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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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ihr mir’s nicht gesagt? Ich hätte doch meinem Vater schreiben können, du weißt doch, er wollte ihn damals gar nicht gern gehen lassen.«
    Â»Er will es allein schaffen. Du hast schon so viel für uns getan.« Janne wich Annas Blick aus.
    Â»Ach, Janne …« Sie nahm die Freundin in den Arm. Lange saßen sie so und hielten sich fest, die eine an der anderen.
    Â» Weet je nog …? «, sagte Janne. Ohne dass sie es beide merkten, waren sie ins Niederländische gerutscht. Die Zeit schien zurückgedreht, wieder saßen sie gemeinsam am Kanal und ließen die Beine überm Wasser baumeln.
    Â»Wenn ich nicht mehr gesund werde, kümmere dich um Henrik, Anna! Bitte!«
    Anna schluckte, trotzdem war ihr ganz feierlich zumute.
    Â»Ja, Janne, ich kümmere mich um ihn. Aber du wirst wieder gesund, ganz bestimmt.« Ihre Stimme zitterte, sie hoffte, dass die Kranke es nicht gemerkt hatte. Als der die Augen zufielen, stand Anna leise auf.
    Â»Schlaf gut«, flüsterte sie und zog ihr behutsam die Decke über Rücken und Schultern.
    Ein Knacken ließ Anna herumfahren. Fast lautlos war die Haushälterin des Pfarrers hereingekommen und hatte eine Schüssel Milch auf den Tisch gestellt. Immer wenn Anna sie sah, wurde ihr etwas unheimlich. Das Gesicht der Alten glich einem verdorrten, runzeligen Apfel, aber ihre Augen blitzten wie die eines jungen Mädchens. Vielleicht war sie noch gar nicht so alt.
    Â»Komm, mein Herzchen, ich hab was für dich«, rief sie Henrik zu. Mit einem Augenzwinkern zauberte sie hinter ihrem Rücken ein Päckchen hervor.
    Â»Ja, du kriegst auch was ab«, kicherte sie, als Lisbeth an Henrik vorbeischlüpfte und erwartungsvoll zusah, wie die Wirtschafterin ein Küchentuch auseinanderfaltete und braungoldene Apfelküchlein zum Vorschein kamen. Jetzt erst merkte Anna, wie hungrig sie war. Seit dem frühen Frühstück hatte sie nichts Richtiges mehr gegessen.
    Â»Wir müssen nach Hause«, sagte sie nach dem letzten Bissen und wischte Lisbeth mit dem Tuch über den Mund.
    Â»Ihr könnt gehen, ich bleib bei ihr«, beruhigte sie die Alte.
    Als Anna und Lisbeth schon vor der Haustür waren, kam sie noch einmal hinter ihnen hergelaufen. »Warte nicht zu lange, bis du wiederkommst. Es könnte sonst zu spät sein.« Sie fasste Anna am Arm und ließ sie nicht gehen. »Schön bist du, mein Täubchen. Schön wie der helle Tag.« Sie keckerte leise, dann fuhr sie Anna mit ihrer knorrigen Hand ins Gesicht und streichelte ihre Wange. »Aber vor schönen Männern nimm dich in Acht!«
    Erschrocken sah Anna der Alten nach, wie sie in der Kate verschwand und die Tür schloss. Sie hatte schon immer zu Janne gesagt, dass, wäre sie noch ein Kind, sie sich so eine Hexe vorstellte. Aber die Freundin lachte sie jedes Mal nur aus.
    Resa wartete an der Kirche auf sie.
    Während des ganzen Wegs zurück nach Köln überlegte sie, wie sie ohne die Magd zu Farina gehen könnte. Sie wollte nicht, dass irgendjemand von ihrem Vorhaben erführe. Dann kam ihr die rettende Idee. An der Hohen Pforte schickte sie Resa zum Eierholen, Johanna hatte sie darum gebeten. Sie selbst müsse nach Haarnadeln schauen, die sie dringend benötige. Da es nun aber spät geworden sei, sollten sie sich trennen, Lisbeth nehme sie mit, um nicht unbegleitet durch die Stadt zu gehen.
    Â»Du wartest an Klein Sankt Martin auf mich!«, befahl sie Resa.
    Lisbeth jammerte nicht, dass sie nicht geradewegs nach Hause gingen. Im Gegenteil. Sie hüpfte vergnügt neben Anna die Straße Vor den Augustinern entlang, überall entdeckte sie Neues. Dem Kind schien der Ausflug zu gefallen. Und wann bekam es schon einmal Apfelküchlein zu essen? Die knittrige Alte hatte ihm noch zwei Stück in die Hand gedrückt.
    Â»Darf ich?«, fragte sie und zog das Päckchen aus dem Tuch, das Anna an ihrer Schürze festgesteckt hatte.
    Â»Aber ja.«
    Â»Anna, was machen die?«
    Die Kleine war vor einer Schmiedewerkstatt stehen geblieben und beobachtete die Männer, die mit scheinbar leichter Hand ihre Hämmer auf schüsselförmige Bleche heruntersausen ließen. Der Lärm war ohrenbetäubend, aber Lisbeth machte es nichts aus. Ihr rechter Arm fuhr hoch und runter, im selben Rhythmus wie die Arme der Schmiede. Auch ihr Kopf ging unablässig auf und ab, auch der hämmerte.
    Â»Das sind

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