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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Pfannenschläger. Aber komm, wir müssen weiter.«
    Nur ungern ließ sich Lisbeth fortziehen, überall entdeckte sie etwas, was sie noch nie zuvor gesehen hatte.
    Â»Was ist das?«
    Â»Bienenwachs für Kerzen.«
    Â»Und das?«
    Â»Ein Elefantenzahn.«
    Â»Was macht man damit?«
    Â»Ich erklär’s dir später, aber jetzt hör auf zu fragen!«
    Als sie in Obenmarspforten einbogen, verlangsamte Anna ihren Schritt. Schon von hier sah sie Farinas Ladengeschäft an der übernächsten Ecke. Ihr Herz klopfte. Sie hatte keine Ahnung, was sie sich erhoffte, wenn sie dort vorbeiging, aber umkehren wollte sie auch nicht mehr. Sie packte Lisbeth so fest an der Hand, dass diese aufschrie, und wechselte auf die andere Straßenseite. Vor der Auslage des Lombarden blieb sie stehen.
    Â»Guck mal, Anna, Gold!«
    Lisbeth deutete aufgeregt auf die glänzenden Schnüre, die im Ladeninneren über Ständern hingen. Anna nickte. Sie wollte es sich nicht eingestehen, aber sie war selbst beeindruckt von den bunten Borten und Bändern, den Seidentüchern, Schmucknadeln und Pelzkrägen, die sie durch die Scheiben erkennen konnte. In einer Vase staken lange Pfauenfedern, über einem Holzgestell hing eine sorgfältig gepuderte Perücke.
    Â»Wenn die Demoiselle hereinkommen möchte …«
    Die dünkelhafte Stimme schreckte Anna aus ihren Träumen, fast hatte sie vergessen, warum sie hierhergekommen war. Der Ladendiener nahm die ganze Türbreite ein. Sein Kopf stieß fast an den oberen Türrahmen.
    Â»Aber die Kleine muss draußen bleiben«, befahl er und zeigte auf deren schmutzige nackte Füße. Dann stutzte er und betrachtete Anna prüfend.
    Â»Ist die Demoiselle nicht …?« Er wusste nicht, wie er sich ausdrücken sollte.
    Â»Gehört Ihr nicht zum Haus Dalmonte?«
    Neugierig kam er die Stufen herunter und pflanzte sich vor Anna auf. Sein eitles Gesicht verzog sich spöttisch.
    Â»Ihr habt eine aufregende Nacht gehabt, letzte Nacht, habe ich gehört.«
    Schlechte Nachrichten verbreiten sich in Köln schneller als der Blitz, dachte Anna und wich einen Schritt zurück. Lisbeth hatte sich hinter Annas Röcken versteckt und hielt sich daran fest.
    Â»Tonino?«, hörte sie jemanden rufen. Ein älterer Herr erschien unter der Ladentür und schaute sich suchend um. Die weiße Perücke ließ eine hohe Stirn frei, unter dem dunkelbraunen Justaucorps aus feinem Tuch trug er eine weinrote Weste. In der sorgfältig gelegten weißen Halsbinde steckte eine Perle. Ein schöner Mann, dachte Anna und erschrak.
    Â»Mit was für einer hübschen Signorina unterhältst du dich, Tonino? Warum bittest du sie nicht herein?«
    Â»Es ist das Mädchen, das bei Dalmonte arbeitet.«
    Â»Bei Dalmonte? So, so.« Er wandte sich Anna zu. »Du hast uns noch nie besucht. Warum gerade heute? Oder hat dich dein Herr geschickt? Will wohl wissen, was ich zu dem Tod von Cettini sage. Aber ich werde nichts sagen, kein Wort werde ich sagen.« Er presste die Lippen so fest aufeinander, als ob er schon zu viel gesagt hätte. Dann schien ihm etwas einzufallen.
    Â»Warte«, rief er gönnerhaft. Sein Gesicht erstrahlte in geschäftstüchtiger Freundlichkeit. »Warte, ich werde dir etwas geben.«
    Er verschwand in seinem Laden und kam gleich darauf mit einem kleinen Fläschchen wieder zurück, das er Anna in die Hand drückte.
    Â»Damit du weißt, was ein echtes Aqua mirabilis ist. Mein Aqua mirabilis! Und grüße Signor Dalmonte von mir!«
    Anna packte Lisbeth und eilte davon. Die Kleine hatte die ganze Zeit über nichts mehr gesagt. Jetzt zupfte sie Anna am Ärmel.
    Â»Warum hat der Mann so laut gelacht zum Schluss?«
    Es war genau die Frage, die sich auch Anna stellte. »Farina lässt grüßen«, hatte Cettini gesagt, bevor er starb. Es waren fast dieselben Worte.

ZEHN
    Drei Tage später, am Donnerstagnachmittag, klopften Johannes Forsbach und Paul Merckenich an die Tür im Filzengraben. Anna bat die Herren herein. Den dritten Besucher, der hinter dem Pfarrer und dem Ratsherrn ins Vorhaus trat, hatte sie noch nie gesehen.
    Â»Diedrich von Merzen«, stellte dieser sich vor und verbeugte sich gewandt. Es überraschte sie nicht. Jeder, der zum ersten Mal in Dalmontes Haus kam, hielt sie für die Tochter des Hauses, wenn auch Merckenich und Forsbach ihm in diesem

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