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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Fall gesagt haben dürften, wer sie war. Dagegen beließen Herr und Frau Dalmonte die Kunden in ihrem Glauben – gern sogar, wie Anna bemerkt hatte. Es machte sie immer ein wenig unbeholfen. Aber auch stolz. Erst nach längerer Zeit wurden die meisten ihres Irrtums gewahr, aber da hatten sie schon so oft mit Anna verhandelt, dass sie es nun auch weiterhin taten, fast lieber als mit Dalmonte.
    Â»Es muss an deinen blauen Augen liegen«, pflegte der alte Spediteur zu sagen und freute sich diebisch, wenn sie rot wurde und nicht wusste, wohin mit diesen ihren Augen.
    Â»Aber ich kann sie verstehen. Was würdest du lieber essen? Einen saftigen roten Apfel oder einen braunen verschrumpelten, der vom letzten Jahr übrig geblieben ist?«, neckte er sie.
    Â»Dalmonte, schäm dich was! Das Kind so in Verlegenheit zu bringen …«, schimpfte dann seine Frau, wenn sie es mitbekam, nahm Anna in den Arm und drückte sie in einer Woge mütterlicher Gefühle an sich.
    Â»Ja, ja, ich schäme mich ja«, brummelte er jedes Mal zurück und lockte den Papagei mit einer Nuss aus dem Käfig. »Hast du gehört, was sie gesagt hat? Schämen sollen wir uns. Eh, le donne, che mistero divino! Machen wir ihnen keine Komplimente, sind sie unglücklich. Machen wir Komplimente, ist es auch nicht recht.« Und er lachte still in sich hinein.
    Anna kannte Diedrich von Merzen vom Hörensagen. Er besaß die kleine Spedition unten am Fischmarkt, war aber erst wenige Jahre im Geschäft. Anscheinend erfolgreich, auch wenn er sich längst nicht mit dem Handelshaus im Filzengraben messen konnte. Sie war stolz, für eines der größten Kölner Speditions- und Kommissionsgeschäfte zu arbeiten. Dass Dalmonte nie in den Rat gewählt worden war, lag einzig und allein daran, dass er es selbst nicht wollte.
    Â»Der Fluss ist meine Welt, der Fluss und der Hafen. Von der Kunst des Regierens verstehe ich nichts«, sagte er immer und goss seiner Frau, die ihren Dalmonte nur allzu gern im schwarzen Ratsherrenhut und noch lieber mit weißem Bürgermeisterstab gesehen hätte, einen bittersüßen Orangenlikör ein. » Carissima , mia carissima Signora!«, sagte er, während er ihr das Glas kredenzte, und damit war die Sache wieder mal vom Tisch – bis zum nächsten Mal.
    Es kam selten vor, dass sich die Herren Spediteure untereinander besuchten. Wenn allerdings außergewöhnliche Dinge eintraten, taten sie sich zusammen und verteidigten ihren Berufsstand. Was in letzter Zeit geschehen war, konnte man getrost als außergewöhnlich bezeichnen.
    Im Vergleich zu Dalmonte wirkte von Merzen farblos. Sie musterte ihn unauffällig. Der Lombarde bestach durch seine lebhaften Augen. Auch Merckenich war ein stattlicher Mann, dachte sie, einer, der Würde ausstrahlte. Von Merzen dagegen wirkte unscheinbar. Aber höflich war er gewesen!
    Sie begleitete die Herren die Treppe hinauf zum Kontor. Wie alt mochte der Mann sein? Fünfunddreißig? Vierzig? Fast doppelt so alt wie sie selbst! Dumme Gans, schalt sie sich und klopfte an die Tür des Arbeitszimmers.
    Â»Hermines Ältester sitzt im Turm, ich konnte es nicht verhindern.«
    Pfarrer Forsbach wirkte bekümmert, dennoch schielte er begehrlich auf den Teller mit in Honig gerösteten Mandeln und Nüssen, die Dalmontes Magd zuvor aufgetragen hatte. Er würde es büßen müssen. Schon mehr als einmal waren ihm die süßen Kerne schwer wie Rheinkiesel im Magen gelegen, sodass er nachts kein Auge schließen konnte. Jedes Mal war er am nächsten Tag wie gerädert gewesen. Aber wie sie da so appetitlich vor ihm lagen, konnte er der Verführung nicht widerstehen. In Gedanken schlug er ein Kreuz, dann schnellte sein Arm vor, und schon hatten sich seine Finger in die Leckerei hineingegraben. Er steckte sich eine Nuss nach der anderen in den Mund und zerkaute sie genussvoll. Der alte Lombarde war um seine Köchin zu beneiden.
    Â»Seit wann und was hat er dieses Mal ausgefressen?«, fragte der Spediteur. Er hätte mit dem Pfarrer lieber über theologische Fragen disputiert oder über die Vor- und Nachteile von Lebensversicherungen für Schifferfamilien. Aber die Geschehnisse im Kirchspiel hatten Vorrang.
    Â»Vorgestern, also Dienstagabend. Er hat sich ausgerechnet an unserem Messwein vergriffen. Der Hund hatte angeschlagen und ließ ihn nicht mehr durch.«
    Â»Der Junge

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