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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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er es, weil er wusste, dass der Diebstahl stattfinden wird.«
    Â»Dass er es von dem- oder denjenigen wusste, die das Salz gestohlen haben?«
    Â»Oder damit beauftragt waren, es zu stehlen.«
    Â»Willst du damit sagen, dass Noithuven mit den Dieben gemeinsame Sache gemacht hat? Nein, Bonifaz, das kann ich mir nicht vorstellen. Noithuven! Was soll er mit so viel Salz? Er ist Seiler und kein Händler.« Sie verstand das alles nicht. Unzufrieden mit sich ging sie Severin und Matthias suchen.
    Â»Seid vorsichtig, wenn ihr durch die Stadt geht. Einer zieht vorn, der andere muss hinten schieben.«
    Â»Wenn wir überfallen werden, wissen wir wenigstens genau, dass der olle Reepschläger seine Hände im Spiel hat. Er ist der Einzige, der weiß, dass wir heute Morgen zu ihm kommen.«
    Â» Dat es Dress, wat do verzälls , Severin«, belehrte Matthias den anderen. »Wenn er wirklich dahintersteckt, wird er nicht so dumm sein und sich damit verraten, dass er uns ausgerechnet jetzt irgendwelches Gesindel auf den Hals hetzt. Nee, heute Morgen werden wir so sicher sein wie in Abrahams Schoß.«
    Â»Haltet trotzdem die Augen offen«, ermahnte sie Anna. »Fahrt nur durch Straßen, in denen viele Menschen sind, auch wenn es dort mühseliger ist, durchzukommen. Und lasst euch die Papiere quittieren, am besten von Noithuven persönlich, nicht dass er hinterher sagen kann, es fehle etwas.«
    Severin und Matthias stießen sich gegenseitig an und feixten. Anna biss sich auf die Lippen. Besserwisser, schalt sie sich. Irgendwann würde sie eine keifende Alte sein, die glaubte, sich in alles einmischen zu müssen. »Benutzt euren Verstand, der Herr hat ihn auch den Frauen mitgegeben, und denkt immer drei Schritte voraus«, hatte Juffrouw de Haan ihren Schülerinnen am Ende ihrer Schulzeit mit auf den Weg gegeben. Anna hatte sie abgöttisch geliebt. Für ihren Scharfsinn und das Wissen, das sie ihr vier Jahre lang vermittelte. Manchmal fragte sich Anna, ob sie mit diesem Leitspruch in Utrecht nicht besser aufgehoben gewesen wäre als hier im erzkatholischen Köln. Hätte sie nicht das Glück gehabt, für Dalmonte, der zwar auch katholisch, aber irgendwie ganz anders war, zu arbeiten, wäre sie vielleicht schon längst auf und davon. Nicht immer behagte ihr diese Stadt, in der einzig und allein die Zünfte und einige wenige Familien das Sagen hatten. Die Männer dieser Familien, korrigierte sie sich. Sie wollte Herrn Dalmonte bitten, Hermines Lisbeth in die Schule zu schicken. Wenn nötig, würde sie selbst für das Schulgeld aufkommen. Irgendwo musste man ja mal anfangen, dachte sie aufsässig.
    Â»Ist ja gut, Anna«, sagte Matthias und legte versöhnlich den Arm um sie. » Mer passen op, maach der kein Sorg .«
    Als Anna das Kontor betrat, stand der alte Herr vor der geöffneten Voliere und fütterte den Papagei. Der Vogel hielt seinen Kopf schief, linste auf die Obststücke, die ihm sein Herr eines nach dem anderen hinstreckte, grabschte dann jedes Mal blitzschnell mit dem scharfen Schnabel nach dem Leckerbissen und verspeiste ihn geräuschvoll. Zwischendurch drehte er seinen Kopf nach allen Seiten und wippte und verbeugte sich vor einem unsichtbaren Publikum. Wenn er nicht gerade fraß, spuckte er unverständliches Geplapper aus.
    Â»Er spricht wieder ägyptisch«, bemerkte Dalmonte spöttisch.
    Kaum war der Napf leer, flatterte der Papagei empört krächzend auf, flog verschnupft zwei Runden durch das Zimmer und landete auf dem Schrank, von wo aus er seinen Herrn und Anna aufmerksam beäugte.
    Dalmonte ging zu seinem Schreibtisch. Langsam und schleppend waren seine Schritte. So kannte sie ihn gar nicht.
    Â»Lies das! Noch einer, der mir die Freundschaft kündigt.«
    Er reichte Anna den Brief, den ein Bote vor zwei Stunden gebracht hatte.
    Â»Er krümmt und windet sich«, bemerkte Anna, nachdem sie das Schreiben zu Ende gelesen hatte.
    Â»Du sagst es. Seit zwanzig Jahren ist Wollheim mein Kunde. Nun geht einmal etwas schief, und schon springt er ab. Dabei gehört er noch nicht einmal zu den Geschädigten.«
    Er kratzte sich hinterm Ohr und setzte sich müde.
    Â»Was soll ich ihm antworten? Dass ich mehr und mehr den Eindruck habe, dass das alles kein Zufall ist? Dass das Methode zu haben scheint?« Mutlos schob er den gläsernen Briefbeschwerer von einer Seite zur anderen. »Warum häufen

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