter Stimme: «Action!».
«Dieser Schluss stellt den ganzen Film auf den Kopf – oder: auf die Füße. Denn nachdem Eastwood über weite Strecken bis zum Überdruss bekannte Männlichkeitsrituale inszeniert hat, in denen John Wilson zwar mitunter übertrieben agiert, trotz einiger Irritationen aber als ‹sympathische Figur› intakt bleibt, weil er den rassistischen Hotelmanager ebenso in die Schranken weist wie die schöne britische Judenhasserin, wird dieser John Wilson in den letzten Szenen gnadenlos demontiert und mit ihm all die Rituale, die er und der Film zuvor zelebrierten. Die Leidenschaft Wilsons für Afrika und für die Jagd, seine rassenversöhnende Attitüde, der schwarze Führer, der dem weißen Jäger gleichsam seinen Kontinent vor die Füße treibt – all das erscheint plötzlich als so abstrus und deplatziert wie das Kommando zum Drehbeginn, das Wilson, völlig hilflos angesichts des Todes seines Führers, gibt, während die Dorfbewohner die Trauertrommeln schlagen. Selten hat ein Hollywoodfilm in nur wenigen Minuten die Kluft zwischen Schwarzen und Weißen so unsentimental konstatiert, und selten sahen dabei die Weißen so erbärmlich aus, ohne dass Afrika zum schwarzen Paradies verklärt werden müsste.» (Verena Lueken)
Auch Gorillas in the Mist ( Gorillas im Nebel – Die Leidenschaft der Dian Fossey ; 1988, Regie: Michael Apted) bemüht sich um ein einigermaßen authentisches Bild. Es geht um die Lebensgeschichte der Anthropologin Dian Fossey (Sigourney Weaver), die in den Bergen Ruandas das Verhalten der Berg-Gorillas studiert und zugleich darum kämpft, dass die vom Aussterben bedrohten Tiere erhalten bleiben. Ihr zunehmend unduldsames Verhalten und der Verlust ihrer Beziehung zu dem Fotografen Campbell (Bryan Brown) isolieren sie; wie eine Furie kämpft sie um das Leben der Tiere, organisiert Scheinhinrichtungen und macht gnadenlose Jagd auf die Schwarzen, die den Gorillas ans Leben wollen. Am Ende wird sie ermordet, und die
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