Filou: Ein Kater sucht das Glück - Roman (German Edition)
um die Kleinen sattzukriegen, die zu quengeln begannen. Filou versuchte, sie abzulenken, und lockte sie, mit ihm zu spielen. Aber ihre sonst so unerschöpfliche Energie erlahmte bald, und sie suchten nach Josephines Zitzen, die erschöpft auf der Seite lag.
Es musste etwas geschehen. Bald. Sonst starben erst die beiden Katzenkinder, dann Josephine – und zum Schluss er selbst.
Als die Kleinen nach langem Quengeln endlich eingeschlafen waren und auch Josphine neben ihm leise schnarchte, lag Filou noch immer wach und dachte nach. Endlich fasste er einen Entschluss. Er würde die drei zu Marla und ihren Eltern bringen. Gewiss, das war ein Risiko. Und er selbst würde dort nicht bleiben können. Aber wie hieß das Zauberwort? Weihnachten? Und würde Marla zulassen, dass man sie aus dem Haus jagte – in den sicheren Tod?
Sein hungriger Magen gaukelte ihm Bilder vor – von großen Schüsseln mit Katz-Gourmet und den zarten Fingern Marlas, die ihn zärtlich streichelten. Marla würde für ihn und für Josephine und die beiden Kleinen kämpfen. Sie war die Rettung.
Als es endlich zu schneien aufhörte, war es draußen noch hell. Er weckte Josephine und erzählte ihr von seinem Plan – allerdings nicht, dass er sie und die Kinder verlassen musste, wenn sie bei Marla untergekommen waren. Josephine stimmte zu, und so nahm jeder von ihnen ein maunzendes Katzenbaby ins Maul und sprang vom Fenstersims nach unten auf die schneeverwehte Straße. Josephine gab keinen Laut von sich, als sie tief im Schnee versank, sie vertraute ihm, er hatte ihr versichert, dass sie nichts zu befürchten hatte. Tapfer sprang sie hinter ihm her, die kleine Glückskatze im Fang, während Filou mit dem roten Katerchen im Maul vor ihr her pflügte. Die Kleinen hatten sich zusammengerollt und hielten still, sie wussten wie alle kleinen Katzen, wann Widerstand zwecklos war: wenn die Mutter sie am Nackenfell packte.
Der Schnee war mittlerweile etwas fester geworden, und es schneite nur noch leicht. Es war still im Dorf, noch immer war niemand unterwegs, aber aus den Fenstern strahlte warmes Licht. In der Grande Rue hatte man den Schnee vom Bürgersteig an den Straßenrand geschoben, wo er einen fast unüberwindlichen Wall bildete. Doch sobald sie über den Schneewall geklettert waren, ging es leichter voran.
Bis zum Kriegerdenkmal waren sie gekommen, wo sie Pause machten, sich aneinanderkuschelten und die Kleinen warmleckten. Dann ließ Filou die drei allein und erkundete ihren weiteren Weg. Immerhin würden sie durch zwei Gartenhecken hindurchkriechen müssen. Im Sommer wäre das kein Problem gewesen, aber jetzt sah er, dass der Wind den Schnee vor der Ligusterhecke zum Kindergarten hoch aufgetürmt und tief in sie hineingetrieben hatte. Wie sollte man da hindurchkommen? Fast verließ ihn der Mut. Aber dann entdeckte er eine Stelle, an der der Schnee nicht ganz so hoch war, und begann, sich seinen Weg durch die Hecke frei zu scharren. Endlich schien ihm die Lücke groß genug zu sein, und er trabte zu Josephine zurück.
Sie hatte die Kleinen mittlerweile beruhigt, nahm nun Mabelle am Genick und trabte hinüber zur Hecke. Sie kletterte als Erste hindurch und lockte die beiden Kleinen, die ihr folgen sollten. Mabelle war die Sache unheimlich. Und kaum, dass sie ihr Köpfchen durch die Zweige gesteckt hatte, blieb sie stecken und geriet in Panik. Filou brach schier das Herz, als sie jämmerlich zu schreien begann.
Schon bellte ein Hund hinter einer der Haustüren. Also schob Filou seinen Kopf und den Körper über die Kleine, ließ sich von den dürren Zweigen der Hecke kratzen und zausen, bis er sie endlich mit sanfter Zunge ins Freie gestupst hatte. Monpti folgte direkt hinter ihm.
Vor ihnen lag eine leere schneebedeckte Fläche. Kein Licht beleuchtete sie. Es kam ihm unendlich weit vor bis zur nächsten Hecke. Schon wurde es dunkel. Und es schneite wieder heftiger.
»Lauf«, sagte er zu Josephine, die vor Kälte zitterte, ebenso wie die Kleinen, die sich ängstlich an sie pressten. »Immer geradeaus. Bis zur nächsten Hecke. Und wenn wir da hindurch sind, wird alles gut.«
Aber was würde geschehen, wenn Marla nicht zu Hause wäre? Wenn niemand zu Hause wäre? Wenn sie verreist wären?
Filou sah sich und seine Familie vor sich, wie sie vor der geschlossenen Terrassentür lagen, kalt und hungrig. Wie sie einander verzweifelt zu wärmen versuchten, bevor der Hunger und die Kälte sie einholten. Wie erst Mabelle starb, die Kleinste. Dann
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