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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Geschäft. Da klopfte es an der Tür zum Kontor, und bevor Dalmonte »Herein!« rufen konnte, erschien kurzatmig und nach Luft schnappend Gerwin Noithuven. Hinter ihm Anna mit unglücklichem Gesicht.
    Â»Ich habe gesagt, Ihr seid in einer Besprechung, aber er insistierte.«
    Â»Es reicht! Gestern schon wieder … Ihr könnt nicht aufpassen.« Noithuven richtete den Zeigefinger anklagend auf Dalmonte. »Meine Ware, ich will meine Ware zurück. Sie ist ja hier keinen Tag länger sicher.«
    Dalmonte biss die Zähne zusammen, um nicht ausfällig zu werden, aber er hütete sich, den aufgebrachten Seilermeister seine Wut merken zu lassen. »Beruhigt Euch, ich bitte Euch. Wir bemühen uns nach besten Kräften, dem Spuk ein Ende zu bereiten. Habt Vertrauen.«
    Aber Noithuven beruhigte sich nicht.
    Â»Spuk? Vertrauen? Wollt Ihr Euch über mich lustig machen?« Hektisch wedelte er mit einem Papier, das er in der Rechten hielt.
    Â»Ich arbeite doch nicht dafür, dass meine Ware bei Euch gestohlen wird. Trossen und Segelleinen habe ich Euch anvertraut, meine Kunden werden sich bedanken, wenn die Lieferungen ausbleiben. Alles will ich wieder haben, alles, und zwar sofort! Ich werde mir einen anderen Spediteur suchen. Einen Spediteur, auf den ich mich verlassen kann«, tönte er. Dann griff er sich an die linke Brust und fiel erschöpft in einen Besuchersessel. Aber kaum hatte er das Wasser hinuntergestürzt, das Anna ihm gereicht hatte, sprang er schon wieder auf.
    Â»Bis morgen Mittag will ich alles zurückhaben. Sorgt dafür. Und wehe, wenn auch nur ein Fädchen verschwindet! Ihr müsstet mir dafür aufkommen, Signor Dalmonte.«
    Noithuven spuckte das Wort »Signor« aus seinem Mund wie einen fauligen Fisch. Plötzlich bemerkte er die Besucher. Für einen Moment schien er sich seines Auftretens zu schämen, aber er fing sich rasch wieder.
    Â»Jawohl!«, sagte er zu Pfarrer Forsbach wie zur nochmaligen Bestätigung. Dann erkannte er Merckenich und von Merzen, deutete einen Gruß an und rauschte mit erhobenem Haupt an Anna vorbei zur Tür. Dalmonte hörte ihn die Treppe hinunterpoltern. Durch die Fenster auf der Empore konnte er ihn sehen, wie er unten im Vorhaus eine der Mägde beiseite stieß, die gerade beim Saubermachen war, bevor er endgültig nach draußen verschwand. Der alte Herr kratzte sich nachdenklich am Kopf.
    Â»Wenn alle so reagieren wollten wie Noithuven …« Er sprach nicht weiter. Keiner wusste, was er sagen sollte. Forsbach schob sich, ohne dass er es zu merken schien, Nüsse in den Mund, Merckenich bewegte lautlos seine Lippen, als suche er nach Worten, und von Merzen knetete angestrengt seine vor dem Bauch gefalteten Hände.
    Â»Was meint Noithuven mit ›gestern schon wieder‹?«, fragte er schließlich.
    Es war Dalmonte unangenehm, aber nun blieb ihm nichts anderes übrig, als von dem gestrigen Diebstahl zu berichten. »Ich hatte niemandem davon erzählt«, sagte er am Schluss.
    Â»Seltsam. Wie konnte Noithuven dann davon wissen?«, überlegte von Merzen. Die anderen waren sprachlos. Der Mann hatte recht.
    Von Merzen erhob sich.
    Â»Es ist spät geworden, meine Herren, wir sollten in Ruhe über alles nachdenken. Aber überlegt Euch mein Angebot, Herr Dalmonte, ich möchte Euch gern helfen.«
    Er verbeugte sich und griff nach seinem Dreispitz. An der Tür lächelte er Anna zu, die noch immer die Klinke in der Hand hielt.
    Â»Mademoiselle!«
    Sie knickste.

ELF
    Gleich nach dem Frühstück hatte Anna die beiden Knechte damit beauftragt, Noithuven die Reepwaren zurückzubringen, die dieser erst tags zuvor nach Erledigung aller Formalitäten hatte anliefern lassen.
    Â»Darf ich auch mit?«, bettelte Moritz.
    Â»Bleib du mal besser hier.« Bonifaz war damit beschäftigt, die Taue auf den Karren zu hieven. »Zieh kein Maul, sondern hilf mir lieber!«
    Â»Anna, bitte!« Moritz ließ nicht locker.
    Â»Nein, tu, was Bonifaz dir sagt! Außerdem brauch auch ich dich hier.« Dann drehte sie sich dem alten Knecht zu.
    Â»Ich verstehe immer noch nicht, woher er wusste, dass man uns Salz gestohlen hat. Nicht einmal seiner Frau und mir hat Herr Dalmonte davon erzählt.«
    Bonifaz kratzte sich nachdenklich am Kopf.
    Â»Und wenn er es wusste, weil er es wusste?«
    Anna begriff nicht. »Was meinst du?«
    Â»Vielleicht wusste

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