Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
Stromer, wenn es friert, hmmm?«
»Zu Weihnachten muss niemand verhungern«, sagte der Metzger, der zu den beiden hinausgetreten war.
Da war es wieder, das Wort. Filou hob die Nase und schnupperte. Es war offenbar ein Zauberwort. Denn der Metzger, sonst nicht bekannt für Großzügigkeit, hielt ein Schüsselchen in der Hand, aus dem es herrlich duftete. Und das stellte er Filou vor die Nase.
Schinkenreste. Fleischstückchen. Der Himmel.
»Aber nur, weil Weihnachten ist!«
Filou hörte die Frauen lachen, als er sich aufs Futter stürzte, aber das war ihm egal. Er aß, was er nicht mitnehmen konnte, und machte sich endlich mit einem großen Stück Fleischwurst und einer halben Scheibe Schinken auf den Weg nach Hause.
Josephine war überglücklich und schlief zufrieden ein, während die Kleinen mit sanften Pfoten ihre Zitzen bearbeiteten. Es war eine köstliche Mahlzeit gewesen, an die sich Filou noch lange erinnern würde. Denn mit dieser Mahlzeit endete ihre Glückssträhne.
In der Nacht stieg ein dunstiger Vollmond über dem Roche du Diable auf. Das war kein gutes Zeichen. Immer, wenn der Mond sich verschleierte, änderte sich das Wetter. Filou war noch einmal hinaus- und den Berg zu seinem Ausguck hochgelaufen, hatte die Nase in den Wind gehalten und nach dem Wetter geschnuppert. Es roch nach Sturm.
Es stürmte die ganze Nacht. Endlich beruhigte sich der Wind. Und als Filou in den frühen Morgenstunden auf das Fenstersims sprang, um die Wetterlage zu prüfen, schwebte in dicken Flocken vom Himmel herunter, was man Schnee nannte.
Das Schneetreiben war so dicht, dass man gerade noch bis zur Straßenlaterne blicken konnte. Filou sprang wieder auf die Kohlenkiste zurück, kuschelte sich an Josephine und die Kleinen und wartete auf eine Wetterberuhigung. Außerdem schadete es nicht, gut durchgewärmt zu sein, bevor es wieder an die Pflichten ging.
Doch das Schneetreiben wollte nicht aufhören. Filou wachte immer wieder aus einem unruhigen Schlaf auf und begann, sich Sorgen zu machen. Noch waren die Kleinen ruhig und zufrieden, noch schlief Josephine tief und fest, aber er musste hinaus, bevor es dämmerte. Behutsam löste er sich aus der Umarmung von Mabelle, die ihm die Pfötchen um den Hals gelegt hatte, und schubste Monpti näher an Josephine heran. Dann reckte und streckte er sich und schnellte aufs Fenstersims.
Diesmal kostete es ihn Überwindung, in den weißen Schnee zu springen, obwohl er doch wusste, dass er weich landen würde. Schnee war zwar nass und kalt, aber er biss und kratzte nicht. Schließlich überwand er sich. Schneeflocken stoben auf und senkten sich wieder über ihn, während er tief in ein milchiges Weiß hinabglitt. Panisch hechtete er wieder hoch und kämpfte sich in Bocksprüngen voran. Aber wohin? Essbares lag gewöhnlich nicht auf der Straße, und wenn, dann war es jetzt tief unter dem Schnee begraben.
Außer Atem kam er in der Grande Rue an. Hier sah man wenigstens Spuren im Schnee – von Amselkrallen und Katzenpfoten. Doch Menschen waren nicht unterwegs. Die Geschäfte schienen geschlossen zu sein, selbst der Glühweinstand war verwaist. Filou trabte zum Markt. Aber auch dort war die Welt tief verschneit und leer. Es war, als ob ganz Beaulieu Urlaub genommen hätte und in die Ferien gefahren wäre.
Das Schälchen vor dem Haus eines Katzenbesitzers, das sonst stets gut gefüllt war, war leergefressen. Im Papierkorb vor der Schule hatte sich schon seit Tagen nichts finden lassen. Die Müllabfuhr war gestern gewesen.
Nach Stunden kehrte er in den Keller zurück, hungrig und ohne auch nur irgendetwas für Josephine ergattert zu haben. Sie empfing ihn so wie immer, zärtlich und ohne ein Wort der Klage. Die Kleinen spielten Fangen mit seinem Schwanz, balgten sich, bis eines empört aufquiekte, und die Welt war in Ordnung – wenigstens für den Moment. Noch hatte Josephine Milch, sodass die Kleinen bald satt einschliefen.
Filou aber machte sich Sorgen. Alle paar Stunden sprang er auf das Fenstersims und schaute hinaus. Es schneite. Es schneite unaufhörlich weiter. Schon waren seine Spuren unter dem frischen Schnee verschwunden. Eine makellose unberührte Schneedecke lag unten auf der Straße. Niemand war bei diesem Wetter draußen. Doch die Rauchfahnen, die über den Häusern standen, zeigten, dass sich die Menschen drinnen und im Warmen aufhielten. Sehnsüchtig dachte Filou an Wärme und Licht.
Am nächsten Tag spitzte sich ihre Lage zu. Josephine hatte nicht mehr genug Milch,
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