Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
wollte etwas sagen, aber Frederick ließ sie nicht zu Wort kommen.
»Und heute, zu Weihnachten, bringt er uns seine Familie, womit er sie alle vor dem sicheren Hungertod gerettet hat. Zu Weihnachten! Vergesst nicht, was wir hier feiern!«
»Das Fest der Familie«, piepste Marla.
»Da darf jeder mal predigen«, kommentierte Ivonne.
Filou hatte das Schnurren vergessen und fragte sich, ob er nicht vielleicht doch nur träumte.
»Unser Kater hier wusste nicht nur, wo er Hilfe erwarten konnte. Er ist auch der einzige Kater, von dem ich je gehört habe, der sich um seinen Wurf kümmert. Ein solches Tier ist wirklich etwas ganz Außergewöhnliches. Und wenn er will, dürfen er und die Seinen auf immer bei uns bleiben.«
Frederick drückte Filou feierlich die Pfote. Er ließ es sich wie betäubt gefallen. Ihm war ganz schwindelig von all den Worten, und er beeilte sich, zum Kamin zu gelangen, an Josephines Seite.
»Warum müssen Männer eigentlich immer so ein Theater machen, wenn eines ihrer Exemplare sich mal anständig verhält?«, hörte er Ivonne murmeln, die eine quiekende Mabelle am Bauch kitzelte.
Aber Frederick zog es vor, die Bemerkung zu überhören, und hockte sich zu Marla, die neben Josephine und Filou saß. »Wie wollen wir sie nennen, die beiden Kleinen?«, fragte er.
»Scarlett«, sagte Marla und deutete auf das Kätzchen. »Und das Katerchen nennen wir Rhett.«
»Das hat man nun davon, wenn man dir ›Vom Winde verweht‹ zu Weihnachten schenkt«, kommentierte Frederick. »Und wie nennen wir Filous Liebste?«
»Wie nennt man wohl eine Glückskatze?«, murmelte Ivonne mit sanfter Stimme, denn Josephine kannte sich mit vertrauensbildenden Maßnahmen aus und war ihr auf den Schoß gesprungen. »Felicitas?«
»Felicitas und Filou, Scarlett und Rhett. So sei es. Darauf trinken wir einen.« Frederick streckte sich und ging hinaus. Er kam mit drei Gläsern und einer Flasche wieder. Ivonne verzog das Gesicht.
»Aber du willst doch Maria Lara keinen Alkohol geben!«
»Das ist kein Alkohol. Das ist was Besseres. Es wird Zeit, dass sie Champagner trinken lernt.«
Die drei hoben ihre Gläser – in Marlas Glas war nur eine bescheidene Pfütze – und tauften die beiden Kleinen feierlich, was Rhett mit ausgiebigem Gähnen beantwortete.
»Schau mal, was er uns sagen will!« Frederick lachte. »›Das ist mir offen gesagt gleichgültig.‹ Er ist der perfekte Rhett Butler.«
Nur Filou hatte gemerkt, dass sich Lucrezia herangeschlichen hatte, während sich die drei Menschen amüsierten. Er machte sich auf eine ihrer Bosheiten gefasst. Aber sie ignorierte ihn. Sie hockte sich neben Josephine, betrachtete angelegentlich ihre Krallen und sagte dann: »Du solltest ihnen rechtzeitig das Mausen beibringen, das hilft ihnen im Leben. Filous Mutter hat ihm vieles nicht mitgegeben, er hat es immer sehr schwer gehabt, obwohl ich mein Bestes gegeben habe.«
Josephine spitzte die Ohren. Filou hätte fast die Raffinesse bewundert, mit der Luc ihr Gift verspritzte.
»Ich bin nicht seine Mutter, verstehst du. Ich habe ihn damals aufgelesen, den kleinen mutterlosen Kater.« Sie tat, als ob ihr die Kehle eng würde.
Gleich kommen mir die Tränen, dachte Filou.
»Ich habe redlich versucht, ihm das Überleben in einer harten, grausamen Welt beizubringen. Das wird einem ja nicht immer gedankt.« Ihre Stimme zitterte.
Sehr gekonnt, dachte Filou.
»Aber ich glaube, es ist mir gelungen.« Sie betrachtete ihn mit fettem Wohlwollen.
»Ich bin stolz auf dich, Kleiner. Ja, ich bin stolz auf dich.«
DREIUNDDREISSIG
F ilou war der größte und prächtigste, der angesehenste Kater von Beaulieu. Er war der glücklichste Kater der Welt. Bis ihn eines Tages Josephine zärtlich auf die Nase küsste und ihm etwas ins Ohr flüsterte. Erst verstand er nicht. Was hatte sie gesagt? »Soll ich dich ein bisschen jagen?«
Und wieder änderte sich sein Leben. Aber das ist ein anderes Kapitel.
1. Auflage
Copyright © 2010
by Page &Turner/Wilhelm Goldmann Verlag, München,
in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Innenillustrationen:
© Beate Fahrnländer / die KLEINERT.de
Redaktion: Kerstin von Dobschütz
Gesetzt aus der Janson-Antiqua
eISBN 978-3-641-04509-8
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